Ex-Freundin und Kind umgebracht: Prozessauftakt in Stuttgart

dpa Stuttgart. Nahe Stuttgart findet die Polizei die Leichen einer Frau und ihrer Tochter in deren Wohnung. Der Ex-Partner der Mutter gesteht die Bluttat. Und er soll sogar noch einen Mord geplant haben. Nun steht der Mann vor Gericht.

Der Angeklagte sitzt zu Beginn des Prozesses in einem Saal des Stuttgarter Landgerichts. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Der Angeklagte sitzt zu Beginn des Prozesses in einem Saal des Stuttgarter Landgerichts. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Als der Staatsanwalt die Nacht der Tat beschreibt, bricht der mutmaßliche Mörder auf der Anklagebank in Tränen aus, vergräbt zunächst sein Gesicht hinter den Händen, dann legt er den Kopf auf seine Arme auf dem Tisch.

Seine frühere Freundin soll er ermordet haben, deren Tochter ebenfalls, bei seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau habe er es auch versucht, wirft ihm der Ankläger vor.

Doppelmord und ein weiterer versuchter Mord also. Aber warum der 36-Jährige im vergangenen Juni in Allmersbach im Tal (Baden-Württemberg) zuschlug und zustach, dass muss das Landgericht Stuttgart nach dem Prozessauftakt am Dienstag in den kommenden Monaten erst noch klären. Zumindest am ersten Tag äußerte sich der angeklagte Deutsche nicht zu den Vorwürfen. Das will er später aber nachholen. Die Tat hatte der Mann allerdings bereits in einem Verhör nach seiner Festnahme eingeräumt.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann aus Frust über das Ende seiner Beziehung, aus Eifersucht und auch aus Hass gemordet haben. Nach dem Scheitern der mehrmonatigen Beziehung zu dem späteren, 41 Jahre alten Opfer habe er kurz neue Hoffnung geschöpft, sei aber enttäuscht worden, als er die Frau mit einem anderen Mann auf ihrer Terrasse gesehen habe. Daraufhin sei er nach Hause gefahren, zurückgekehrt und habe die Frau mit einer Holzlatte auf den Kopf geschlagen, bevor er ihr mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten habe. Mit der Latte und dem Messer soll er danach auch die schlafende Tochter (9) der Frau im Bett ermordet haben, weil er sie für das Beziehungs-Aus verantwortlich gemacht habe.

Die getrennt lebende Ehefrau habe den anschließenden Mordversuch nur überlebt, weil es dem Angeklagten nicht gelungen sei, in ihre Wohnung in Gaildorf einzudringen. Dieser Frau soll er vorgeworfen haben, sie abzulehnen und durch das Scheidungsverfahren zu erniedrigen.

Die Tat von Allmersbach im Tal ist keineswegs ein Einzelfall. Das Leben von Frauen wird nicht selten durch ihre ehemaligen Ehemänner oder Partner gefährdet. Allein in Baden-Württemberg sind nach der Kriminalstatistik der Polizei im vergangenen Jahr 371 Menschen getötet oder verletzt worden. Etwa jeder vierte davon war mit dem oder der Tatverdächtigen verwandt oder verheiratet, einige lebten auch in einer Beziehung. Laut Polizei starben 29 Menschen durch einen gewalttätigen Verwandten oder Partner, weitere 12 durch einen Bekannten oder eine Bekannte.

Nach einer Schätzung des deutschen Psychiaters Andreas Marneros sind die Täter bei sogenannten Intimiziden zu 80 Prozent Männer. Sie töteten vor allem, wenn eine langjährige Partnerschaft zu Ende gehe. „Wenn sich eine Ehe oder Beziehung auflöst oder zu scheitern droht, erschüttert dies insbesondere die Selbstdefinition jenes Partners, der stärker auf die Partnerschaft fixiert ist“, schreibt Marneros in einem Beitrag für das Buch „Profile & Co“ (Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh). Gefühle wie Eifersucht, Depression, Suizidgedanken oder Aggressionen nähmen zu, je weniger alternative Quellen der Selbstdefinition ein Mensch habe. Ein Täter müsse dann weder kriminelle Neigungen besitzen noch ein problematisches Umfeld.

© dpa-infocom, dpa:201215-99-699721/2

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Erstellt:
15. Dezember 2020, 13:26 Uhr

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