Fachkräftemangel macht Planungsbehörden zu schaffen

dpa Berlin. In Deutschland muss und soll viel gebaut werden: neue Bahnstrecken, Radwege, Stromleitungen und Windräder. Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern aber oft lange. Und die Personaldecke ist dünn.

Bauingenieure fehlen aufgrund des Baubooms. Foto: Markus Scholz/dpa

Bauingenieure fehlen aufgrund des Baubooms. Foto: Markus Scholz/dpa

Beim Ausbau der Infrastruktur macht vielen Bundesländern und Kommunen ein Fachkräftemangel beim Planungspersonal zu schaffen.

Angesichts des Baubooms gibt es bei ausgeschriebenen Stellen zum Beispiel für Bauingenieure oft nur wenig Bewerber, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Der Markt sei „leer gefegt“, hieß es.

Die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte, eine „mangelnde Personalausstattung“ in den Verwaltungen von Ländern und Kommunen verlängere Planungs- und Prüfungsprozesse. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte, die Kommunen stünden im Wettbewerb um Fachkräfte: „Bereits heute fehlen IT-Spezialisten, Ingenieure und weitere Fachkräfte in der Verwaltung.“

Ausreichend geeignete Fachkräfte bei der Bauplanung zu finden, sei angesichts des Baubooms schwierig, weil auch die Bauindustrie geeignete Bewerber brauche. Zugleich seien die Herausforderungen an die Verwaltung durch komplexere Verfahren gestiegen.

Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hieß es, nach den Erfahrungen der Branche sei eine unzureichende personelle Ausstattung der Planungs- und Genehmigungsbehörden ein „entscheidender Engpass“, Infrastruktur- und sonstige Baumaßnahmen überhaupt umzusetzen. „Gelder stehen mittlerweile durchaus zur Verfügung - wegen des vielfachen Planungs- und Genehmigungsstaus von Infrastruktur- und Baumaßnahmen verzögert sich aber vielfach deren Umsetzung und werden die Mittel nicht abgerufen.“ Eine lange Zeit des "Investitionsstaus" und der zurückhaltenden öffentlichen Bautätigkeit habe dazu geführt, dass auf allen staatlichen Ebenen massiv das Personal der Planungsbehörden abgebaut worden sei.

Rehlinger, auch Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder, sagte, Bund, Länder und Kommunen müssten deutlich mehr in die Infrastruktur investieren. Zur Wahrheit gehöre aber auch: „Geld allein hilft nicht viel, wenn vor Ort Planungskapazitäten und Baufirmen nicht ausreichen.“ Um diese schrittweise aufbauen zu können, müssten sich Länder und Kommunen auf ein höheres Investitionsniveau des Bundes auf Dauer verlassen können.

Dazu müssten Planungs- und Prüfungsabläufe für Straßen, Schienen und Radwege sowie für Windräder und Gewerbegebiete „entschlackt und entbürokratisiert“ werden, damit die Abläufe schneller werden, ohne zum Beispiel Umweltaspekte zu vernachlässigen. Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Planungsverfahren zu beschleunigen, und plant weitere Schritte.

Die Personallage in den Ländern aber ist derzeit oft angespannt. Vor allem für Stellen für Bauingenieure oder IT-Spezialisten fehlten Bewerber, hieß es zum Beispiel beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Sachsen. Bisher habe zwar nur eine einzige Stelle dauerhaft unbesetzt bleiben können. „Aber unbesetzte Stellen über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kommen vor“, so ein Sprecher. In den kommenden Jahren seien erheblich mehr Neueinstellungen notwendig. Die Zahl der Berufsanfänger decke längst nicht die Zahl derer ab, die in Rente gehen.

Auch ein Sprecher des Bauministeriums in Bayern sagte, zwar sei die die Personallage in den nachgeordneten Behörden derzeit ausreichend. Da in den nächsten Jahren aber die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gingen, müsse man sich anstrengen, um das Niveau halten zu können. Nötig seien beispielsweise spezielle Kampagnen.

Einen Baustillstand wegen Personalmangels habe es bisher noch nicht gegeben, hieß es etwa beim Verkehrsministerium in Sachsen. Dies deckt sich mit den Aussagen aus anderen Ländern: Großprojekte sind demnach wegen der Personallage nicht ins Stocken geraten.

Auch in Bremen zum Beispiel aber gibt es Probleme, geeignetes Personal zu finden. „„Wir haben in Deutschland derzeit einen massiven Bauboom“, sagte der Sprecher des Ressorts für Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Jens Tittmann. „Das führt dazu, dass wir einen Fachkräftemangel haben. Der Markt ist leer gefegt.“ Der Personalmangel sei aber nicht dramatisch, die Dreimonatsfrist für die Bearbeitung von Bauanträgen werde eingehalten.

Auch den Behörden in Schleswig-Holstein macht fehlendes Personal bei der Planung von Straßenbauvorhaben zu schaffen. „Gut 15 Prozent der Stellen in den Planungsbehörden sind unbesetzt“, sagte Verkehrsstaatssekretär Thilo Rohlfs. Die Zahl qualifizierter Bewerber habe spürbar abgenommen. Auf eine offene Stelle hätten sich im vergangenen Jahr pro Verfahren durchschnittlich 2,5 Bauingenieure und 1,25 Techniker beworben.

Die Landesregierung habe gegen den Fachkräftemangel in den technischen Berufen ein Konzept beschlossen - dieses sieht vor, dass verstärkte Zulagen gezahlt werden, um Nachteile des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder zu anderen Tarifverträgen auszugleichen. Mehr Stellen soll es etwa in Brandenburg geben, wie das Infrastruktur-Ministerium mitteilte. Vor allem Ingenieure und Planer fehlten.

Beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hieß es, wegen der knappen Personaldecke in den kommunalen Bauverwaltungen dauerten Planungs- und Genehmigungsprozesse oft sehr lange. Inga Stein-Barthelmes, Geschäftsbereichsleiterin Politik, sagte, außerdem seien die Planungen teilweise fehlerhaft. „Hier muss dringend wieder Personal aufbaut werden.“

Die Anforderungen an Planunterlagen seien in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, sagte eine Sprecherin des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums. Das betreffe nicht nur das Umweltrecht, sondern auch die technische Fachplanung. Auch weil Bund, Land und Kommunen mehr Geld in den Straßenbau steckten, brauche es mehr Ingenieurleistungen beim Landesbetrieb Mobilität. Dafür seien neue Stellen geschaffen worden: „Dennoch können Kapazitätsengpässe auftreten, da insgesamt nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung steht.“

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Erstellt:
4. März 2020, 04:43 Uhr

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