Einander begegnen

Vortragsabend zum christlich-islamischen Dialog betont das Gespräch miteinander

Der letzte Vortragsabend der Reihe „Kirche im Dialog“ widmete sich dem christlich-islamischen Dialog. Erfahrungen und Erkenntnisse sollten mitgeteilt werden. Dies tat Frieder Kobler, pensionierter Pfarrer und Vorsitzender der „Gesellschaft für christlich-islamische Begegnungen und Zusammenarbeit“.

Von Hans-Christoph Werner BACKNANG. Der Leiter von „Kirche im Dialog“, Pfarrer Ulrich Beuttler, war bemüht, dem Abend von Anfang an eine gedeihliche Richtung zu geben. Und so geriet sein Begrüßungswort etwas ausführlicher. Dialogbereitschaft signalisiere positives Interesse am anderen. Das bleibe bestehen, auch wenn man durch die Begegnung mit dem anderen und dessen Anderssein irritiert würde. Angesichts von fünf Millionen Muslimen in Deutschland sei der Dialog eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Einen Beitrag zu dieser Aufgabe wolle der Vortragsabend leisten, den knapp 100 Interessierte am Freitagabend im Gemeindezentrum der evangelischen Matthäuskirche besuchten. Viele biblische Stoffe haben
eine Parallele zum Koran Frieder Kobler, pensionierter Pfarrer und Vorsitzender der „Gesellschaft für christlich-islamische Begegnungen und Zusammenarbeit“, war 22 Jahre Pfarrer an der Kreuzkirche im Stuttgarter Westen gewesen. Weil er hierbei vielen in diesem Stadtteil wohnenden Muslimen begegnete, entspann sich ein Dialog. Dieser wurde auf Anregung von Prälat Martin Klumpp durch die Gründung des Vereins institutionalisiert. Vor 70 Jahren, so hob der Pfarrer hervor, sei solcher Dialog noch kein Thema gewesen, weil kaum Muslime in Deutschland lebten. Das sei heute anders. Sie machen fünf Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Leider werde das Bild des Islam durch viele Klischees verdüstert. Dem Vortragenden ging es darum, einen Beitrag zum Abbau des Feindbildes „Islam“ zu leisten. Dem war es auch geschuldet, dass der Pfarrer an Grundwissen über den Islam erinnerte. Die heilige Schrift, der Koran, so die Überzeugung der Muslime, enthalte sowohl die Grundschrift des Judentums, die fünf Bücher Mose, wie auch die Grundschrift der Christen, das Evangelium. Die andere Zeitrechnung des Islam gehe auf die Flucht des Propheten Mohammed in die Stadt Medina zurück. Fünf Pflichten suche jeder Moslem zu erfüllen: Er bekennt sich zu Allah und dem Propheten Mohammed, er übt das Gebet und das Fasten, er spendet für Bedürftige und pilgert einmal in seinem Leben nach Mekka. Vehement setzte sich Kobler für den Dialog ein. Es sei nützlicher, Muslimen zu begegnen, als Bücher über den Islam zu lesen. Bei ihm habe sich das Gefühl eingestellt: „Wir sind uns nahe.“ Zumal ja viele biblische Stoffe eine Parallele im Koran hätten. Im Laufe des Dialogs habe sich Übereinstimmung darin ergeben, dass die Welt Schöpfung Gottes sei. Und in dem, dass alle Menschen gleich an Würde und Wert sind. Das Gottesbild des Islam sei in erster Linie von Barmherzigkeit geprägt. Aber auch das Fremdartige sparte der Dialogexperte nicht aus. So sei der Gottesdienst der Muslime entgegen christlichen Gewohnheiten stark vom rituellen Gebet und von der Wiederholung geprägt. Muslime würden Gott nicht mit „Vater“ anreden. Dies widerspreche ihrem Empfinden von Gottes Größe und Erhabenheit. Die Person wie auch der Tod Jesu als Sohn Gottes sei für Muslime absolut unverständlich. Im Dialog mit dem Islam gehe es nicht darum, den Wahrheitsanspruch der einen wie der anderen Religion zu untermauern, sondern das Eigene einzubringen. Viele Muslime wünschten sich, dass Christen mehr und bewusster ihr Christsein leben würden. Muezzin in Backnang ist
nicht zu befürchten Die bei „Kirche im Dialog“ übliche Diskussion nach einer kurzen Pause drehte sich unter anderem um den Gottesnamen: Allah ist das arabische Wort für Gott. Der Koran, so eine andere Frage, sei direktes Gotteswort und somit nicht infrage zu stellen. Es gebe innerhalb der weiten Welt der Muslime Richtungen, die sich in „steinzeitlicher Art“ auf die Ausübung von Gewalt konzentrierten. Aber der Islam an sich sei eine friedliche Religion. Eine Handvoll Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinde Backnangs, unter anderem der stellvertretende Vorsitzende Mustafa Gül, waren auch zum Abend erschienen. Als die Rede auf den gewünschten Moschee-Bau kam, mitsamt Minarett und eventuell täglichem Aufruf des Muezzins zum Gebet, konnten diese die Zuhörerschar beruhigen. Zwar wäre ein repräsentativer Moschee-Bau mitsamt Minarett gewünscht, aber eine über die Stadt dahinschallende Stimme des Muezzins müsse nicht gefürchtet werden.

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Erstellt:
29. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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