EU-Länder ebnen Weg für mehr Steuertransparenz

dpa Brüssel. Großen multinationalen Unternehmen wird oft vorgeworfen, extrem wenig Steuern zu zahlen. Künftig soll in Europa mehr Transparenz darüber herrschen - wenn der Plan umgesetzt wird.

In der EU könnte es bald mehr Steuertransparenz großer Unternehmen geben. Foto: picture alliance / Oliver Berg/dpa/Symbolbild

In der EU könnte es bald mehr Steuertransparenz großer Unternehmen geben. Foto: picture alliance / Oliver Berg/dpa/Symbolbild

Umsatzstarke Unternehmen in der EU könnten künftig zu deutlich mehr Steuertransparenz verpflichtet werden.

Bei einer Videokonferenz der nationalen Wirtschaftsminister am Donnerstag signalisierte eine Mehrheit Zustimmung für den Plan, Finanzbehörden zusätzliche Informationen zu grenzüberschreitenden Konzernstrukturen an die Hand geben zu können.

Bei dem sogenannten Public Country-by-Country-Reporting (CbCR) geht es darum, dass Firmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro pro Jahr dazu verpflichtet werden, Informationen über ihre Gewinne und Steuern öffentlich zu machen. Durch länderbezogene Berichte für multinational tätige Unternehmen und deren automatischer Austausch sollen Finanzbehörden besser prüfen können - so soll Steuervermeidung stärker entgegengewirkt werden. Nichtregierungsorganisationen begrüßten diesen Schritt - Wirtschaftsverbände übten Kritik.

Weil sich die Minister und ihre Vertreter am Donnerstag nur per Videokonferenz getroffen haben, konnte formell noch keine bindende Entscheidung getroffen werden. Es besteht jedoch der Plan, dies zeitnah nachzuholen und offiziell grünes Licht für die noch notwendigen Verhandlungen mit dem EU-Parlament zu geben.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) machte die Union dafür verantwortlich, dass sich Deutschland bei der Konferenz nicht offen dafür ausgesprochen hatte, das Vorhaben in dieser Form zu unterstützen. „Schade, dass sich ausgerechnet Deutschland bei der Abstimmung enthalten musste, weil unser Koalitionspartner diesen Schritt hin zu mehr Steuertransparenz partout nicht mitgehen will“, teilte er mit. Aus dem von CDU-geführten Wirtschaftsministerium hieß es, man habe Vertrauen darin, dass Finanzbehörden solche Informationen bereits nutzten, da sie ihnen schon zur Verfügung stünden.

Innerhalb der EU gibt es zudem unterschiedliche Rechtsauffassungen: Einige EU-Länder wie Luxemburg, Malta, Zypern und Irland sind der Meinung, dass Einstimmigkeit herrschen müsse, weil es um Steuerpolitik gehe. Die Mehrheit der Länder und die EU-Kommission vertreten dagegen den Standpunkt, dass es um Transparenz gehe und Steuerregeln nicht direkt geändert würden. Daher reiche eine qualifizierte Mehrheit.

Kritik kommt auch von Wirtschaftsverbänden. Der Verband der Automobilindustrie fürchtet, dass sensible Unternehmensdaten öffentlich werden könnten. Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) spricht von „erheblichen Wettbewerbsnachteilen“ für europäische Firmen.

Aus Sicht der Stiftung Familienunternehmen wäre ein öffentliches CbCR vor dem Europäischen Gerichtshof „wegen des unverhältnismäßigen Eingriffs in den Datenschutz und der Rechtsgrundlage für die Entscheidung auch angreifbar“. Sozialdemokratische und grüne Europapolitiker feierten die Entscheidung. So twitterte der grüne Finanzexperte Sven Giegold: „Das ist ein riesiger Erfolg gegen Steuervermeidung“.

© dpa-infocom, dpa:210225-99-594854/2

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Erstellt:
25. Februar 2021, 18:56 Uhr

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