„Ferienjobs sind wertvolle Erfahrungen“

Die Kirchberger Amy Metzner, Katharina Wolf und Henrik Sontheimer berichten über die Vor- und Nachteile des Geldverdienens

Kinder und Geld – das ist ein Thema, das immer wieder zu Diskussionen führt. Für gewöhnlich sind die Kinder nicht mit der Höhe des Taschengelds zufrieden (irgendjemand bekommt immer mehr) und überhaupt sind die Eltern der besten Freundin viel großzügiger, während man selbst dahindarbt. Eine mögliche Lösung, an etwas mehr „Kohle“ zu kommen, besteht darin, sich etwas dazuzuverdienen.

Amy Metzner ist bei Wind und Wetter mit ihrem Wägelchen unterwegs. Foto: S. Schneider-Seebeck

Amy Metzner ist bei Wind und Wetter mit ihrem Wägelchen unterwegs. Foto: S. Schneider-Seebeck

Von Simone Schneider-Seebeck

BACKNANG/KIRCHBERG AN DER MURR. Ab 13 Jahren dürfen Kinder leichtere Tätigkeiten ausführen. Prospekte austragen ist da etwa eine beliebte Tätigkeit. Fast wöchentlich liest man in Tages- oder Wochenzeitungen, dass Austräger ab 13 Jahren händeringend gesucht werden.

Dafür hat sich Amy Metzner entschieden. Die 14-Jährige kam über das Amtsblatt ihrer Heimatgemeinde zu ihrem Job. Und nun trägt sie bereits seit einem Jahr jeden Samstag in ihrem Bereich in Kirchberg Werbung aus. „Meine Mama hat bei der Agentur angerufen“, verrät das Mädchen, denn ihrer Mutter war es wichtig, dass sie sich selbst etwas dazuverdient. „Wenn man sich etwas kauft, schätzt man es mehr, wenn man sich das Geld dafür selbst erarbeitet hat“, findet Amys Mutter Melina. Macht es ihr denn nichts aus, dass man bei Wind und Wetter losziehen muss? „Ich bin wetterhart“, so die Schülerin. „Und ich finde es gut, wenn man an der frischen Luft ist.“ Manchmal, so verrät sie, gibt es auch etwas Trinkgeld. Das motiviert natürlich, wenn die Arbeit auch von anderen geschätzt wird.

Auf ihrer Tour kommt sie zudem in Kontakt mit den Bürgern des Orts und besonders die Älteren freuen sich, wenn man sich ihnen gegenüber höflich und hilfsbereit zeige. Größer dürfte ihre etwa einstündige Runde jedoch nicht sein. Etwas besser könnte es mit der Urlaubs- und mit der Krankheitsvertretung geregelt sein, denn darum muss sich Amy selbst kümmern. Andererseits ist das auch eine verantwortungsvolle Aufgabe.

Kinder ab 13 Jahren dürfen leichtere Tätigkeiten ausführen

Im Rahmen der Schule hat Amy bereits zwei Praktika gemacht, einmal im Kindergarten und einmal im örtlichen Einkaufsmarkt. Ihre Mutter ist sich ziemlich sicher, dass es damit nicht so gut geklappt hätte, wenn sie nicht schon das Arbeiten gewöhnt wäre. Daher sieht sie den Nebenjob als wichtige Vorbereitung für das spätere Berufsleben an, nicht nur wegen des Gelds, sondern auch wegen der Selbstorganisation und der Selbstständigkeit. Außerdem lerne man auch, mit Kritik umzugehen, beispielsweise wenn man ein Haus vergessen habe. „Eltern sollten mehr darauf achten, dass Kinder so etwas tun“, findet Melina Metzner.

Genauso sieht das die Familie von Katharina Wolf. Die 16-Jährige hat gerade ihren Realschulabschluss erfolgreich hinter sich gebracht und wird im Sommer für zwei Wochen bei der Firma Dürr in Bietigheim-Bissingen jobben. Das hat sie bereits im letzten Jahr gemacht. Diese Ferienjobs gibt es ausschließlich für Mitarbeiterkinder und im letzten Jahr hat ihr Vater sie auf die Idee gebracht, sich für so eine Stelle zu bewerben. Sie hat die Zeit in der Marketingabteilung mit Archivieren, Scannen, Zählen und Sortieren verbracht und fand das eine tolle Erfahrung: „Man hat sich sehr erwachsen gefühlt dort. Und wenn ich die Arbeiten nicht gemacht hätte, dann hätten das die anderen machen müssen, die noch andere wichtige Dinge zu erledigen hatten. Ich bereue es kein bisschen, dass ich den Job gemacht habe.“ Unbekannt war ihr die Firma vorher auch nicht, sie hat schon beim ein oder anderen Tag der offenen Tür reingeschnuppert und verrät: „Früher war mein Traumjob Sekretärin bei Dürr.“

Ihren Eltern sei es wichtig, dass man selbstständig werde. Es wurde bei ihr und ihrer jüngeren Schwester schon immer so gehandhabt, dass man etwas dafür tun musste, wenn man einen besonderen Wunsch hatte. So hatte sie sich durch Hilfe im Haushalt etwas Geld verdient, um sich ihr erstes Handy leisten zu können. „Wir haben schon fast darum gestritten, wer staubsaugen durfte“, grinst sie.

