Ein Denkmal für Sophie Scholl in Backnang

Einen neuen Akzent setzt das „Leucht-Zeichen“ zur Erinnerung an Sophie Scholl auf dem Backnanger Schillerplatz. Die Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime hatte familiäre Beziehungen zu Backnang. Gestern wurde das Denkmal im Rahmen einer Gedenkfeier übergeben.

Die Stele, der Lichtstock im Zentrum des Denkmals, erinnert bewusst an die historischen Totenleuchten mittelalterlicher Friedhöfe. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Stele, der Lichtstock im Zentrum des Denkmals, erinnert bewusst an die historischen Totenleuchten mittelalterlicher Friedhöfe. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang.„Ich wurde oft gefragt, ob das einen Brunnen gibt,“ erzählt Bildhauer Norbert Kempf über seine Arbeit auf dem Schillerplatz. An der Seite zur Backnanger Bahnhofstraße ist in den vergangenen Wochen ein Denkmal entstanden, das an die Widerstandskämpferin Sophie Scholl erinnert. Was es mit der blütenartigen Form auf sich hat, erläutert Ernst Hövelborn, Ehrenvorsitzender des Heimat- und Kunstvereins Backnang und Vorsitzender des Arbeitskreises Erinnern und Gedenken, bei der feierlichen Übergabe des Denkmals. „Kempf hat das Thema der Weißen Rose genial gelöst,“ lobt Hövelborn. Der Bildhauer habe fünf Rundungen im Boden umgesetzt, die mit etwas Abstand wie eine Blüte wirken. In vier dieser Rundungen stehen Sitzbänke, die zum Verweilen einladen. Selbst die Bepflanzung bezieht sich auf die Gewürdigte: Dort wachsen Sophie-Scholl-Rosen.

Scholls Motto ziert die Stele

Das Zentrum nimmt eine schlanke Stele ein, ein Lichtstock, der bewusst an die historischen Totenleuchten mittelalterlicher Friedhöfe erinnert, und damit einen Bezug hat zum Denkmal für Johannes Baptista Sproll an der Christkönigkirche. Hövelborn verweist auf die Begegnung von Sophies Bruder Hans Scholl mit dem katholischen Bischof in der Benediktinerabtei St. Ottilien. Auch zum nahen Schillerdenkmal schlägt Ernst Hövelborn den Bogen, denn am 9. Mai, dem Todestag Schillers, ist Sophie Scholl geboren, wenn auch mehr als hundert Jahre später. Als Relief läuft Sophie Scholls Motto um die Stele herum: „Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre“ (Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben). Auch die fünf den Lichtstock umgebenden Hocker tragen Begriffe.

„Sophie Scholl war keine geborene Heldin – und genau das macht sie zu einer solchen,“ würdigt Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich Sophie Scholl. „Sie ist ein Vorbild über Generationen hinweg, ihre Botschaft ist zeitlos.“ Friedrich erinnert auch daran, dass familiäre Beziehungen der Widerstandskämpferin nach Backnang führen. Ernst Hövelborn erläutert diese: In Backnang lebten Scholls Onkel Fritz Müller und ihre gute Freundin Lisa Rempis.

Die Vorbilder der Reliefs sind Zeichnungen von Sophie Scholl

„Was können wir von Sophie Scholl lernen?“ Diese Frage ist der Ausgangspunkt des Grußworts des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Robert Antretter. Seine Antwort: „Dass es Situationen geben kann, in denen es darauf ankommt, die Menschlichkeit zu retten, wenn der Staat unmenschlich handelt.“ Musikalisch umrahmt die Musikstudentin Danielle Barash die Veranstaltung. Ulrich Olpp dankt als Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins den Spendern.

Nach der Veranstaltung wird das neue Denkmal eingehend betrachtet. Bildhauer Kempf stellt seine Mitarbeiter Andreas Kohm, Julius Gieseler und Ralph Netzer vor, und weist auf Details hin, etwa die Reliefs mit pflanzlichen Motiven, deren Vorbilder Zeichnungen von Sophie Scholl sind. Er erläutert die handwerklichen Arbeiten, erklärt, wie er aus dem Betonzylinder die Form heraus gemeißelt hat, und die fast barock anmutende Bekrönung mit einer Rose und kleinen Puttengesichtern. Als Bezug zur Weißen Rose hat verwendete er weißen Zement, die Muschelkalkeinsprengsel stammen aus der Gegend von Forchtenberg, der Heimat Sophie Scholls.

Broschüre Die vom Heimat- und Kunstverein herausgegebene Broschüre „Leucht-Zeichen“ zu der Stele ist im Helferhaus in Backnang erhältlich.

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Erstellt:
27. Mai 2023, 11:30 Uhr

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