Autonomes Shuttle

Erhält ein Bus namens Ameise ein zweites Leben?

Die Internationale Bauausstellung in der Region Stuttgart (IBA’27) könnte Schaufenster für autonome Busse werden. Doch das Projekt zeigt auch, wo es bei diesem Zukunftsthema hakt.

Die Busse sind noch dieselben, die im Jahr 2022 in Waiblingen unterwegs waren.

© Gottfried Stoppel

Die Busse sind noch dieselben, die im Jahr 2022 in Waiblingen unterwegs waren.

Von Andreas Geldner

Ameise – das erscheint als ein treffender Name für einen autonomen Shuttlebus, der im Krabbeltempo von 20 bis 25 Kilometern in der Stunde den normalen Nahverkehr auf der letzten Meile ergänzen soll. In Waiblingen und Ehningen ist ein solcher Bus in den Jahren 2022 und 2023 schon einmal für jeweils einige Monate testweise unterwegs gewesen.

Solche Busse wären perfekt etwa an Orten, wo zwischen normalen Bus- oder Bahnhaltestellen und Wohngebieten noch eine größere Lücke klafft.

Die Busse sind eingemottet

Doch die elf Busse, die der Entwickler Bertrandt, ein Ingenieursdienstleister im Automobilbereich aus Ehningen, seinerseits von einem insolvent gegangenen Start-up übernommen hatte, stehen trotz erfolgreicher Tests nun eingemottet im Depot.

Das bisherige Konsortium, welches das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) aus Stuttgart, das Landesverkehrsministerium und ein Dutzend weiterer Partner aus Wirtschaft- und Wissenschaft zusammengebracht hat, wird zum Jahresende aufgelöst. Auch andere Pilotprojekte in Baden-Württemberg wie in Friedrichshafen und Heidelberg sind vorbei, während anderswo in Deutschland wie in Hamburg größere Projekte an den Start gehen.

Kann die Internationale Bauausstellung in der Region Stuttgart im Ausstellungsjahr 2027 die Mobilitätsregion Baden-Württemberg hier wieder in den Blick rücken?

Deren Intendant Andreas Hofer überließ aber bei einer Veranstaltung in Stuttgart anderen politischen und wirtschaftlichen Akteuren die Diskussion. „Wir sind keine Mobilitätsausstellung, sondern eine Bauaustellung“, sagte er zur Begrüßung.

Zwei Verbindungen in der engeren Auswahl

Rein praktisch wäre 2027, wenn IBA-Besucher von auswärts in die Region kommen, ein solcher Kleinbus an zwei Standorten aber willkommen.

Etwas mehr als zwei Kilometer liegen zwischen der nächstgelegenen S-Bahn-Station und dem Vorzeige-Wohnprojekt Hangweide in Kernen im Remstal. Die Entfernung stimmt, dass Ganze ist so oder so weitgehend Tempo-30-Zone, die Straßenverhältnisse sind unkompliziert und das Shuttle würde diese Lücke überbrücken. Ähnlich wäre es in Wendlingen zwischen Bahnhof und dem IBA-Projekt Neckarspinnerei. 

Dass ein solches Aushängeschild willkommen wäre, machte die Tatsache deutlich, dass Grüne, CDU und FDP ihre Expertinnen und Experten aus dem Landtag bei der Debatte dabei hatten.

Ein Mensch muss aufpassen – und das kostet

Aber wer zahlt? In der kurzen Zeit bis zum Ausstellungsjahr wird es nicht möglich sein, technologisch weiter zu kommen, also auf den zur Sicherheit die Busse noch begleitenden Menschen zu verzichten. Als Forschungsprojekt wäre das also nicht mehr zu deklarieren. Der Begleitfahrer ist auch der größte Kostenfaktor, während die Busse Bertrandt stellen würde.

Auf eine Viertelmillion Euro schätzte Liss Böckler vom Verkehrsplanungsbüro Interlink das für den IBA-Betrieb nötige Budget. Wenn man das herunterbreche, lande man bei wenigen hundert Euro am Tag, sagte Steffen Braun, stellvertretender Institutsleiter von Fraunhofer IAO.

Aus welchem Topf kann das Geld kommen?

Doch welche Töpfe gibt es jenseits von Forschungsgeldern überhaupt?Öffentlicher Nahverkehr sind die Linien nicht. Die Frage, ob es im Etat der IBA einen Posten geben könnte, wurde bei der Veranstaltung erst gar nicht angesprochen.

So bleibt nach Ansicht der mitdiskutierenden grünen Verkehrsexpertin im Landtag, Silke Gericke, nur die Wirtschaftsförderung. Doch geklärt werden kann das erst nach der Landtagswahl.

Entwickler will mehr Tests

Der Entwickler Bertrandt betont, dass man für einen kommerziellen Erfolg weitere Testphasen brauche. „Wir müssen fahren, fahren, fahren“, sagte Alexander Merkel, der dort für das Projekt zuständig ist. Man sei auch bereit als Betreiber einzuspringen, wenn sich kein Busunternehmen für das Projekt interessiere.

Der Mittelständler aus Baden-Württemberg sieht hier seine Chance, weil die Autokonzerne sich auf das autonome Fahren beim Auto fixieren. Man nutze zudem eine frei zugängliche, so genannten Open-Source-Software, während andere Projekte von Anbietern aus den USA abhängig seien.

Es braucht eigentlich größere Projekte

Doch Ulrich Weber, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Baden-Würtemberg, dämpfte als Gast der Diskussion etwas den Enthusiasmus. Neben der ungeklärten Finanzierungsfrage sei das Projekt auch nicht der Sprung, den man in Deutschland brauche: „Wir müssen das endlich größer ausrollen, wir müssen in die Serienfertigung kommen.“

Aber bisher hat der Bund für größere Modellregionen kein Geld reserviert – während in China schon hunderte, ja tausende autonome Busse rollen. Angesichts der großen Diskussion um das kleine IBA-Projekt kommentierte da Hannes Riehle, vom bei der Veranstaltung gastgebenden Stuttgarter Architekturbüro Riehle Koeth am Ende: „Also, wenn wird das nicht schaffen, es an den Start zu bringen - dann können wir uns doch verstecken.“

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Erstellt:
7. Dezember 2025, 09:08 Uhr

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