Ein Solarhaus der Marke Eigenbau

Fotovoltaikanlagen erleben zurzeit einen Boom, doch die meisten Hausbesitzer nutzen nur die Dachfläche zur Stromerzeugung. Konrad Panzlaff aus Backnang dachte sich: Wenn schon, dann richtig. In Eigenarbeit hat er auch die Fassade seines Hauses mit Solarmodulen bestückt.

Solarmodule bedecken neuerdings große Teile der Holzfassade: Hauseigentümer Konrad Panzlaff hat sie selbst installiert und freut sich auch an ihrem Anblick. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Solarmodule bedecken neuerdings große Teile der Holzfassade: Hauseigentümer Konrad Panzlaff hat sie selbst installiert und freut sich auch an ihrem Anblick. Foto: Tobias Sellmaier

Von Kornelius Fritz

Backnang. Über die Frage, was schön ist und was nicht, lässt sich ja trefflich streiten. Auch beim Ausbau der regenerativen Energien wird immer wieder über Ästhetik diskutiert. Verschandeln Windräder die Landschaft? Stören Solaranlagen das Stadtbild? Oder müssen wir uns einfach nur an den Anblick gewöhnen? Konrad Panzlaff hatte jedenfalls keine optischen Bedenken, als er diesen Sommer an seinem Haus in der Backnanger Hohenzollernstraße insgesamt 35 Solarpaneele installierte, jedes davon knapp zwei Quadratmeter groß.

„Ich finde, das sieht nicht schlecht aus“, sagt der 61-Jährige und blickt hinauf zu den schwarzen Rechtecken, die neben dem Verandadach und einer Gaube auch die Süd- und die Westfassade seines Hauses großflächig bedecken. Auch aus der Nachbarschaft haben die Panzlaffs bis jetzt keine Klagen gehört. „Ich dachte mir: Wenn wir schon mal damit anfangen, pflastern wir gleich alles zu“, sagt Panzlaff und schmunzelt. Gerade im Winter, wenn die Sonne tief stehe, brächten Solarmodule an der Fassade sogar mehr Ertrag als die auf dem Dach.

Weil die Handwerker überlastet sind, steigt der Hausherr selbst aufs Gerüst

Vor 22 Jahren haben Konrad Panzlaff und seine Frau Hildegard Bunsen das Einfamilienhaus, Baujahr 1954, gekauft. Damals haben sie bereits auf dem Dach eine Solarthermieanlage installieren lassen, die seitdem das Wasser für die Dusche erwärmt. Die Idee, zusätzlich auch Strom aus Sonnenenergie zu gewinnen, spukte dem 61-Jährigen aber schon lange durch den Kopf. Der rasante Anstieg der Strompreise infolge des Ukrainekriegs brachte dann den Anstoß, das Projekt endlich anzugehen. „Ich dachte mir, es wird Zeit, etwas zu tun“, sagt Konrad Panzlaff. Als Beitrag zum Klimaschutz, aber auch, um den eigenen Geldbeutel zu entlasten.

Der erste Anruf bei einem Handwerksbetrieb endete allerdings mit einer Enttäuschung: „Kommen Sie in einem Jahr wieder“, bekam der Interessent zu hören. Die hohe Nachfrage nach Solaranlagen und der Fachkräftemangel bringen viele Betriebe an ihre Grenzen. So lange wollte Panzlaff aber nicht warten. Als studierter Elektroingenieur, der ohnehin gerne schraubt und werkelt, kam er deshalb auf die Idee, die Fotovoltaikanlage einfach selbst zu installieren. Er fand einen Elektriker, der ihm die Solarmodule und das nötige Zubehör über den Großhandel besorgte und die Anlage am Ende auch abnimmt, denn das darf nur ein zugelassener Handwerksbetrieb.

Den Rest erledigte Konrad Panzlaff weitgehend alleine – vom Gerüstaufbau bis zu den Elektroinstallationen. Sowohl körperlich als auch fachlich war das eine echte Herausforderung für den Tesat-Ingenieur, der das alles nach Feierabend und am Wochenende erledigte. Nachbarn, die seine waghalsigen Kletterpartien auf dem Dach beobachteten, machten sich schon ein wenig Sorgen um den 61-Jährigen.

