EU-Gipfel billigt Einreiseverbot in der Corona-Krise

dpa Brüssel/Berlin. Die USA haben vorgelegt - jetzt lässt auch die Europäische Union die meisten Bürger aus Drittstaaten nicht mehr hinein. Die EU-Staaten wollen alles versuchen, das Coronavirus und die Folgen einzudämmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine umgehende Umsetzung der Einreisebeschränkungen für Nicht-EU-Bürger nach Deutschland zugesagt. Foto: John Macdougall/AFP POOL/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine umgehende Umsetzung der Einreisebeschränkungen für Nicht-EU-Bürger nach Deutschland zugesagt. Foto: John Macdougall/AFP POOL/dpa

Die Europäische Union will mit sofortiger Wirkung für 30 Tage ein Einreiseverbot umsetzen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Darauf einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Videogipfel am Dienstagabend.

Zudem setzten sie ein starkes Signal zur Unterstützung der Wirtschaft: „Was immer nötig“ sei, werde gegen die Folgen der Krise getan, sagte EU-Ratschef Charles Michel.

Mehrere Regierungen hatten in den vergangenen Tagen einseitig Grenzkontrollen oder gar -schließungen verhängt, was zum Teil kilometerlange Staus und Frust verursachte. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen reagierte mit dem Vorschlag gemeinsamer Leitlinien für Grenzkontrollen, um Schwierigkeiten für Pendler, aber auch für Lkw-Fahrer zu mindern. Diese Leitlinien seien von den Staats- und Regierungschefs angenommen worden, sagte von der Leyen nach dem Videogipfel. „Jetzt müssen sie umgesetzt werden.“ Die EU müsse den Warenverkehr im Binnenmarkt unbedingt am Laufen halten.

Um die Binnengrenzen offener zu halten, vereinbarten die EU-Staaten im Gegenzug Einreisebeschränkungen für Bürger der allermeisten Nicht-EU-Staaten. Die Regelung solle zunächst für 30 Tage gelten und die Ausbreitung des Virus begrenzen. „Deutschland wird das sofort umsetzen“, sagte Merkel. Wie das Bundesinnenministerium am Dienstagabend mitteilte, betrifft das Verbot alle Flüge und Schiffsreisen, die ihren Ausgangspunkt außerhalb der EU haben. Ausnahmen gibt es für Staatsangehörige Norwegens, der Schweiz, Liechtensteins, Islands sowie Großbritanniens.

Auch die wirtschaftlichen Folgen der Krise machen der EU inzwischen schwer zu schaffen. Immer mehr Firmen geraten durch Laden- und Werksschließungen massiv unter Druck. Die Börsen brechen ein. Die EU-Kommission rechnet mit einer Rezession. Nicht nur Michel, sondern auch von der Leyen versuchten deshalb, eine starke Botschaft zu setzen. „Wir werden alles tun, was notwendig ist“, sagte die Kommissionschefin. „Wir werden nicht zögern, weitere Maßnahmen zu treffen.“

Die EU-Staats- und Regierungschefs unterstützten damit ausdrücklich die Linie ihrer Finanzminister. Schon jetzt haben die Staaten der Eurozone Schätzungen zufolge mehr als eine Billion Euro an Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt. Die EU-Kommission hatte zudem ein Maßnahmenbündel auf europäischer Ebene vorgeschlagen, darunter eine Investitionsinitiative im Wert von 37 Milliarden Euro, die Aktivierung von 28 Milliarden Euro aus den EU-Strukturfonds und die Absicherung von Krediten der Europäischen Investitionsbank für bis zu 100 000 europäische Firmen.

Teil des Pakets ist die vorübergehende Lockerung von EU-Beihilferegeln. Damit sollen die EU-Staaten freie Hand bekommen, je Firma bis zu 500 000 Euro direkte Finanzhilfe oder Steuerstundung zu geben. Die Staaten dürften demnach auch Garantien für Kredite abgeben und Zinsen subventionieren.

Beim Videogipfel unterstützten die 27 Staaten auch die Bemühungen der EU-Kommission um eine gemeinsame Beschaffung dringend benötigter Schutzkleidung für medizinisches Personal. Und sie bekannten sich, dazu, die Forschung an Medikamenten und einem Impfstoff rasch voranzutreiben. „Wir haben betont, wie wichtig es ist, Informationen auszutauschen und einen Impfstoff zu entwickeln und ihn allen zur Verfügung zu stellen, die ihn brauchen“, heißt es im Abschlusspapier des Videogipfels.

Die EU-Länder taten sich insgesamt bisher schwer, eine gemeinsame Linie gegen die Ausbreitung der neuen Krankheit Covid-19 zu finden. Schon vorige Woche hatten sich Merkel und ihre EU-Kollegen per Videokonferenz abgestimmt. Die meisten Regierungen verhängten danach dennoch einseitige und unterschiedliche Maßnahmen. Noch ist auch der Grad der Ausbreitung des Coronavirus verschieden. Am härtesten betroffen ist Italien. Offiziell hatte die EU-Seuchenbehörde ECDC bis Dienstag mehr als 63 000 Infektionen und mehr als 7000 Todesfälle durch das neuartige Coronavirus registriert.

Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, während einer Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G7. Foto: Olivier Matthys/AP/dpa

Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, während einer Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G7. Foto: Olivier Matthys/AP/dpa

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Erstellt:
17. März 2020, 20:39 Uhr

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