Genuas Bürgermeisterin
Ex-Hammerwerferin mit politischen Ambitionen
Die zwei starken Frauen Italiens – Regierungschefin Giorgia Meloni und Oppositionsführerin Elly Schlein – haben Konkurrenz bekommen: Silvia Salis

© dpa/Bernd Thissen
2015 beendete Silvia Salis ihre Sportkarriere und stieg in die Politik ein.
Von Dominik Straub
Silvia Salis ist eine Power-Frau - nicht nur im übertragenen, sondern auch im wörtlichen Sinn: Sie war zehnmal italienische Meisterin im Hammerwerfen und zweifache Olympiateilnehmerin. Nach ihrem Abschied aus dem Wettkampfsport wurde sie Vizepräsidentin des nationalen olympischen Komitees Italiens. Dann hat die Tochter eines kommunistischen Vaters – der als Platzwart in der Sportanlage in Genua gearbeitet hat, wo sie einst trainierte – die Politik entdeckt. Als Spitzenkandidatin der zuvor zerstrittenen Linken bei der Bürgermeisterwahl in Genua gelang es ihr Ende Mai, die einstige rote Hochburg wieder zu erobern, nachdem diese acht Jahre lang von den Rechten regiert worden war. Und das als politische Quereinsteigerin und im ersten Wahlgang.
Seither steht sie unter Beobachtung. Das liegt zum Teil an ihrem gewinnenden Äußeren und an der vergangenen sportlichen Glorie, aber bei weitem nicht nur. Salis hat als Bürgermeisterin vom ersten Tag an politische Zeichen gesetzt, zum Beispiel indem sie 7 der 12 Posten in der Stadtregierung mit Frauen besetzte. Anschließend verfügte sie, dass die städtischen Aufträge Genuas nur noch an Unternehmen vergeben werden, die einen Mindestlohn von neun Euro garantieren – eine Forderung, die die linke Opposition auch auf nationaler Ebene stellt, die aber von der rechtsnationalen Regierungschefin Giorgia Meloni strikt abgelehnt wird. Und als die von Greta Thunberg angeführte Gaza-Hilfsflotte in Genua Station machte, zog sich Salis die Bürgermeister-Schärpe in den Nationalfarben über, um den Aktivisten ihre Solidarität zu bekunden und den „Genozid“ im Gazastreifen zu verurteilen.
Medien berichteten über 40. Geburtstag
Als Salis am Donnerstag mit 200 Gästen ihren 40. Geburtstag feierte, berichteten alle nationalen Medien darüber. Der sonst nüchterne „Corriere della Sera“ huldigte ihr mit folgenden Worten: „Silvia Salis ist tough, ambitioniert, frisch, neu, selbstsicher, brillant, schlau, schön, blond, unerschrocken, draufgängerisch und kompetitiv.“ Eine Superheldin. Und natürlich wird sie in Rom längst auch als mögliche zukünftige Regierungschefin gehandelt, anstelle von Giorgia Meloni. Das würde aber auch bedeuten, dass Salis zuerst PD-Chefin Elly Schlein abservieren müsste: Diese ist als Oppositionsführerin bei den nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2027 theoretisch als Spitzenkandidatin der Linken gesetzt.
Die Hochgelobte selber lässt sich auf die Spekulationen über ihre politische Zukunft nicht ein und sagt, dass nun erst einmal Bürgermeisterin von Genua sein wolle. Gleichzeitig setzt sie Zeichen Richtung Rom. Während Meloni als Regierungschefin die Registrierung von Kindern gleichgeschlechtlicher Paare erschwert hat, marschiert Salis mit der Trikolore bei der Gay Pride von Genua mit.
Doch zuerst muss Salis Elly Schlein gefährlich werden. In den kommenden Wochen werden in sieben Regionen (Marken, Kalabrien, Toskana, Veneto, Kampanien, Apulien und Aosta-Tal) Wahlen stattfinden. Sollten diese für die Opposition mit einer Enttäuschung enden, wäre die Autorität der PD-Chefin als Oppositionsführerin und Herausforderin Melonis angekratzt. Schon heute bezweifeln viele Moderate in der PD, dass man mit der oft etwas elitär wirkenden Schlein die populäre und bodenständige Meloni wird schlagen können.
Und so arbeitet unter anderem der frühere PD-Chef und Ex-Premier Matteo Renzi, der inzwischen seine eigene Mitte-Partei gegründet hat, mehr oder weniger offen an einer neuen Mitte-Links-Koalition, die bei der Parlamentswahl mit Silvia Salis als Spitzenkandidatin und Aushängeschild antreten soll. Sein Argument: Salis hat bei der Bürgermeisterwahl in Genua schon einmal genau das geschafft, was Schlein bisher noch bei keiner Wahl gelungen ist: Bürgerinnen und Bürger für sich zu gewinnen, die normalerweise nicht links wählen.