Kampf gegen Klimawandel
EU-Parlament für Aufschub von Abholzungsgesetz
Die Konservativen im Europaparlament stimmen erneut mit den extrem-rechten Fraktionen für eine Abschwächung eines Umweltgesetzes.
© dpa/Fernando Llano
Das geplante und jetzt verschobene EU-Entwaldungsgesetz soll vor allem das Abholzen der Regenwälder verhindern. Allerdings hätte es auch weitreichende Auswirkung auf die Holzbauern in Deutschland.
Von Knut Krohn
Im Europaparlament schlagen die Emotionen hoch. Dass die Abgeordneten am Mittwoch in Straßburg mit einer Mehrheit von 402 zu 250 Stimmen für eine Verschiebung des umstrittenen EU-Entwaldungsgesetzes gestimmt haben, ist allerdings nur ein Grund. Für ebenso viel Aufregung sorgt, dass die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU erneut mit Unterstützung der rechten und extrem-rechten Fraktionen für die Gesetzesänderung votiert haben.
Empörung bei Grünen und Sozialdemokraten
„Die Konservativen verbünden sich wieder mit der extremen Rechten“, empört sich die Grünen-Europaparlamentarierin Anna Cavazzini. „Das ist kein Ausrutscher, das ist eine Strategie“, um die Anstrengungen der EU in Sachen Umweltschutz zu torpedieren, vermutet sie. Vor wenigen Tagen wurden bereits die hart umkämpften Veränderungen beim symbolträchtigen Lieferkettengesetz zum Rückbau von Ökoregeln für Europas Wirtschaft mit einer ähnlichen, rechten Mehrheit beschlossen. Die EVP „hat unsere ausgestreckte Hand für einen Kompromiss der pro-europäischen Kräfte ausgeschlagen“, kritisierte auch die SPD-Abgeordnete Delara Burkhardt.
Solche Vorwürfe will die CDU nicht auf sich sitzen lassen. Christine Schneider, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, betont deshalb, dass die Konservativen „in den Verhandlungen viele Angebote“ an die Gegenseite gemacht hätten. „Als CDU und CSU sind wir bestrebt, Mehrheiten in der Mitte zu finden“, sagt sie, „aber der Inhalt ist entscheidend. Ein Inhalt, der von fast allen EU-Mitgliedstaaten unterstützt wird, ist keine Extremposition.“ Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten verbietet den Verkauf von Produkten, deren Anbaugebiete nach 2020 abgeholzt wurden. Neben Kaffee, Kakao und Palmöl gilt dies auch für Soja, Kautschuk und Rindfleisch. Unternehmen sollen die Einhaltung mit Hilfe von satellitengestützten Ortsdaten in den Anbauländern sicherstellen und an Brüssel berichten. Die geplanten Vorschriften standen allerdings von Anfang an in der Kritik. Waldbesitzer und Unternehmen der Lebensmittelindustrie befürchten einen zu hohen Verwaltungsaufwand.
Unternehmen fürchten den Verwaltungsaufwand
Aus diesem Grund reagierte etwa der Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie äußerst erfreut auf die Abstimmung in Straßburg. „Der heutige Beschluss ist ein entscheidender Schritt, um die überbordende Bürokratie zu begrenzen und Verwerfungen in zahlreichen Branchen abzuwenden“, sagte Geschäftsführerin Julia Möbus am Mittwoch. Auch Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, spricht von einem „guten Abstimmungsergebnis“, das die „Marktteilnehmer vor unnötiger Bürokratie bewahrt“.
Der Umweltschutz könnte weiter ausgehöhlt werden
Was Grüne und Sozialdemokraten angesichts der Verschiebung noch höher auf die Palme treibt ist, dass in einer zweiten Stufe die Vorgaben des EU-Entwaldungsgesetzes weiter abgeschwächt werden könnten. Wie schon zuvor die Mitgliedstaaten sprach sich das EU-Parlament am Mittwoch auch für eine grundsätzlich Überarbeitung der Entwaldungsrichtlinie im kommenden Jahr aus. Dadurch soll das Gesetz weiter „vereinfacht“ werden. Die Umweltorganisation BUND spricht in diesem Zusammenhang allerdings von einem „klimapolitischen Offenbarungseid und Tiefpunkt europäischer Umweltpolitik“.
Auch kleine Unternehmen sollen verschont werden
Schon jetzt sollen zahlreiche Unternehmen aus der Verantwortung genommen werden. Eine solche Änderung hatte die EU-Kommission vorgeschlagen: Nur der erste Importeur auf den EU-Markt soll Angaben zur Herkunft der Produkte machen müssen und diese an seine Handelspartner weitergeben. Bisher sah das Gesetz eine Dokumentationspflicht für die gesamte Lieferkette vor. „Die Streichung der verpflichtenden Weitergabe von Referenznummern in der Lieferkette ist ein Meilenstein für eine praxistaugliche Umsetzung“, betont Julia Möbus vom Verband der Holzindustrie. Die Weitergabe hunderter Referenznummern würde nur die Bürokratie aufblähen, aber die Entwaldung nicht verhindern.
Doch es soll noch weitere Vereinfachungen geben. Die EU-Länder wollen, wie von der Kommission vorgeschlagen, kleinen Firmen die Umsetzung erleichtern. Anstatt jedes Produkt zu dokumentieren, sollen sie sich nur einmal registrieren müssen. Wenn ein kleines Unternehmen schon in einer nationalen Datenbank eines EU-Mitgliedslands ist, muss es sich nicht noch einmal bei der EU-Kommission anmelden.
