Einkommensnachteile von Frauen schwinden nur langsam

dpa Wiesbaden. Es ändert sich nur langsam, dass berufstätige Frauen in Deutschland weniger Geld verdienen als Männer. Für die Unterschiede gibt es eine Vielzahl von Gründen.

Eine Frau während ihrer Arbeit in einem Bürogebäude in Berlin. Foto: Daniel Naupold/dpa/Symbolbild

Eine Frau während ihrer Arbeit in einem Bürogebäude in Berlin. Foto: Daniel Naupold/dpa/Symbolbild

Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen wird in Deutschland nur langsam kleiner.

Weibliche Beschäftigte erhielten im vergangenen Jahr durchschnittlich 19 Prozent weniger Entgelt als ihre männlichen Kollegen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtete.

Die Einkommenslücke, der sogenannte Gender-Pay-Gap, ist damit im Vergleich zum Jahr 2018 lediglich um einen Prozentpunkt kleiner geworden. In den östlichen Bundesländern ist der Unterschied mit einer Lücke von 7 Prozent deutlich geringer als im Westen mit 20 Prozent.

Zum weitaus größeren Teil erklären die Statistiker die Lücke von 4,37 Euro in der Stunde mit strukturellen Bedingungen. So ergreifen Frauen nach der Schule häufiger schlechter bezahlte Berufe, arbeiten häufiger in Teilzeit oder Minijobs und kommen seltener auf höhere Karrierestufen.

Doch selbst bei gleicher Tätigkeit und vergleichbarer Qualifikation verdienten Frauen im Jahr 2018 noch 6 Prozent weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Dies wird auch als bereinigter Gender-Pay-Gap bezeichnet und von der amtlichen Statistik nur alle vier Jahre neu berechnet. Im Vergleich zu 2014 gab es dabei in Deutschland keine Veränderung.

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hält auch die bereinigte Lücke nicht für einen verlässlichen Indikator für eine mögliche Benachteiligung von Frauen. Letztlich könnten nicht alle denkbaren Faktoren erfasst werden. Würden mehr lohnbestimmende Informationen vorliegen, dürfte die Lücke geringer ausfallen, erklärte IW-Ökonom Jörg Schmidt. Das Statistische Bundesamt bezeichnet den bereinigten Wert ebenfalls als Obergrenze, weil weitere lohnrelevante Informationen insbesondere zu Erwerbsunterbrechungen fehlten.

Die Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen müssten einfach besser werden, verlangte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. „Erst eine zuverlässige, hochwertige und bedarfsgerechte Infrastruktur für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen macht eine eigenständige Erwerbsbiographie von Frauen möglich. Und dass viele typische Frauenberufe zwar systemrelevant, aber dennoch unterbezahlt sind, ist überhaupt nicht akzeptabel.“

„Frauen halten in vielen frauendominierten Berufen als Pflegerinnen, Erzieherinnen und Verkäuferinnen den Laden am Laufen“, erklärte auch die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. Während der Corona-Pandemie habe es außer Applaus oder lobenden Worten nicht viel gegeben. „Die Löhne für Frauen müssen rauf. Die Wertschätzung muss auch auf dem Lohn- oder Gehaltszettel zu sehen sein“, erklärte die Sozialpolitikerin.

In Deutschland sind die Gehaltsunterschiede auch höher als im Durchschnitt der EU-Staaten, der für das Jahr 2018 rund 15 Prozent betrug. Lediglich in Estland gab es einen noch größeren geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschied.

© dpa-infocom, dpa:201208-99-610681/3

Zum Artikel

Erstellt:
8. Dezember 2020, 09:26 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen