Ein Spiel mit unerwarteten Harmonien

London Brass beeindruckt mit Spielfreude im Backnanger Bürgerhaus – „Joy to the World“ sorgt für festliche Stimmung

Festliche Stimmung, gepaart mit musikalischen Überraschungsmomenten, Barockmusik und traditionellen Weihnachtsliedern: Mit ihrem Programm „Joy to the World“ beeindruckten die zehn Musiker von London Brass die 500 Besucher im Backnanger Bürgerhaus.

Die London-Brass-Musiker sind allesamt renommierte Mitglieder in den angesagten Londoner Orchestern.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die London-Brass-Musiker sind allesamt renommierte Mitglieder in den angesagten Londoner Orchestern.Foto: A. Becher

Von Thomas Roth

BACKNANG. Gründungsmitglied von London Brass im Jahre 1985 ist Roger Harvey. Er war lange Jahre unter anderem Soloposaunist der Academy of St. Martin in the Fields, auch unter der Leitung des berühmten, 2016 verstorbenen, Dirigenten Neville Marriner. Harvey hat die meisten Arrangements des Programms geschrieben und drückt so dem Klangbild dieses exzellenten „Tentetts“ seinen musikalischen Stempel auf. Harvey liebt das Spiel mit unerwarteten Harmonien – für puristische Klassikfans in manchmal fast anarchischer Manier: Hier und nicht nur allein in den launigen Moderationen des heutigen Bandleaders, des Trompeters Andy Crowley, liegt das eigentliche Humorpotenzial dieses Ensembles. Hätte man es nicht gewusst, wäre es gar nicht so einfach gewesen, beispielsweise „In dulci jubilo“ wiederzuerkennen. Den Musikern kommt dies sehr entgegen. Die meisten von ihnen sind nämlich nicht nur renommierte Mitglieder in den angesagten Londoner Orchestern (Royal Opera, Royal Philharmonic, London Symphony), sondern betätigen sich auch in anderen Projekten, die eher im Jazz- und Popbereich liegen. Somit klingen die Werke oft jazzig angehaucht. Auch Dämpfer kommen zum Einsatz.

Den Titel „Joy to the World“ von Lowell Mason aus dem 18. Jahrhundert (hier allerdings ein Arrangement des Hornisten Richard Bissill) oder „Sheperd’s Pipe Carol“ könnte man sich gut als Musik in amerikanischen Filmen der 1940er- oder 1950er-Jahre vorstellen. Dem gegenüber steht der erste Satz aus dem „Winter“ von Antonio Vivaldi als Entree des Abends. Furiose Trompetenläufe, wuchtige Posaunen, nahtlose Übergänge zwischen beiden Instrumentengruppen: Schon nach wenigen Augenblicken denkt man nicht mehr daran, dass dies eigentlich ein reines Streicherstück ist. Mit zwei Trompeten, Posaune, Horn und Tuba erklingt „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ als 5-stimmiger Satz. Auch genehmigen sich die Herren einen kurzen Ausflug ins Baskenland mit dem Traditional „Gabriel’s Message“ – hier spielt der Tubist Oren Marshall das Tamburin. Fast entschuldigt sich Andy Crowley: „Engländer und Deutsche haben die besten Weihnachtslieder („the best tunes“), aber . . .“ Bei John Stanleys „Trumpet Tune“, ursprünglich ebenfalls im 18. Jahrhundert für Orgel komponiert, lässt Gareth Small, ein Waliser, die kleine Barocktrompete (Andy Crowley: „Kindertrompete“) erstrahlen. Ein wunderbares Barockstück, auch durch die tief gelegten Posaunenmelodien, über denen lange hohe Trompetentöne als Harmoniebegleitung schweben: das G-Moll-Konzert von Arcangelo Corelli, das auch als „Weihnachtskonzert“ bekannt ist. „O Come All Ye Faithful“ („Herbei, oh ihr Gläubigen“) hat Roger Harvey relativ „naturbelassen“ arrangiert, und nach einem Medley aus „Sleigh Ride“, „Have Yourself A Merry Little Christmas“, „Jingle Bells“ und „We Wish You A Merry Christmas“ gibt’s langen Beifall und eine Zugabe (eine schräg-witzige Kurzwiederholung von „Sleigh Ride“).

Übrigens erwähnt Crowley ziemlich zu Beginn des Abends, dass sie, die Musiker, heute wohl das letzte Mal als Europäer in Backnang gastieren. „Das macht uns alle traurig. Das Reisen war so leicht.“ Die Spielfreude der zehn Briten im Bürgersaal jedoch war gänzlich ungetrübt.

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Erstellt:
9. Dezember 2019, 16:00 Uhr

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