Fahrradfahrer fordern mehr Sicherheit
Ein Zeichen setzen für sicheres Fahrradfahren – das ist die Absicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fahrraddemo in Backnang. Mit ihrer Tour durch die Stadt am Samstag weisen sie auf einige Straßenabschnitte im Stadtgebiet hin, die für Radler besonders gefährlich sind.

© Alexander Becher
Die Radlerinnen und Radler waren am Samstag im Pulk durch die Innenstadt unterwegs, geschützt von der Polizei, um auf ihre Ziele aufmerksam zu machen. Fotos: A. Becher
Von Annette Hohnerlein
Backnang/Weissach im Tal. Es kamen deutlich mehr als die 30 bis 50 Teilnehmer, die Veranstalter Jürgen Ehrmann angemeldet hatte. Über 70 Radler begrüßten der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Backnang (ADFC) und sein Mitstreiter Bertram Ribbeck vom Klimaentscheid Backnang am Backnanger Bahnhof. Bei strahlendem Sonnenschein und frischen Temperaturen waren Einzelfahrer, Paare und Familien gekommen, die Kleinsten dick eingepackt im Lastenfahrrad, die größeren Kinder selbstständig unterwegs. Mindestens acht Jahre mussten die Teilnehmer alt sein, so die Vorgabe des Ordnungsamts.
Mit dem eigenen Fahrrad dabei sind Eveline und Annika, acht und zehn Jahre alt, zusammen mit ihren Eltern. Die vierköpfige Familie macht regelmäßig Ausflüge in der Umgebung; die 20 Kilometer bis Aspach und zurück schaffen die beiden Mädchen schon locker, erzählen Torben und Maren Freisinger. Kurzfristig haben sich auch Eva und Ralf Neumaier entschlossen, zu kommen. „Eigentlich hätten wir genug anderes zu tun“, sagen sie, „aber wir wollten ein Zeichen setzen.“
„Sicher mit dem Rad in Backnang“: Unter dieses Motto haben die Organisatoren vom ADFC und vom Klimaentscheid Backnang die Veranstaltung gestellt. Denn, wie es in einer Pressemitteilung heißt: „Nur mit sicheren Routen wird man mehr Menschen aufs Rad bringen, um zur Arbeit oder zum Einkauf in die Innenstadt zu kommen.“ Die Aktion fand in Form einer sogenannten „Critical Mass“ (kritische Masse) statt. Darunter versteht man seit den 1990er-Jahren eine weltweite Bewegung, mit der Fahrradfahrer auf ihre Interessen aufmerksam machen, indem sie in großen Pulks durch die Innenstädte fahren. Im Umkreis gab es derartige Veranstaltungen schon in Stuttgart, Schorndorf und Fellbach.
Gesichert von Polizei und Ordnern fuhr die Gruppe zunächst zum Aldi-Parkplatz am Murrufer, um eine Delegation aus Weissach im Tal abzuholen. Anschließend fuhr man im geschlossenen Verband diejenigen Strecken im Stadtgebiet ab, die für Radfahrer besonders gefährlich sind. Das sind in erster Linie die Ausfallstraßen, erklärt Jürgen Ehrmann; zum Beispiel die Stuttgarter, die Aspacher und die Sulzbacher Straße, außerdem die Gartenstraße mit ihren vielen Einfahrten und Verkehrsinseln und die Weissacher Straße. Letztere sei eine „Katastrophe pur“, so Ehrmann.
Im Innenstadtbereich seien die Eduard-Breuninger-Straße und Teile der Talstraße problematisch. Der Grund: Auf diesen Strecken geht es besonders eng zu, dort ist es für Autofahrer schwierig, einen Fahrradfahrer zu überholen, ohne ihm gefährlich nahe zu kommen. Der gesetzlich vorgeschriebene Abstand von 1,5 Metern wird oft nicht eingehalten, so Ehrmann.
Das ist auch der Anlass für eine weitere Initiative des ADFC in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung. Mit gelben Bannern soll an den neuralgischen Strecken und in der Nähe von Schulen auf den seitlichen Sicherheitsabstand beim Überholen von Zweirädern hingewiesen werden. 15 bis 20 Stück sollen in den nächsten Tagen im Stadtgebiet aufgehängt werden. „Dabei machen viele diesen fairen Bogen“, betont Ehrmann. Aber ein einziger unvorsichtiger Autofahrer könne eben für einen Radler einer zu viel sein.
Bertram Ribbeck ist es wichtig, zu betonen, dass sich die Aktion nicht gegen die Autofahrer richtet. Das Ziel sei vielmehr eine Entwicklung von einer autogerechten hin zu einer menschengerechten Stadt und damit zu mehr Gleichberechtigung zwischen den Verkehrsteilnehmern. „Eigentlich müssten sich die Autofahrer über jeden Radfahrer freuen“, bemerkt er schmunzelnd, „denn mehr Radfahrer bedeuten weniger Stau.“
Fahrraddemo Am Samstag, 2. April, ist die nächste Critical-Mass-Fahrraddemo geplant. Sie führt von Backnang ins Weissacher Tal und wieder zurück. Treffpunkt ist um 11 Uhr bei der Fahrradabstellanlage am Backnanger Bahnhof. Informationen findet man auch auf dem Tourenportal des ADFC unter https://bit.ly/3IPtfj9.
© Alexander Becher
Über 70 Radler begrüßten Jürgen Ehrmann (ADFC-Vorsitzender) und sein Mitstreiter Bertram Ribbeck (Klimaentscheid Backnang) am Backnanger Bahnhof zur Zweiradaktion.