Ein Triumph für Xana
Für Paris Saint-Germain und speziell für den Trainer Luis Enrique hat der historische Sieg in der Champions League eine besondere Bedeutung. Das beeindruckende 5:0 im Endspiel von München wird allerdings von Ausschreitungen bei den Feierlichkeiten in der Heimat überschattet.
Von sid
München - Für einen kleinen Moment hielt Luis Enrique inmitten des ganzen Wahnsinns inne. Mit Tränen in den Augen blickte der gefeierte Erfolgstrainer von Paris Saint-Germain auf ein riesiges Banner in der Fankurve, das ihn mit seiner verstorbenen Tochter Xana und einer Vereinsfahne in der Hand zeigte. „Das war ein sehr emotionaler Augenblick. Die Fans haben mir und meiner Familie eine große Freude bereitet. Wir tragen Xana für immer im Herzen“, sagte Enrique sichtlich berührt. Der triumphale 5:0 (2:0)-Erfolg im Finale der Champions League gegen ein gedemütigtes Inter Mailand war da kurz Nebensache. Er versuche, fügte der Spanier bewegt an, „an all das Positive zu denken, das ich mit meiner Tochter erleben durfte. Meine Tochter ist immer bei mir.“ Xana war 2019 mit nur neun Jahren an einem Knochentumor gestorben.
Es sei „unglaublich, unfassbar“, sagte ein „sehr stolzer und glücklicher“ Enrique, nachdem PSG-Kapitän Marquinhos am Samstagabend um 23.07 Uhr den Henkelpott im goldenen Konfettiregen in den Nachthimmel gestemmt und den aus Katar milliardenschwer unterstützten Verein mit dem begehrten Champions-League-Titel erlöst hatte. Clubchef Nasser Al-Khelaifi wischte sich nach dem Coup die Tränen aus den Augen, die entfesselte Pariser Rasselbande um den überragenden Jungstar Désiré Doué (zwei Tore – zudem trafen Achraf Hakimi Khvicha Kvaratskhelia und Senny Mayulu) tanzte völlig losgelöst über den Rasen. Zu Hause erstrahlte selbst der Eiffelturm in Blau-Rot.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von einem „glorreichen Tag“, auch wenn die Feierlichkeiten von Ausschreitungen überschattet wurden. Der Staatschef ließ sich nicht vom Jubeln abhalten. „Bravo, wir sind alle stolz“, schrieb er bei X: „Paris ist heute Abend die Hauptstadt Europas.“ Für Sonntagabend lud Macron die Helden in den Élysée-Palast – nach einer großen Parade auf den Champs-Élysées.
„L’Art et Le Triomphe!“, titelte die „L’Equipe“ überschwänglich. „Le Parisien“ bejubelte die „Könige von Europa“. Dies mussten auf der Tribüne der Münchner Allianz-Arena auch die Granden Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge neidlos anerkennen, die statt des so sehnlich erhofften „Titels dahoam“ für ihren FC Bayern eine in dieser Form in einem Finale noch nie gesehene Machtdemonstration erlebten.
PSG zauberte sich in einen Rausch. Es sei ein „wunderbares Spiel“ gewesen, schwärmte die Zeitung „Libération“. Inter habe „keine Zeit zum Denken gehabt“, fasste Enrique das Erfolgsrezept zusammen. Für den höchsten Finalsieg im wichtigsten europäischen Wettbewerb brauchte es keinen Lionel Messi, keinen Neymar und keinen Kylian Mbappé. Sie alle sind weg – der Erfolg ist da.
Und es soll erst der Anfang sein. Nach dem beeindruckenden Premierensieg in der Königsklasse versprach Enrique weitere Großtaten, auch mit Blick auf die bevorstehende Club-WM in den USA (14. Juni bis 13. Juli). Es mache, sagte er, „große Freude, die Fans zu beglücken. Wir wollen für das Sahnehäubchen sorgen und den fünften Titel in dieser Saison gewinnen.“
Und Inter? Bei den sonst so stolzen Nerazzurri um Verteidiger Benjamin Pavard (früher VfB Stuttgart), die auf dem Weg ins Endspiel immerhin den FC Barcelona und den FC Bayern München ausgeschaltet hatten, herrschte „große Leere“, wie Torwart Yann Sommer niedergeschlagen berichtete. „Wir waren in vielen Punkten einfach zu schlecht, das tut richtig weh.“ Für die „Gazzetta dello Sport“ war es ein „wahrer Albtraum“, für den „Corriere dello Sport“ eine „Katastrophe“ und für „La Repubblica“ eine „Vernichtung“.