Die Lage im Überblick
Entscheidende Tage: Was kommt in den Ukraine-Friedensplan?
Gibt es eine Lösung des Ukraine-Konflikts? In Berlin beraten internationale Spitzenpolitiker über Gebiete, Sicherheitsgarantien und eingefrorenes russisches Geld. Auch Trumps Sondergesandter kommt.
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Für die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten steht ein Spitzentreffen in Berlin an. (Archivbild)
Von dpa
Kiew/Berlin/Brüssel - Das Ringen um einen Friedensplan zwischen der Ukraine, ihren europäischen Verbündeten und den USA geht in eine entscheidende Phase. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff reist am Wochenende zu Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Europäern nach Berlin, wie ein hochrangiger US-Beamter der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Nähere Angaben zum genauen Zeitpunkt oder dem Format der Treffen machte er nicht.
Zuvor hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass sich Selenskyj am Montag in Berlin mit Kanzler Friedrich Merz, einer Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs sowie den Spitzen von EU und Nato treffen werde. Erwartet werden unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer.
Trump sieht Ukraine militärisch im Nachteil
Die US-Regierung hatte auf Betreiben von Präsident Donald Trump im November einen Friedensplan vorgelegt, über den seitdem in verschiedenen Runden verhandelt wurde. Trump fordert von der Ukraine, einem Friedensabkommen zuzustimmen. Er sieht das von westlicher Unterstützung abhängige Land militärisch im Nachteil gegenüber dem Angreifer Russland.
In den vergangenen Tagen machte Trump eine Teilnahme der USA an neuen Gesprächen davon abhängig, dass es gute Aussichten für wirkliche Fortschritte geben müsse. Die große Frage bleibt, wie Russland reagieren wird, falls eine abgestimmte Position im Dreieck USA-Ukraine-Europa gefunden werden sollte.
Die vorgeschlagene Lösung für ein Ende des seit fast vier Jahren andauernden russischen Angriffskriegs ist bislang nur in Umrissen bekannt. Ein Überblick:
Die Frage besetzter ukrainischer Territorien
Von dieser Diskussion ist noch am meisten an die Öffentlichkeit gedrungen. Moskau besteht darauf, dass die ukrainische Armee jenen Teil der Gebiete Donezk und Luhansk im östlichen Industriegebiet Donbass räumt, den sie noch kontrolliert. Selenskyj berichtete von einem US-Kompromissvorschlag, aus diesen Territorien eine "freie Wirtschaftszone" zu machen, in die die russische Armee nicht vordringen dürfe.
Der ukrainische Präsident verlangte aber, wenn seine Armee sich zurückziehen müsse, sollten dies auch die Russen tun. Er bekräftigte zudem, dass über Gebietsabtretungen nur das ukrainische Volk per Referendum entscheiden könne. Juri Uschakow, außenpolitischer Berater von Kremlchef Wladimir Putin, lehnte den Vorschlag eines entmilitarisierten Gebiets zwar nicht gänzlich ab, sagte aber, die russische Nationalgarde und Polizei sollten dort agieren. Die Nationalgarde Rosgwardija ist militärisch organisiert und bewaffnet.
Für die Südukraine scheint der Vorschlag zu sein, den Frontverlauf in den Gebieten Saporischschja und Cherson einzufrieren. Von Russland wird gefordert, andere besetzte Teile der Verwaltungsgebiete Sumy im Norden, Charkiw im Osten und Dnipropetrowsk im Süden zu räumen.
Russland hat sich die Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie die Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson einverleibt und fordert die volle völkerrechtliche Anerkennung als Teil seines Staatsgebiets. Ein Kompromiss könnte sein, dass die USA und vielleicht auch andere Länder anerkennen, dass Moskau einen Teil der Ukraine kontrolliert und dies nicht gewaltsam geändert werden sollte.
Sicherheitsgarantien gegen weiteren Angriff Russlands
Für die Ukraine ist es entscheidend, dass sie von Russland nicht erneut angegriffen wird. Der erhoffte Beitritt zur Nato als Sicherheitsgarantie scheint derzeit unerreichbar. Ihn zu verhindern, ist eines der russischen Kriegsziele. Aber auch die USA und andere Nato-Länder sprechen sich dagegen aus.
