Dürftige Aussagen lassen keine Verurteilung zu

Amtsgericht Backnang spricht 66-jährigen Hausmeister vom Vorwurf der exhibitionistischen Handlung frei.

Angaben der Zeugin sind für das Gericht nicht überzeugend genug. Der Angeklagte wird freigesprochen. Symbolbild: E. Wodicka

© BilderBox - Erwin Wodicka

Angaben der Zeugin sind für das Gericht nicht überzeugend genug. Der Angeklagte wird freigesprochen. Symbolbild: E. Wodicka

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Amtsgericht hat sich ein 66-jähriger Mann zu verantworten. Ihm wird eine exhibitionistische Handlung vorgeworfen. An einem Februar-Tag dieses Jahres soll die Sache passiert sein. Zu später Nachmittagsstunde habe der Angeklagte vor einem Mietshauses seinen Hosenladen geöffnet und einer Bewohnerin seinen Penis gezeigt. Angeblich mit den Worten: „Schau mal hier.“ Dem daraufhin ergangenen Strafbefehl widersprach der Betroffene.

Auf die Belehrung des Richters, dass er nichts sagen müsse, gibt es für den Angeklagten keine Zweifel: Er will etwas sagen. Und so tut er es denn auch, lange und ausführlich. Den Vorfall bestreitet er entschlossen. Im Gegenteil: Wegen zahlreicher, oft nur kurz währender Männerbesuche hatte der 66-Jährige bei der Mieterin offenbar ein Horizontalgewerbe vermutet. Deswegen, so bestätigt es später auch die betroffene Frau, sei einmal die Polizei im Haus gewesen. Der Hausmeister hat offenbar auch die Kinder der 48-jährigen Ärztin wegen Lärms unmissverständlich in ihre Schranken gewiesen. Eine Anzeige habe der Hausmeister überlegt, ja sogar wegen der Kinder mit dem Jugendamt telefoniert.

In der so aufgeladenen Atmosphäre schwappten dann scheinbar auch die Begehrlichkeiten hoch. So habe der Hausmeister, sagt die Ärztin, eines Tages, dazu alkoholisiert, an ihre Tür geklopft und darum gebeten, mit ihr Sex haben zu dürfen. Der Hausmeister hingegen verweist darauf, dass er verheiratet sei.

Auf jenen Februar-Tag angesprochen bleibt die Frau dabei. Als sie an jenem Februar-Tag den Müll runterbrachte, sei der 66-Jährige aufgetaucht und habe sein Gemächt entblößt. Entsetzt sei sie darüber gewesen, habe aber auch den Vorfall verdrängt. Überdies war sie damals krank, sodass sie erst Mitte März den Vorfall anzeigte. Warum sie nicht um Hilfe gerufen habe, will der Staatsanwalt wissen. Sie schiebt das auf ihr Kranksein. Welche Lichtverhältnis zur Tatzeit vor dem Haus herrschten, ist eine andere Frage des Anklagevertreters. Und schließlich, was für Kleidung denn der Mann getragen habe. Die Angaben der Ärztin bleiben unbestimmt. Sie empört sich darüber, dass der Mann ihr und ihren Kindern seit Jahren unhaltbare Vorwürfe mache, ja er belästige und beleidige sie sogar. Sogar die Fahrräder der Kinder, so die Ärztin in ihrer Aussage, habe er einmal manipuliert.

Die Aussagen der Zeugin sind für den Staatsanwalt nicht überzeugend. Details des Geschehens, das doch erst vier Monate zurückliege, habe sie nicht benennen können. Die Anzeigenerstattung sei erst 14 Tage nach der Tat erfolgt. Auf solch dürftige Angaben könne sich keine Verurteilung des Angeklagten stützen. Deshalb sei der 66-Jährige freizusprechen. Auf diese Steilvorlage könnte sich nun der Verteidiger des Angeklagten kurzfassen. Aber er tut es nicht. Auch er bemängelt die Ungenauigkeit der Aussagen der Betroffenen. Aber vor allem ist ihm sauer aufgestoßen, dass die Ärztin das eine Mal dem Hausmeister psychische Probleme, das andere Mal ein Problem mit Alkohol vorwerfe. Auch von den Beleidigungen und Belästigungen, die angeblich der Tat über Jahre vorausgingen, hat sie nichts zur Anzeige gebracht. Der Richter verkündet sofort das Urteil: Freispruch. Die Aussagen der Frau seien nicht vom Erleben geprägt und bilden keine Grundlage für eine Verurteilung.

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Erstellt:
3. Juli 2020, 06:00 Uhr

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