Erzbischof will rasche Aufklärung

Stephan Burger: Missbrauchsskandal kostet die katholische Kirche Glaubwürdigkeit

Freiburg (lsw). Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger fordert nach dem jahrzehntelangen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche schnelles Handeln. Die Aufarbeitung müsse rasch vorangehen, sonst verliere die Kirche an Glaubwürdigkeit. „Wir werden daran gemessen, wie konsequent und auch zeitnah wir all das aufarbeiten, was bisher liegen ­gelassen wurde“, sagte Burger in Freiburg. „Dieser Prozess darf sich nicht in die Länge ziehen, die nötigen Konsequenzen für die Zukunft dürfen nicht aufgeschoben ­werden.“ Dies sei die Kirche auch den ­Missbrauchsopfern schuldig.

Durch die Affäre habe die Kirche Vertrauen verloren, sagte Burger. „Neues Vertrauen können wir nur gewinnen, wenn wir zu unseren Fehlern stehen, daraus lernen und uns so verändern, dass sie möglichst nicht wieder geschehen.“ Die Kirche müsse sich verändern, um Missbrauch und vor allem Machtmissbrauch nicht weiter zu begünstigen. „Da geht es auch um Strukturen, da geht es auch um Macht und Kontrolle“, sagte der Erzbischof: „Nur wenn wir konsequent und transparent an solchen Schwächen arbeiten, haben wir verdient, dass die Menschen uns wieder oder weiterhin vertrauen.“ Tabus dürfe es dabei keine geben. Er habe alle Akten der Staatsanwaltschaft übergeben, damit Täter strafrechtlich verfolgt werden könnten. Die Anklagebehörde werde diese Akten prüfen, sagte eine Sprecherin.

Im Umgang mit Opfern warnte Burger vor Eile: „Wieder gutgemacht werden kann ein Missbrauch nie. Wer zum Opfer von Missbrauch gemacht wurde, leidet oft ein Leben lang darunter.“ Kirche müsse es sich zur Aufgabe machen, für die Betroffenen da zu sein, „auch wenn es sehr lange dauert“.

Trotz der Missbrauchsaffäre verkünde die Kirche zu Weihnachten die frohe Botschaft Gottes. „Wenn der Bote an Glaubwürdigkeit verliert, dann schwächt das auch die Kraft der Verkündigung“, räumte der Erzbischof ein: „Aber die frohe Botschaft, daran glaube ich, hat eine solche Relevanz und Wirkmächtigkeit, dass sie auch durch unsere menschliche Schwäche hindurchscheint. Die Botschaft ist stärker.“

Eine im September von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Studie hatte den massiven sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker in den vergangenen Jahrzehnten detailliert belegt. Burger hatte daraufhin eingeräumt, dass es in seiner Diözese über Jahrzehnte hinweg Missbrauch und Vertuschung gegeben habe. Von Anfang 1946 bis Ende 2015 wurden den Angaben zufolge im Bereich der Erzdiözese 190 Beschuldigte entdeckt, die meisten von ihnen Priester. Es gebe mindestens 442 Betroffene.

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Erstellt:
24. Dezember 2018, 03:14 Uhr

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