Endspurt fürs Sicherheitskonzept am Murrhardter Waldsee

Wer auch in der kühleren Jahreszeit am Fornsbacher Idyll unterwegs ist, dem sind sie schon aufgefallen: die mit Gelenken verbundenen Holzbalken im Wasser, die von der Abtrennung des Schwimm- und Bootsbereichs künden. Sie sind Teil der künftigen Sicherheitsregeln.

Noch ist es ruhig am Waldsee. Für die Saison laufen aber schon Arbeiten, um das Sicherheitskonzept umzusetzen, das unter anderem die Bereiche für Schwimmer und Boote trennt.

© Stefan Bossow

Noch ist es ruhig am Waldsee. Für die Saison laufen aber schon Arbeiten, um das Sicherheitskonzept umzusetzen, das unter anderem die Bereiche für Schwimmer und Boote trennt.

Von Christine Schick

Murrhardt. Eigentlich sollte das Sicherheitskonzept am Fornsbacher Waldsee schon um einiges früher umgesetzt werden. Bereits im Mai 2021 hatte der Murrhardter Gemeinderat ein Maßnahmenpaket und neue Regeln beschlossen, um während der Saison für die geforderten Sicherheitsstandards zu sorgen. Durch den längeren zeitlichen Abstand ist dies aller Wahrscheinlichkeit nach für die meisten aber wieder in Vergessenheit geraten.

Wer dieser Tage bei Schmuddelwetter über das Gelände des Freizeitgebiets pilgert und eine Runde um den Waldsee dreht, dem wird es gar nicht so leichtfallen, sich eine volle Liegewiese und viele Badegäste sowie Bootlesfahrer auf dem Wasser vorzustellen. Aber genau vor diesem Problem stehen die Verantwortlichen mit Saisonbeginn beziehungsweise bei gutem Badewetter wieder. Bei einem Ansturm besteht die Gefahr, dass es zu unübersichtlichen Situationen kommt und das kann unter Umständen gefährlich werden, wenn es keine Badeaufsicht gibt. Die Umgestaltung am See ist für die Stadt mit Blick auf die Sicherheit auch ein rechtliches Thema, weil solch eine Badeaufsicht personell und finanziell an Grenzen stößt. „Man bräuchte zumindest in der Schwimmsaison von Anfang Mai bis Mitte September täglich eine Aufsicht von 10 bis 18 Uhr oder bei entsprechender Wetterlage sogar länger“, lässt Bürgermeister Armin Mößner dazu wissen. Dafür müssten mindestens vier bis sechs volljährige Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer mit entsprechender Ausbildung für solch einen Schichtdienst zur Verfügung stehen.

Es fand sich kein Aufsichtspersonal mehr

Allerdings gibt es in Murrhardt schon seit Längerem keine Ortsgruppe der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mehr. In einer Pressemitteilung zum Thema erläutert die Verwaltung: „Bis zur Auflösung der DLRG-Ortsgruppe konnte der Wachdienst in der Saison noch gewährleistet werden, am Schluss nur noch durch Kräfte anderer Ortsgruppen an Wochenenden. Zuletzt organisierte die Stadt noch einen eigenen Wachdienst. Auch dieser musste aus Personalmangel aufgegeben werden.“ Nach einer Ausschreibung meldeten sich nur drei qualifizierte Personen. Damit war eine dauerhafte Absicherung nicht möglich. Hinzu kommt der finanzielle Aspekt: Selbst wenn sich die sechs Personen gefunden hätten, wären bei bescheidenster Vergütung Kosten von etwa 50000 bis 55000 Euro pro Saison angefallen.

Für die Stadt stellt(e) sich vor diesem Hintergrund die Haftungsfrage: Im Rahmen von Verfahren wurden bundesweit Gerichtsurteile bekannt, die zu Verurteilungen von Seebetreibern führten. „So wurden Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter und sogar Gemeinderatsgremien in die Haftung einbezogen. Ganz klar dabei ist der Grundsatz, dass jeder, der ein Bad in Betrieb nimmt, juristisch gesehen eine Gefahrenquelle schafft. Spätestens jetzt sahen die Verwaltung und der Gemeinderat der Stadt Murrhardt weiteren Handlungsbedarf.“ Es gibt aus Sicht der Verantwortlichen somit keine Alternative zum beschlossenen Sicherheitskonzept mit baulichen Maßnahmen und Ausschilderungen. Dieses hat als Fachmann Carsten Sonnenberg erarbeitet, um den Betrieb auch ohne Badeaufsicht zu gewährleisten.