In ihrem Freundeskreis verdient sich auch der ein oder andere etwas dazu, aber „viele bekommen auch alles von ihren Eltern“, meint sie. „Ich denke, viele nutzen die Chancen nicht, weil es ihnen zu anstrengend ist.“ Auch ihr fällt es nicht ganz so leicht, morgens früh mit dem Vater zusammen in die Firma loszufahren, aber hinterher ist sie dann doch stolz auf sich. Und sie freut sich schon auf den nächsten Ferienjob. „Da verdient man schon ganz schön viel Geld“, findet Katharina.

„Es ist wertvoll, verschiedene Berufe kennenzulernen“

Vater Martin Wolf hat als Kind und Jugendlicher auch schon mitangefasst. Wobei es für ihn als Sohn eines Elektromeisters mit kleinem Handwerksbetrieb schon immer einfach dazugehört hat. „Für uns war der Samstag schon immer ein Arbeitstag“, berichtet er. Das Auto putzen, ausräumen, im Garten helfen, das Lager aufräumen, das gehörte früher einfach dazu. Ein paar Mark konnte er sich so auch schon dazuverdienen. Und das war für ihn rückblickend eine gute Erfahrung. Reichtümer lassen sich nicht verdienen, aber sowohl die Eltern als auch die befragten Jugendlichen sind sich darin einig, dass ein Nebenverdienst viele Vorteile hat, besonders in Bezug auf den Umgang mit dem selbst hart erarbeiteten Geld wie auch für das spätere Berufsleben, wie etwa Henrik Sontheimer festgestellt hat: „Man lernt den Arbeitsalltag kennen und es ist sehr wertvoll, verschiedene Berufe kennenzulernen“, fasst der Kirchberger Student seine Erfahrungen mit Ferienjobs zusammen.

Info
Jugendarbeitsschutzgesetz regelt die Möglichkeiten

Für Kinder unter 13 Jahren gilt ein generelles Arbeitsverbot. Ausnahmen sind eine verordnete Beschäftigungs-/Arbeitstherapie, ein Betriebspraktikum oder eine Beschäftigung aufgrund einer richterlichen Weisung.

Ab 13 Jahren dürfen Kinder mit Erlaubnis der Eltern eine leichte Tätigkeit ausführen, sofern Gesundheit, Sicherheit, Entwicklung und Schulbesuch nicht darunter leiden. Bis zu zwei Stunden täglich sind erlaubt, keine Arbeit zwischen 18 und 8 Uhr.

Ab 15 Jahren dürfen Jugendliche bis zu 8 Stunden täglich, bis zu 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden, höchstens vier Wochen im Jahr; haben die Jugendlichen bereits einen Schulabschluss, dürfen sie bis zu 50 Tage im Jahr oder zwei Monate hintereinander jobben. Zudem gibt es je nach Alter für Jugendliche noch gesonderte Regelungen bezüglich der Uhrzeiten und der Wochen- und Feiertage, an denen sie beschäftigt sein dürfen. Der komplette Gesetzestext findet sich auch unter www.gesetze-im-internet.de.

Wo gibt es Schülerjobs und wie viel kann man verdienen? In Tages-, Wochenzeitungen, im Amtsblatt oder auch auf Flyern werden Ferienjobs oder Zusatzverdienste für Schüler angeboten, zum Beispiel Prospekte austragen, in der Gastronomie, in der Produktion.

Gern werden Ferienjobs intern vermittelt, es hilft also, wenn man sich bei Bekannten umhört, ob es an deren Arbeitsort Schülerjobs gibt. Sucht man einen Job als Babysitter oder möchte man Nachhilfe geben, kann man entsprechende Flyer an Kindergärten oder Schulen aufhängen. Oft freuen sich auch Bekannte und Nachbarn über Hilfe im Haushalt, Garten oder beim Gassiführen.

Im Internet gibt es Stellenbörsen für Schüler, zum Beispiel www.schuelerjobs.de, auch auf der Seite der Arbeitsagentur Stuttgart werden Ferienjobs ausgeschrieben; auf der Seite der Arbeitsagentur Waiblingen werden diese Jobs normal als „befristete Beschäftigungen“ aufgelistet; auch über Zeitarbeitsfirmen lässt sich etwas finden.

Die Frage, ob und wie viel Steuern und Abgaben Schüler bezahlen müssen, ist folgendermaßen geregelt:

– Arbeitszeit in den Ferien mit maximal 70 Arbeitstagen: kurzfristige Beschäftigung (sozialversicherungsfrei)

– Über 70 Arbeitstage und bis zu 450 Euro/ Monat: geringfügige Beschäftigung, wobei Schüler sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen können

– Über 70 Arbeitstage und mehr als 450 Euro/Monat: sozialversicherungspflichtig

Es gibt keine generelle Regelung, wie hoch der Verdienst ausfällt. Richtwerte finden sich auf www.schuelerjobs.de, wobei der Stundenlohn sowohl vom Alter als auch von der Tätigkeit abhängt.

– 13 Jahre: 4 bis 5 Euro

– 14 Jahre: 5 bis 6 Euro

– 15 Jahre: 6 bis 8 Euro

– 16 Jahre: 7 bis 10 Euro

– 17 Jahre: 7 bis 12 Euro

– 18 Jahre: 8 bis 13 Euro

Der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 9,19 Euro gilt erst ab 18 Jahren.

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Erstellt:
17. Juni 2019, 11:30 Uhr

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