Er forderte sie im Bahnhofshotel zum Tanz auf

Eheleute aus Allmersbach im Tal feiern das Fest der diamantenen Hochzeit mit Kindern, Enkeln und auch vier Urenkeln

Sind seit 60 Jahren verheiratet: Elisabeth und Ludwig Titz. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Sind seit 60 Jahren verheiratet: Elisabeth und Ludwig Titz. Foto: T. Sellmaier

Von Hans-Christoph Werner

ALLMERSBACH IM TAL. Auf verschlungenen Pfaden führte der Weg beider Eheleute schließlich nach Backnang. Ludwig Titz ist im Jahr 1940 in Unterrechendorf in Ungarn geboren. Gerade mal vier Jahre alt war der Jüngste neben vier älteren Geschwistern, als die ganze Familie die angestammte Heimat aufgrund des Zweiten Weltkriegs verlassen musste. Über die Tschechei, Polen ging es schließlich nach Bayern, 1954 in den Kirschenhardthof (Gemeinde Burgstetten), weil dort die ältere Schwester bereits wohnte.

Nach Beendigung der Schulzeit machte Ludwig Titz keine Berufsausbildung, sondern suchte gleich nach einer Arbeitsstelle. Er war als Kraftfahrer unterwegs, arbeitete in einer der Backnanger Lederfabriken, bei AEG und am längsten bei einer Firma in Burgstetten-Burgstall.

Elisabeth Titz geborene Pek ist Jahrgang 1941. Ihre Vorfahren wiederum gehören zu den sogenannten Donauschwaben, die in der Batschka (heute Nordkroatien) ansässig waren. Elisabeth Titz hat fünf Geschwister. Auch ihre Familie musste kriegsbedingt die Heimat verlassen. Damals lebte der Vater schon nicht mehr, er war im Krieg gefallen. Auf der Flucht stirbt ein Jahr später auch die Mutter an Typhus. Die 14 Jahre alte Schwester und der 13 Jahre alte Bruder von Elisabeth machen sich stark und sorgen dafür, dass die Waisenkinder zusammenbleiben. Auch ihnen ist ein Umherwandern beschieden, bis die Kinder schließlich 1947 in Hof (Bayern) landen. Eine der beiden Großmütter kommt dazu und sorgt für die Kinderschar. Von Hof geht es weiter nach Dachau, Augsburg, Sonthofen, bis die Familie 1957 in Backnang landet. 16 beziehungsweise 17 Jahre alt suchen die jungen Leute nach Abwechslung. Groß angesagt sind in der damaligen Zeit Tanzveranstaltungen. Unter anderem auch im sogenannten Bahnhofshotel (heute Bürgerhaus). Und da passiert’s: Ludwig Titz fordert Elisabeth Pek zum Tanz auf. Der junge Mann ist von seinem 18. Geburtstag an mit einem Roller unterwegs. Und dieser hat zum Glück einen zweiten Platz. So kommen sich die beiden jungen Leute bei Ausflügen in die Umgebung näher. Am 25. Februar 1960 heiratet das junge Paar in Burgstall und wohnt auch dort. In den darauffolgenden Jahren werden die Söhne Daniel und Joachim geboren. Auch für eine dauerhafte Heimstatt wird gesorgt. Im Teckweg in Allmersbach im Tal kann die Familie mit viel Eigenleistung Anfang der 70er-Jahre ein Haus bauen. Geradezu abenteuerlich für heutige Ohren hört sich an, unter welch finanziellen wie auch arbeitsmäßigen Mühen hier für Wohnraum gesorgt wurde. Elisabeth Titz konnte durch sogenannte Heimarbeit neben dem Versorgen der Familie zum Auskommen beitragen.

Nach dem Geheimnis einer langen Ehe gefragt, geben die Eheleute zunächst an, dass sie „eine ganz normale Ehe geführt“ haben. Aber dann fügt Elisabeth Titz dazu, dass still sein und nachgeben wichtig sei. Ludwig Titz weiß zu gut, dass jeder Ehepartner seine Meinung hat. So mag es manchmal Streit gegeben haben. Aber dann ist, so schließt er sofort an, „die Versöhnung umso schöner“.

Feiern werden die Eheleute Titz ihren besonderen Tag mit der Familie und einem guten Essen. Die Enkel Kai, Andreas und Marius werden dabei sein, ebenso die Urenkel Liam, Ava, Noé und Samuel. Getanzt wird allerdings bei dieser Gelegenheit nicht. Das war einmal.

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Erstellt:
25. Februar 2020, 06:00 Uhr

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