Europäer könnten Europawahl für Denkzettel nutzen

Nach einer Studie würden davon vor allem extreme Parteien profitieren

Berlin /AFP - Die Wähler könnten die bevorstehende Wahl zum Europäischen Parlament für einen Denkzettel an die Politik nutzen: Einer europaweiten Umfrage unter mehr als 20 000 Wahlberechtigten zufolge wollen viele Europäer ihre Wahlentscheidung weniger an der Zustimmung zu einer bestimmten Partei als an der Ablehnung anderer Parteien ausrichten. Profitieren könnten davon die extremen und europakritischen Parteien, heißt es in der Erhebung der Bertelsmann-Stiftung.

Die Anhänger der Parteien an den politischen Rändern sind der Umfrage zufolge stärker mobilisiert als jene der politischen Mitte, die derzeit „noch etwas wahlmüde“ erscheinen. Für die Studie wurden in zwölf europäischen Ländern 23 725 Wahlberechtigte befragt. Zwar wollen demnach gut zwei Drittel aller Befragten an der EU-Wahl teilnehmen – in Deutschland sogar fast drei Viertel der Wahlberechtigten. Doch bei ihrer Wahlentscheidung könnten sich viele Europäer demnach von einer Antihaltung gegen Parteien leiten lassen. Im Durchschnitt aller Parteien identifizieren sich laut Untersuchung nur etwa sechs von 100 Wahlberechtigten (6,3 Prozent) positiv mit einer Partei. Dagegen hat fast jeder Zweite (49 Prozent) eine negative Parteiidentität – das heißt, er lehnt eine oder sogar mehrere Parteien vollständig ab. „Viele Bürger entscheiden sich nicht mehr für eine Partei, sondern wählen gegen solche Parteien, die sie am stärksten ablehnen“, erklärte der Mitautor der Studie und Demokratieexperte der Bertelsmann-Stiftung, Robert Vehrkamp. Angesichts der starken Mobilisierung europakritischer Parteien werde die Höhe der Wahlbeteiligung „für das Wahlergebnis und die Zukunft Europas entscheidend sein“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Aart De Geus. Europa brauche arbeitsfähige Mehrheiten im neuen Europäischen Parlament: „Die Mobilisierung der überwiegend proeuropäischen Mitte ist dafür eine wichtige Voraussetzung.“ Die Studie zeigt nach Angaben der Autoren auch, dass sich die Populisten nur in ihrer EU-Skepsis und Demokratiekritik einig sind.

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Erstellt:
27. April 2019, 03:12 Uhr

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