Einbürgerungstest: Mit Multiple Choice zur Staatsbürgerschaft

Wer deutscher Staatsbürger werden will, muss neben Sprachkenntnissen auch Wissen über das Leben in Deutschland nachweisen. Dazu dient der Einbürgerungstest, bei dem landeskundliche, mitunter knifflige Fragen zu beantworten sind. Die VHS bietet die Prüfung regelmäßig an.

Teilnehmer machen sich auf den Weg in den Prüfungsraum und zugleich auf den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Teilnehmer machen sich auf den Weg in den Prüfungsraum und zugleich auf den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Backnang. Sie kommen aus Nigeria und Indien, Ägypten und Syrien, aus Saudi-Arabien und verschiedenen ost- und südosteuropäischen Staaten: 18 Teilnehmer unterschiedlichster Herkunft haben sich angemeldet, um an diesem Abend den Einbürgerungstest an der Volkshochschule Backnang abzulegen. Der Nachweis der erfolgreich bestandenen Prüfung mit 33 MultipleChoice-Fragen ist neben einem Sprachzertifikat auf dem Niveau B1 Voraussetzung, um die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen zu können. Neben der VHS Unteres Remstal bietet im Rems-Murr-Kreis die VHS Backnang zwei- bis dreimal pro Semester Termine für den Einbürgerungstest an.

Eine Prüfungssituation wie in der Schule

Die Einzeltische im Prüfungsraum im Erdgeschoss des VHS-Gebäudes stehen in großen Abständen zueinander. Auf jedem Tisch liegt ein brauner Umschlag. „Handys müssen in die Umschläge auf dem Platz“, weist Maren Sarah Fink die Testteilnehmer an. Die VHS-Programmbereichsleiterin Sprachen fordert die Prüflinge auf, ihre Ausweise auf die Tische zu legen und Taschen sowie Jacken oder Garderobe weg vom Platz abzulegen. „Sie dürfen nicht mit Bleistift schreiben. Sie haben 60 Minuten Zeit. Wer früher fertig ist, kann leise aufstehen, den Prüfungsbogen abgeben und den Raum verlassen.“

Nach der Identitätskontrolle legt Fink jedem Teilnehmer einen individualisierten Fragebogen umgedreht auf den Tisch. „Denken Sie daran, auf der letzten Seite müssen Sie unterschreiben, das ist ganz wichtig.“ Pünktlich um 18 Uhr beginnt, begleitet von Finks Worten „dann wünsche ich Ihnen allen viel Erfolg“, die Prüfung. Keine zehn Minuten später verlässt der erste Teilnehmer bereits wieder den Prüfungsraum.

Die meisten Teilnehmer sind dank guter Vorbereitung schnell fertig

„Der Test ist nicht schwierig. Die Sachen lernt man auch in der Schule“, sagt der junge Mann, der drei Wochen zuvor mit der Vorbereitung auf die Prüfung begonnen hat – „aber chillig, abends zu Hause auf dem Sofa“. Eine Inderin, die seit 19 Jahren in Deutschland lebt und hier ihr Masterstudium absolviert hat, verlässt den Raum wenig später und sagt Ähnliches: „Der Test ist nicht schwer, weil ich die gefragten Dinge aus dem Alltag kenne.“

Maren Sarah Fink bestätigt: „Die meisten sind ganz schnell fertig. Man kann sich total gut vorbereiten. Man kann es auswendig lernen.“ „Manche sind nach fünf Minuten fertig, andere raten fast 60 Minuten lang“, schildert Fink ihre Erfahrung als Prüfungsaufsicht. „Aus dem Stegreif ist es schwer. Auch für uns Deutsche sind die Fragen dann teilweise schwer zu beantworten.“

