Weinbau in Deutschland
„Es droht ein Strukturbruch“: Regionale Winzer in schwieriger Lage
Der Weinbau in Deutschland könnte bald vor dem Aus stehen. Was der Weinbauverband Württemberg zu Situation und Maßnahmen sagt.

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Ein wichtiger Bestandteil der Region ist in Gefahr – der Weinbau.
Von Jelena Maier/dpa
Weinbau ist ein nicht wegzudenkender Teil der Region – nicht nur wegen des leckeren Endprodukts. Er bietet Arbeitsplätze, lockt Besucher an und ist tief in der Geschichte und Identität der Menschen verwurzelt.
Doch den Weinbaubetrieben machen zurzeit die stark gestiegenen Kosten für Energie und Personal zu schaffen – und das in Zeiten, in denen immer weniger Wein getrunken wird. Auch die US-Zölle setzen Betrieben zu, vor allem jenen, die stark auf den Übersee-Markt bauen.
Viele Winzerfamilien stehen vor dem Bankrott
Der Verein Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau schlägt nun Alarm: Innerhalb weniger Wochen drohe bis zu 50 Prozent der Winzerfamilien in Deutschland das wirtschaftliche Aus. Die aktuelle Lage sei „dramatisch“. Die Preise für Trauben- und Fassweine lägen bei nur 40 bis 60 Cent pro Liter und damit weit unterhalb der Produktionskosten.
Deshalb hat der Verein die Deutschen dazu aufgerufen, anstelle einer Flasche importierten Weins eine Flasche deutschen Wein pro Jahr und pro Kopf mehr zu trinken. Es gehe um eine bewusste Kaufentscheidung, um heimische Betriebe zu stärken und „könnte tausende Existenzen retten“, erklärt die Zukunftsinitiative auf ihrer Website.
Riesige Herausforderungen für württembergischen Weinbau
„Zweifelsohne steht der globale Weinbau vor immensen Herausforderungen, genau wie der europäische, deutsche und auch der württembergische“, sagt Hermann Morast, Geschäftsführer des Weinbauverbands Württemberg.
Die verschiedenen Weinbaugebiete seien aber nicht direkt miteinander vergleichbar: Unterschiedliche Kosten und Absatzstrukturen führten zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Lagen.
Weinbau in Baden-Württemberg
- fast 30 Prozent aller Reben Deutschlands in Baden-Württemberg
- rund 16.500 Hektar in Baden; rund 11.500 Hektar in Württemberg
- laut amtlicher Weinbaukartei rund 15.000 Weinbaubetriebe
Dennoch sieht auch Morast den regionalen Weinbau in einer schwierigen Situation: „Es droht ein Strukturbruch – mit erheblichen Auswirkungen für Kulturlandschaft und Biodiversität“, warnt er.
Die Winzer befänden sich schon seit einiger Zeit in einer herausfordernden Lage. Morast weist darauf hin, dass der Weinbauverband Württemberg bereits im Februar 2024 vor der Rodung jeder fünften Fläche aus ökonomischen Gründen bis 2030 gewarnt habe.
Ausstieg aus dem Weinbau ist meist endgültig
Nun wisse er bereits von ersten Betriebs- und Teilbetriebsaufgaben. Die finanzielle Situation führe auch zu großen psychischen Belastungen bei den Winzern in der Region. Viele davon seien Familienbetriebe mit langfristig ausgelegten Betriebszielen.
Kurzarbeit, wie sie in anderen Branchen oft angewendet wird, ist dabei laut Morast nicht möglich. „Weinbau stellt eine Dauerkultur dar, denn Weinreben müssen konstant gepflegt werden. Ein Ausstieg aus dem Weinbau ist deshalb in der Regel final“, sagt Morast.
Regionale Weine bieten hohen Mehrwert
Den Appell der Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau hält Morast für wichtig, seiner Meinung nach gibt es aber kein Patentrezept für die Rettung der Winzer. „Es muss durchaus unser Bestreben sein, dass die Verbraucher mehr regionalen Wein kaufen. Das wird aber nicht von heute auf morgen passieren und bedarf einer regelmäßigen und intensiven Kommunikation“, so Morast.
Er wolle den Verbrauchern klarmachen, welchen Mehrwert regionale Weine bieten. Dazu zählen ihm zufolge vor allem die Weinberge als Naherholungsgebiete sowie die beliebten Weinfeste und Weinwanderungen.
Weinbauverband: Politik wird nicht aktiv
Auf die Politik will Morast nicht ausschließlich hoffen. Ihm fehlen ein Aktivwerden und die Rückendeckung vor allem vom Bund hinsichtlich Krisenmaßnahmen wie der Rotationsbrache.
Vom Land sollten seiner Meinung nach sollten zinslose Darlehen über die Landesbank angeboten werden, um den Zukunftsbetrieben kurzfristig über Engpässe hinweg zu helfen und Investitionen zu ermöglichen.
Denn neben vielen schwächelnden Betrieben gebe es gebe auch prosperierende Betriebe, die ebenfalls Unterstützung aus der Politik nötig hätten, um den Weinbau in der Region voranzubringen.