Trotzdem scheint die Rede von Sicherheitsgarantien zu sein, die der gegenseitigen Beistandsklausel von Artikel 5 des Nato-Vertrags gleichen. Garanten wären die USA und europäische Länder. Doch über die Bedingungen dieses Beistands ist bislang nichts bekannt. Auch haben die westlichen Partner der Ukraine bislang das Risiko einer militärischen Eskalation mit Russland gescheut; die Frage ist, ob dies bei einem weiteren Angriff anders wäre. Wenig vertrauenerweckend ist aus ukrainischer Sicht Putins Forderung, dass Russland selbst Garantiemacht sein sollte.
EU-Beitritt statt Nato-Truppen?
Um eine andere Überlegung der sogenannten Koalition der Willigen unter britischer und französischer Führung ist es zuletzt still geworden - von europäischen Sicherheitstruppen in oder dicht an der Ukraine war quasi nichts mehr zu hören. Russland lehnt Truppen aus Nato-Ländern in der Ukraine ohnehin strikt ab.
Wichtigster Schutz für die Ukraine dürfte daher ihre eigene, gut bewaffnete Armee sein. Kolportiert wird eine künftige Obergrenze von 800.000 Soldaten und Soldatinnen, was zahlenmäßig in etwa den Status quo festschreiben würde.
Eine solche Begrenzung widerspricht zwar der von allen Seiten beteuerten Souveränität der Ukraine; auch ist von ähnlichen Forderungen in Richtung Russlands nichts bekannt. Die ukrainische Armee wäre aber zumindest nicht viel kleiner als derzeit und für Friedenszeiten groß dimensioniert. Moskau hat indes stets viel stärkere Beschränkungen gefordert, wobei die ursprünglich diskutierte Obergrenze von 600.000 Soldaten für Kiew inakzeptabel ist.
Zur Sicherheit der Ukraine könnte auch eine beschleunigte Aufnahme des Landes in die Europäische Union beitragen. Die "Financial Times" berichtete von einem angeblichen Vorstoß, das Land schon Anfang 2027 aufzunehmen. Offizielle Bestätigungen dafür gab es nicht. Für diesen Schritt müssten die EU-Staaten mindestens ein drohendes Veto aus Ungarn überwinden - und sich damit anfreunden, dass die EU im Osten künftig eine sehr viel längere Grenze mit Russland hätte.
Russisches Geld als Druckmittel der EU
Ein bedeutendes europäisches Druckmittel gegen Moskau sind eingefrorene Guthaben der russischen Zentralbank. Die EU schuf am Freitagabend eine wichtige Grundlage, um dieses Geld für die Ukraine zu nutzen. 25 der 27 Mitgliedstaaten stimmten dafür, eine Rückübertragung nach Russland unbefristet zu verbieten. Auch ein Zugriff der USA auf dieses Geld, wie in der ersten Variante des Friedensplans vorgesehen, ist damit vom Tisch. Nur Ungarn und die Slowakei stimmten mit Nein.
Die Rede ist von 210 Milliarden Euro in der EU, von denen 185 Milliarden Euro in Belgien lagern. Das Geld soll für langfristige Kredite an die Ukraine genutzt werden. Russland soll es nur zurückbekommen, wenn es nach Kriegsende Reparationen zahlt und vollständige Wiedergutmachung leistet.
Moskau läuft gegen diese Pläne Sturm. Aber auch Belgien sieht die Nutzung des russischen Geldes mit großer Skepsis, weil es finanzielle Risiken und russische Vergeltungsmaßnahmen fürchtet. Eine Lösung wollen die Staats- und Regierungschefs der EU bis zu ihrem Gipfeltreffen kommende Woche finden.
Über Programme zum Wiederaufbau der Ukraine und Investitionen wurde zwischen Washington und Kiew ebenfalls gesprochen, Details sind aber nicht bekannt. Zwischen den USA und Russland ging es auch um eine Wiederaufnahme der Wirtschaftskontakte und einen Dialog zu strategischen Rüstungsfragen.
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Eine schlagkräftige Armee dürfte für die Ukraine die stärkste Sicherheitsgarantie sein. (Archivbild)
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Kostjantyniwka ist eine der Städte im Donbass, die sich Moskau einverleiben will. (Archivbild)
