EU-Gericht kippt Kommissionsbeschluss zu Starbucks

dpa Luxemburg. Ein Erfolg und ein Rückschlag: Mit ihren Beschlüssen zu unerlaubten Steuervorteilen großer Konzerne haben die EU-Wettbewerbshüter in den vergangenen Jahren viel Aufsehen erregt. Vor Gericht läuft nun aber nicht alles glatt. Kritiker fordern daher umfassende Steuerreformen.

Die US-Kaffeehauskette Starbucks hat nach einem Urteil des EU-Gericht nicht von unerlaubten Steuervorteilen in den Niederlanden profitiert. Foto: Ralf Hirschberger/zb

Die US-Kaffeehauskette Starbucks hat nach einem Urteil des EU-Gericht nicht von unerlaubten Steuervorteilen in den Niederlanden profitiert. Foto: Ralf Hirschberger/zb

Die US-Kaffeehauskette Starbucks hat nach einem Urteil des EU-Gericht nicht von unerlaubten Steuervorteilen in den Niederlanden profitiert.

Die Luxemburger Richter kippten eine entsprechende Entscheidung der EU-Kommission (Rechtssachen T-760/15, T-636/16). Bei einem ähnlichen Fall von Fiat in Luxemburg bestätigten die Richter dagegen den Beschluss der EU-Wettbewerbshüter. Nun werden erneut Rufe nach einheitlichen und transparenten Steuerregeln in Europa laut.

Die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker hatte sich den Kampf gegen Steuervermeidung großer Konzerne in den vergangenen fünf Jahren auf die Fahnen geschrieben. Zum einen legte sie eine Reihe von Gesetzesinitiativen vor. Zum anderen forderte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nach jahrelangen Ermittlungen einige Staaten auf, von Großkonzernen unerlaubte Steuervergünstigungen zurückzuholen.

In den aktuellen Fällen hatten die Wettbewerbshüter 2015 befunden, dass Starbucks in den Niederlanden unerlaubte staatliche Beihilfen und Steuervorteile in Millionenhöhe erhalten habe. Die Kommission kam zudem zu dem Schluss, dass auch die Fiat-Gruppe in Luxemburg illegale Steuervergünstigungen bekommen habe.

In beiden Fällen ging es um Rückforderungen von rund 20 bis 30 Millionen Euro. In ähnlichen Fällen ging die EU-Kommission auch gegen Amazon, Apple und Irland vor. Die Staaten und Unternehmen wehren sich vor Gericht gegen die Beschlüsse.

Das EU-Gericht kam nun zu dem Urteil, dass die Kommission bei Starbucks in den Niederlanden letztlich nicht verlässlich nachgewiesen habe, dass die Firma illegale Vorteile erhalten habe. Bei Fiat in Luxemburg wiesen die Richter hingegen die Beschwerden sowohl des Unternehmens als auch Luxemburgs zurück. Gegen die Urteile kann innerhalb von zwei Monaten vor dem letztinstanzlichen Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgegangen werden.

„Alle Unternehmen, groß und klein, sollten ihren gerechten Steueranteil zahlen“, sagte Vestager nun. Dieses Ziel könne nur durch eine Mischung aus Gesetzesänderungen, Einhaltung der Wettbewerbsregeln und einem Unternehmenskulturwandel erreicht werden. Die vorliegenden Urteile sollten nun erst einmal analysiert werden.

Von Nichtregierungsorganisationen und aus dem Europaparlament kamen Forderungen nach umfassenden Steuerreformen. „Fall-für-Fall-Ermittlungen sind nicht die Lösung für großangelegte Steuervermeidung“, sagte Oxfam-Steuerexpertin Chiara Putaturo. „Diese Urteile sind ein Weckruf für die EU.“

Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sagte: „Die Urteile zeigen den Handlungsbedarf für bessere EU-Gesetze gegen Steuervermeidung.“ Es brauche schärfere Regeln. „Durch die Gerichtsurteile werden die Stärken und Schwächen der EU-Beihilfevorschriften bei der Bekämpfung von Steuerdumping offensichtlich.“

Das niederländische Finanzministerium zeigte sich erfreut. „Diese Entscheidung bedeutet, dass die Steuerbehörde Starbucks nicht besser oder anders behandelt hat als andere Unternehmen“, teilte es in Den Haag mit. Die Regierung hatte jüngst erst angekündigt, bisher geltende günstige Steuerregelungen für multinationale Konzerne zu beenden. Bisher können diese Verluste im Ausland bei der Steuerbehörde in den Niederlanden geltend machen und ihre Steuer auf den Gewinn deutlich senken. So hatte der Öl-Konzern Shell etwa bestätigt, dass er von 2016 bis 2018 seine Gewinne nicht versteuern musste. Das war nach den geltenden Regeln legal.

Luxemburgs Regierung erklärte, sich konstruktiv an laufenden Reformdiskussionen beteiligen zu wollen.

Die gemeinsame Steuerpolitik in der EU ist traditionell ein Minenfeld, da einzelne Staaten Beschlüsse blockieren können. Ein Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung eines einheitlichen Bemessungssystems zur Besteuerung von Unternehmensgewinnen etwa ist versandet. Auch ein Vorschlag zur Einführung einer Digitalsteuer für große Internetkonzerne scheiterte am Widerstand Irlands und der skandinavischen Länder.

Im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der G20 arbeiten die führenden Industrienationen derzeit an einer umfassenden Reform des globalen Steuersystems. Eine Einigung soll im Jahr 2020 stehen.

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Erstellt:
24. September 2019, 20:22 Uhr

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