Elektromobilität
Eine unwahrscheinliche Geschichte über E-Autos
Es werden zu wenige E-Autos verkauft, weshalb die EU den Markt ankurbeln will. Die Elektrifizierung der Firmenflotten wäre ein Ansatz, doch der Widerstand ist riesig.

© dpa/Jens Kalaene
Mietwagen werden in Berlin am Potsdamer Platz geladen.
Von Knut Krohn
Den Bürokraten in Brüssel wird häufig ihr ausgeprägter Regulierungseifer zum Vorwurf gemacht. Aus diesem Grund ist die Aufregung in diesen Tagen groß, als vermeldet wurde, die EU-Kommission plane ab dem Jahr 2030 ein Verbrenner-Verbot für Mietwagenanbieter und Firmenflotten. Sogar Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reagierte am Montag auf einen Bericht der „Bild am Sonntag“ und warnte vor möglichen strengen CO2-Regeln für Dienstwagen. Die Automobilindustrie sei eine Kernindustrie Europas und die dürfe „durch eine Verengung auf Technologien“ nicht zerstört werden, betonte der Kanzler.
Mit dieser Aussage liegt Merz allerdings auf einer Linie mit der aktuellen EU-Kommissionspräsidentin. Auch Ursula von der Leyen (CDU) erklärt immer wieder, dass die europäische Industrie angesichts der aktuellen Krisen gestärkt werden müsse. Dazu zählt sie den Abbau von Bürokratie und auch viele Regeln zum Klimaschutz sollen entschärft werden. Aus diesem Grund gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass es ein Verbrenner-Verbot für Firmenflotten geben wird.
Das neue Schlagwort „Technologieoffenheit“
Der Ausgangspunkt für dieses Gerücht ist im vergangenen Herbst zu suchen. Damals hatte Ursula von der Leyen den zuständigen Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas angewiesen, eine Regelung auszuarbeiten, wie bei Unternehmensflotten der CO2-Ausstoß vermindert werden könnte. Eine zentrale Rolle wird dabei die Elektromobilität spielen, doch auch in der Kommission gehört inzwischen das Wort „Technologieoffenheit“ zum festen Sprachwortschatz. Das heißt, dass etwa klimaneutral betankte Autos mit Verbrennermotor in die Überlegungen mit einbezogen werden dürften. Sein Papier will Tzitzikostas bis Ende dieses Jahres präsentieren, was aber weit entfernt von einer politischen Einigung in der EU ist. Ein Vorschlag der Kommission muss in diesem Fall noch vom Parlament und dem Rat, der Vertretung der 27 EU-Mitgliedstaaten, diskutiert und akzeptiert werden.
Im Europaparlament formiert sich bereits heftiger Widerstand. Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, poltert: „Was wir ganz sicher nicht brauchen, sind neue, zentralistisch vorgegebene Flottenvorgaben.“ Ein Verbot von Verbrennungsmotoren für diese Sektoren wäre „ein Schlag ins Gesicht der europäischen Automobilwirtschaft“. Der CDU-Politiker geht noch weiter und fordert generell die „überfällige Reform der CO2-Flottengrenzwerte und die Rücknahme des de-facto-Verbrennerverbots“.
Damit zielt er auf die vor zwei Jahren beschlossene Regelung, dass in der EU ab dem Jahr 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Angeführt von der konservativen und rechten Mehrheit im Europaparlament wird erfolgreich daran gearbeitet, die Beschlüsse aufzuweichen. Auch in diesem Zusammenhang fällt immer wieder das Wort „Technologieoffenheit“.
Kritik kommt aus der Autoindustrie
Kritik an den EU-Plänen kommt auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA). „Wir lehnen diese neue Regulierungsoffensive entschieden ab“, betont VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Nötig sei vielmehr, bei den Rahmenbedingungen nachzubessern. Das gelte insbesondere mit Blick auf die Ladeinfrastruktur. „Fast 60 Prozent aller Ladepunkte in der EU fallen auf Deutschland, Frankreich und die Niederlande“, sagte Müller. Hamburg habe beispielsweise mehr Ladepunkte als Länder wie Slowakei oder Bulgarien
Einig sind sich allerdings die allermeisten Akteure, dass die Zukunft der Mobilität elektrisch sein wird. Die Nachfrage nach Elektroautos läuft aber schleppend und Fachleute diskutieren, wie das geändert werden könnte. Ein Weg, so ist ihre Überzeugung, sei tatsächlich die konsequente Elektrifizierung der Unternehmensflotten. Nach Angaben der Umweltorganisation Transport and Environment (T&E) verkauft BMW mehr als 70 Prozent seiner Neuwagen an Firmen, bei VW und Mercedes werden demnach rund zwei Drittel der Neufahrzeuge als Dienstwagen zugelassen. Daraus leiten sie die Forderung ab: „Ab 2030 sollten in Flotten mit über 100 Autos nur noch vollelektrische Firmenwagen neu zugelassen werden.“ Diese Vorgabe sei eine „naheliegende Lösung für dieses Problem“, erklärt Susanne Goetz, Referentin für Elektromobilität bei der Umweltorganisation.
Ins Feld geführt wird auch ein weiteres Argument. Weil Firmen ihre Fahrzeuge in der Regel nur wenige Jahre halten, könnten ziemlich schnell zahlreiche Elektroautos auf dem Gebrauchtwagenmarkt an private Käufer gehen. Die Erfahrung besagt, dass ein stabiler Gebrauchtwagenmarkt für viele Menschen eine wichtige Kaufentscheidung ist und einen preisgünstigeren Einstieg in die Elektromobilität darstellt.