Aufregung gehört dazu

Eine junge Ungarin tritt gestylt zur Prüfung an und hat eine Vielzahl an Stiften auf ihrem Tisch ausgebreitet. Nachdem sie alle Fragen beantwortet hat, kommt sie aufgeschlossen lächelnd aus dem Saal. Doch, „ein kleines bisschen aufgeregt“ sei sie schon gewesen, „weil die Prüfung nicht in meiner Muttersprache war“. Sie habe die Betreuung durch Fink im Vorfeld aber als sehr freundlich und hilfsbereit empfunden. „Sie hat mir die Internetseite deutsch-werden.de zur Vorbereitung empfohlen.“ Eine weitere Teilnehmerin, die auch sehr schnell fertig ist, kehrt wenige Minuten später in den Raum zurück. Handy vergessen. Etwas Zerstreuung kommt durch die Prüfungsaufregung dann wohl doch auf. Kein Wunder, „von der Prüfung hängt viel ab“, sagt Fink.

Sie berichtet, dass sich vor dem Brexit auffällig viele Briten zum Einbürgerungstest angemeldet haben, die teilweise auch weite Anfahrtswege nach Backnang hatten. „Die Briten haben damals erzählt, dass sie die letzte Gelegenheit nutzen wollen, um Bürger eines EU-Mitgliedstaats zu bleiben.“ Dieses Mal, es ist der erste Einbürgerungstest an der VHS Backnang seit Beginn des Ukrainekriegs im Februar, haben sich vier Bürger der Russischen Föderation zur Teilnahme angemeldet. Ob durch den Krieg eine Häufung entsteht wie damals bei den Briten vor dem Brexit, darüber lässt sich momentan nur spekulieren. „Man kann es noch nicht rückblickend betrachten“, sagt Fink. „Ich könnte es mir schon vorstellen.“

Die Auswertung erfolgt beim Bundesamt für Migration

Um 18.25 Uhr gibt der letzte Prüfling seine Unterlagen ab. „Die waren heute alle schnell“, kommentiert Maren Sarah Fink. Die individualisierten Fragebögen für die angemeldeten Prüflinge bekommt die VHS Backnang vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zugeschickt. Inklusive Prüfungsprotokoll werden die ausgefüllten Bögen zur Auswertung dorthin wieder zurückgesendet.

Bestanden hat, wer mindestens 17 der 33 Fragen korrekt beantwortet. Die VHS hat mit der Auswertung zwar nichts zu tun, bekommt aber eine Information darüber, wer bestanden hat. Sie schreibt die Teilnehmer an, um ihnen das Ergebnis mitzuteilen, das Zertifikat bekommen sie per Post vom BAMF – ein wichtiger Schritt in Richtung deutscher Staatsbürgerschaft ist damit dann für die „Neu-Deutschen“ getan.

Beispiele für Fragen

Test mit 33 Fragen Beim Einbürgerungstest werden aus einem Katalog von 310 Fragen 33 Fragen rund um Geschichte, Politik, Gesellschaft, Demokratie und mit Bezug zum Bundesland, in dem der Einbürgerungstest absolviert wird, zufällig ausgewählt und zu individualisierten Fragebögen zusammengestellt. Beispiele:

Frau Frost arbeitet als fest angestellte Mitarbeiterin in einem Büro. Was muss sie nicht von ihrem Gehalt bezahlen? • Lohnsteuer • Beiträge zur Arbeitslosenversicherung • Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung • Umsatzsteuer

Welches Gericht in Deutschland ist zuständig für die Auslegung des Grundgesetzes? • Oberlandesgericht • Amtsgericht • Bundesverfassungsgericht • Verwaltungsgericht

Die Bundesrepublik Deutschland hat einen dreistufigen Verwaltungsaufbau. Wie heißt die unterste politische Stufe? • Stadträte • Landräte • Gemeinden • Bezirksämter

Für wie viele Jahre wird der Landtag in Baden-Württemberg gewählt? • 3 • 4 • 5 • 6

Aus welchem Land sind die meisten Migranten/Migrantinnen nach Deutschland gekommen? • Italien • Polen • Marokko • Türkei

Was ereignete sich am 17. Juni 1953 in der DDR? • der feierliche Beitritt zum Warschauer Pakt • landesweite Streiks und ein Volksaufstand • der 1. SED-Parteitag • der erste Besuch Fidel Castros

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Erstellt:
30. Juni 2022, 11:30 Uhr

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