Erdbestattungen sind in Sechselberg nur als Ausnahme erlaubt

Der Grund: Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels können die dort beerdigten Toten nicht richtig verwesen. Es gelten jetzt auch geänderte Gebühren.

Bürgermeister Reinhold Sczuka erläutert das Grundwasserproblem in Sechselberg. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Bürgermeister Reinhold Sczuka erläutert das Grundwasserproblem in Sechselberg. Foto: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

ALTHÜTTE. Auf dem Friedhof Sechselberg sind Erdbestattungen nur noch dann erlaubt, wenn jemand verstirbt, dessen Partner bereits in einem Doppelgrab beerdigt wurde. Das Problem in Sechselberg besteht schon länger: Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels können die Toten nicht richtig verwesen. Das Wasser verhindert, dass Luftsauerstoff an die Körper gelangt; dadurch bildet sich aus dem Hautfett eine Wachsschicht um den Leichnam und konserviert ihn. Eine Zersetzung innerhalb von fünf bis sechs Jahren, wie sie bei normalen Bodenverhältnissen zu erwarten ist, findet nicht statt.

Da die Särge aber verrotten, kann man sich vorstellen, welcher Anblick die Bauhofmitarbeiter erwartet, wenn sie ein Grab vor einer Beerdigung ausheben „Die Mitarbeiter haben es angesprochen und wollen Klärung“, berichtet Bürgermeister Reinhold Sczuka auf telefonische Nachfrage, „wir wollen nicht, dass wir irgendwann niemanden mehr haben, der das macht.“ Denn es wird keiner zu dieser Arbeit gezwungen, sie erfolgt auf freiwilliger Basis.

Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte der Gemeinderat beschlossen, Erdbestattungen auf dem Friedhof Sechselberg nicht mehr zuzulassen. Diese Regelung führte aber zu Unmut, besonders unter denjenigen Bürgern, die das Nutzungsrecht für ein Doppelwahlgrab erworben hatten. Wenn bereits ein Partner darin beerdigt war, gab es für den Hinterbliebenen dann nur die Möglichkeit, sich in einer Urne in diesem Grab bestatten zu lassen oder für eine Erdbestattung auf den Friedhof in Althütte auszuweichen. Sczuka suchte deshalb das Gespräch mit den rund 40 betroffenen Familien, die nach seinem Bekunden „sehr konstruktiv“ verliefen. „Die Leute haben überwiegend verständnisvoll reagiert.“ Im Juli entschied der Gemeinderat dann, in diesen besonderen Fällen ausnahmsweise Erdbestattungen zuzulassen, damit zwei Ehe- oder Lebenspartner beieinander bestattet werden können und so Härtefälle vermieden werden.

Neben dem Schutz der Mitarbeiter sei auch noch ein anderer Aspekt von Bedeutung, betont Sczuka. Wenn die Hinterbliebenen wissen, dass der Verstorbene nicht verwest, sondern in der Erde quasi konserviert wird, könne das die Trauerarbeit erschweren. Und es gebe noch einen weiteren Grund, der gegen eine Fortsetzung der Erdbestattungen spricht: Der Sechselberger Friedhof liegt im Einzugsbereich zweier Quellen, die Trinkwasser für Althütte und Auenwald liefern. Hygienische Bedenken müsse man zwar nicht haben, so Sczuka, bei den regelmäßigen Untersuchungen des Wassers seien keine gesundheitsgefährdenden Substanzen gefunden worden. Dennoch sei das Ganze keine schöne Vorstellung. „Das ist eine Kopfsache.“

Bei der Dezembersitzung des Gemeinderats stand das heikle Thema nochmals auf der Tagesordnung. Das Verbot von Erdbestattungen in Sechselberg mit der Ausnahmeregelung für Doppelwahlgräber wurde mit einstimmigem Beschluss in der Friedhofssatzung verankert. In diesem Zug wurde aber auch diskutiert, ob es nicht doch eine andere Lösung für das Problem gibt, zum Beispiel Grabkammern mit einer Drainagevorrichtung. Reinhard Pfeil von der Freien Wählervereinigung und Thomas Kuntz von der Bürgerliste sprachen sich dafür aus, in dieser Richtung weiter zu recherchieren, genauso wie Pascal Schwinger. Der Rat der Bürgerliste ist Leiter des Haupt- und Ordnungsamts in Oppenweiler, wo ein solches System bereits im Einsatz ist. Schon in den 1990er-Jahren habe man sich mit dieser Technik befasst, erklärt Sczuka, jedoch sei sie damals zu teuer gewesen. Denn man müsse die Bestattungsgebühren im Auge behalten. Letztlich beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung zu prüfen, ob und in welcher Form und mit welchem Aufwand Erdbestattungen auf dem Friedhof Sechselberg möglich sein könnten.

In der gleichen Sitzung verabschiedeten die Räte auch eine neue Gebührenordnung für die Friedhöfe der Gemeinde, die zum 1. Januar in Kraft trat. Auf dem Friedhof Althütte werden damit mehrere Bestattungsformen erstmals angeboten. So haben die Bürger jetzt zusätzlich die Wahl zwischen einem Baum- oder Wiesengrab, einem Grab in einer Urnengemeinschaftsanlage oder einer Urnenstele.

Auch eine Anhebung der Gebühren wurde beschlossen, die die Kostendeckung von bisher 44 Prozent auf rund 80 Prozent verbessert. Im Vergleich der Rems-Murr-Gemeinden liege Althütte mit seinen Gebühren damit im Mittelfeld, heißt es in der Sitzungsvorlage.

BisherigeGebühren seit dem Gebühren1. Januar 2021 Erdreihengrab1120 €1380 € Kindergrab250 € (unter 16 Jahren)250 € (unter 7 Jahren) Erdwahlgrab1340 €1920 € Erdwahlgrab vertieft1782 €2450 € Doppelwahlgrab2680 €3840 € Urnenreihengrab505 €1060 € Anonymes Urnengrab505 €920 € Urnenwahlgrab610 €1570 € Baumbestattungen (Reihe/Wahl)1780 €/2260 € Urnengemeinschaftsgrab1150 € Wahlwiesengrab1430 € Urnenstelen (Reihe/Wahl)880 €/920 € Friedhofsgebühren Gemeinde Althütte

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Erstellt:
15. Januar 2021, 16:00 Uhr

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