Doch es ist alles gut gegangen: Seit Ende Juli ist das Solarhaus in der Hohenzollernstraße fertig. Dass die Anlage trotzdem noch nicht in Betrieb ist, liegt laut Panzlaff an den Stadtwerken, die den Stromzähler noch nicht ausgetauscht haben. Das ist aber Voraussetzung, um überschüssigen Strom ins Netz einspeisen zu können. Stadtwerke-Chef Thomas Steffen hatte zuletzt bestätigt, dass es aufgrund des aktuellen Fotovoltaikbooms zu Verzögerungen kommen kann (wir berichteten).

Erwarteter Stromertrag liegt weit über dem Eigenbedarf

Wenn es endlich so weit ist, hofft Konrad Panzlaff, dass seine Frau und er mindestens neun Monate im Jahr energieautark leben können. Ein Batteriespeicher im Keller mit einer Kapazität von zehn Kilowattstunden sorgt dafür, dass die beiden auch nachts oder bei bewölktem Himmel ihren eigenen Solarstrom nutzen können.

An sonnigen Tagen wird die Anlage mit einer Gesamtleistung von 14 Kilowattpeak allerdings deutlich mehr Strom produzieren als das Ehepaar selbst benötigt. „Meine Schätzung liegt bei etwa 50 Kilowattstunden pro Tag, im Sommer könnten es auch 70 bis 80 Kilowattstunden werden“, hofft der Eigentümer. Der überschüssige Strom fließt dann in das öffentliche Netz und Panzlaff kassiert dafür eine Einspeisevergütung (siehe Infotext). Dass die mittlerweile längst nicht mehr so hoch ist wie in früheren Zeiten, stört den Hausbesitzer nicht. „Ich habe die Anlage nicht primär errichtet, um damit Geld zu verdienen“, sagt er. Und er habe auch nicht ausgerechnet, nach wie vielen Jahren sich die Anlage amortisiert. Angesichts der schwankenden Strompreise sei das ohnehin kaum möglich.

Dass sich die Investition früher oder später auch finanziell für ihn rechnen wird, davon ist Konrad Panzlaff aber überzeugt. Die Stromrechnung, die bisher bei etwa 1000 Euro im Jahr lag, dürfte künftig gegen null gehen, die Einspeisevergütung kommt noch dazu. Außerdem war die Anlage dank der vielen Eigenarbeit mit rund 20000 Euro vergleichsweise günstig.

Mehr als über den finanziellen Ertrag freut sich der Backnanger aber darüber, dass er nun auch seinen persönlichen Beitrag zur Energiewende leistet. Als Eigenheimbesitzer habe er sich dabei auch ein wenig in der Pflicht gesehen, sagt Panzlaff. Künftig möchte er noch mehr vom eigenen Sonnenstrom selbst nutzen: Das nächste Auto soll mit Elektroantrieb fahren.

Einspeisevergütung

Festpreis Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde im Jahr 2000 eine staatlich festgelegte Vergütung für Unternehmen und Privatleute eingeführt, die Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Um den Betreibern von Fotovoltaikanlagen und anderen regenerativen Kraftwerken Planungssicherheit zu geben, wird der Betrag pro Kilowattstunde jeweils über 20 Jahre garantiert.

Entwicklung Im Jahr 2001 lag die Einspeisevergütung bei 50,6 Cent pro Kilowattstunde, ihren Höchstwert erreichte sie im Jahr 2004 mit 57,4 Cent. Mit dem fortschreitenden Ausbau der regenerativen Energien wurde die Vergütung seitdem planmäßig gesenkt. Aktuell erhalten Betreiber von PV-Anlagen bis zehn Kilowattpeak noch 8,2 Cent pro Kilowattstunde, bei Anlagen bis 40 Kilowattpeak sind es 7,1 Cent. Der Betrieb einer PV-Anlage ist für Privatleute aber vor allem dann nach wie vor interessant, wenn sie den produzierten Strom überwiegend selbst nutzen.

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Erstellt:
6. Oktober 2023, 06:00 Uhr

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