Zwei Bereiche sollen getrennt werden

Wie Mößner berichtet, steht noch ein Teil der Umsetzung aus. Die Badeinsel, die stark beschädigt war, ist schon länger aus dem See verschwunden. Der Bootssteg und Angelsteg sind bereits mit Sicherungen versehen, sodass sich unter diese nicht mehr tauchen lässt. Ein zentraler Punkt ist nämlich die künftige Trennung der zwei Bereiche: Schwimmen und Bootsbetrieb. Sie wird künftig durch Holzbalken, die mit Gelenken verbunden sind, kenntlich gemacht. Die Abtrennung befindet sich bereits im Wasser. „Allerdings ist sie noch nicht am endgültigen Platz“, so Mößner. Auch sonst müssen Stege und Aufenthaltsplattformen so gestaltet werden, dass sie sich nicht im Zusammenhang mit dem Schwimmen nutzen lassen. So schnell wie möglich soll eine Art Zaun am Damm installiert werden, der verhindert, dass Kinder dort ins Wasser stürzen können. Was noch aussteht, aber bis Anfang Mai zum Saisonstart ebenfalls erledigt sein muss, sind Hinweisschilder, die Informationen etwa über die Wassertiefe geben sowie die neuen Regeln und Geltungsbereiche erklären. Erklären muss der Bürgermeister die Maßnahmen jetzt schon, da sich eine Reihe von Bürgerinnen und Bürgern beim Rathaus in der Sache gemeldet haben. „Manche reagieren mit völligem Unverständnis, mache begreifen sofort, um was es geht“, erläutert Mößner.

Ein einfaches Schild reicht nicht aus

Als weitreichendste und nicht immer nachvollziehbare Maßnahme wird die Trennung von Schwimm- und Bootsbereich wahrgenommen. Die Stadt erläutert: „Der Nutzer muss die Grenzen physisch wahrnehmen können. Wenn er diese Grenzen bewusst überschwimmt, tut er dies spürbar auf eigene Gefahr, kann diese Überschreitung aber für sich persönlich vornehmen. Lediglich die Bootsfahrer werden in ihrem Radius etwas eingeschränkt.“ Als die Stadt das Konzept im Mai 2021 präsentiert hatte, war auch ein zentrales Anliegen, über die Umbaumaßnahmen und Regeln Vorsorge mit Blick auf mögliche Badeunfälle zu treffen.

Gab es bereits in der Vergangenheit gravierende Vorkommnisse? Der Stadtverwaltung ist ein Fall bekannt – ein Kind ist in den Waldsee gestürzt, konnte aber von Mitgliedern der DLRG, die vor Ort im Rahmen eines Fests Dienst taten, sofort gerettet werden, so Mößner.

Wichtig ist der Stadt, dass der Waldsee für alle frei zugänglich bleibt und nicht umzäunt werden muss

Vorgeschichte Als in den 1920er-Jahren vorausschauende Bürger in Fornsbach auf die Idee kamen, den Fremdenverkehr nicht vom dortigen Bahnhof aus an ihrem schönen Ort vorbei an den Ebnisee ziehen zu lassen, fassten sie den Entschluss, den Waldsee zu schaffen. Bald entstand ein blühendes Naherholungsziel, das über Jahre immer wieder durch neue Ideen zunächst aus Privatinitiative heraus, dann durch die Gemeinde Fornsbach und schließlich durch die Stadt Murrhardt ausgebaut und attraktiver gemacht wurde, so die Verwaltung. Im Laufe der Jahre kamen daher immer mehr Besucherinnen und Besucher an den Waldsee. Stets haben die Verantwortlichen auch die Sicherheit im Auge gehabt. So wurde früh die Murrhardter Ortsgruppe der DLRG gegründet, die viele Jahre den Wachdienst zuverlässig und treu erledigte. Als in den 1980er-Jahren durch einen nicht unerheblichen Zuschuss ein weiterer Ausbau umgesetzt werden konnte, wurde bewusst auf geplante Attraktionen verzichtet, da sie eine Umzäunung des Seegeländes und die Beschäftigung eines Bademeisters sowie mehrerer Mitarbeiter notwendig gemacht hätten.

Gutachten Grundlage für das Gutachten Carsten Sonnenbergs von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen war, dass Gefahren erkannt und definiert werden müssen, um diese zu minimieren oder zu beseitigen. Ziel war dabei, dass das Seegelände nicht umzäunt werden muss und keine qualifizierten hauptamtlichen Aufsichtspersonen eingestellt werden müssen, was die Kosten gegenüber nebenamtlichen Kräften deutlich in die Höhe getrieben hätte. Der See sollte weiterhin frei für alle Menschen zugänglich sein. Weiterhin sollte ein Schwimm- und Bootsbetrieb, wie ihn die „Väter und Mütter des Waldsees“ zu Pfingsten 1929 wollten und eingerichtet haben, möglich sein. So definierte der Fachmann alle Gefahrenstellen und gab Empfehlungen zur Minimierung oder Beseitigung ab. Weitere Seebetreiber sind derzeit ebenfalls mit Sonnenberg im Gespräch, um ihre Gewässer auf die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu stellen. Kürzlich hat sich die Gemeinde Alfdorf mit der Sicherheit ihrer Seen beschäftigt. Die Stadt Murrhardt ist nicht der erste, aber eine der ersten Betreiber eines Badesees, der die entsprechenden Weichen gestellt hat.

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Erstellt:
4. Februar 2023, 11:00 Uhr

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