Nachruf: Brigitte Bardot
Filmlegende Bardot gestorben
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere verließ sie das Filmgeschäft, widmete sich dem Tierwohl und wurde als Rassistin verurteilt. Nun ist Brigitte Bardot mit 91 Jahren gestorben.
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Brigitte Bardot 2005 – Tierschützerin und Enfant terrible
Von Dominika Bulwicka-Walz
Das Cover Nummer 252 vom 8. Mai 1950 der französischen Magazin-Ikone „Elle“ bringt den entscheidenden Wendepunkt im Leben der 15-jährigen Brigitte Bardot. Regisseur Marc Allégret will einen Film drehen, lädt Bardot ein und Roger Vadim, damals Allégrets Assistent, später selbst Regisseur, soll mit ihr Probeaufnahmen machen. Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Aus dem Film wird nichts, dafür heiraten Bardot und Vadim drei Jahre später. Der erste berühmte Film entsteht: „Und ewig lockt das Weib“ (1956), aufgrund der offenen Erotik damals ein Skandalfilm.
Geboren wird Brigitte Anne-Marie Bardot am 28. September 1934 in wohlhabenden Verhältnissen in Paris. Eigentlich will sie Ballerina werden, trainiert fleißig und besucht sogar das Konservatorium. Zwar wird sie Filmstar statt Ballerina, die Liebe zum Tanzen aber wird bleiben. Ob in „Und ewig lockt das Weib“, 1965 in „Viva Maria!“ mit der großen Jeanne Moreau oder in „Don Juan 73“ (1973) – Bardot tanzt. Schauspielerisch ist sie in „Und ewig lockt das Weib“ noch nicht ernsthaft gefordert. Aber die 95 Minuten machen die männermordende Bardot über Nacht zum Star und setzen der noch jungen Ehe Bardot-Vadim nebenbei ein Ende.
Eine junge Frau im grellen Rampenlicht
Brigitte Bardot ist bei diesem Film 22 Jahre alt, Fotografen reißen sich um sie. Sie hasst es. Um der „Hölle der Popularität, zu entgehen, wie sie später in ihrer Autobiografie „B.B. Memoiren“ schreibt, kauft sie die Villa „La Madrague“ in St. Tropez, über der ihr späterer Ehemann Gunter Sachs 1966 abertausende Rosenblätter abwerfen lässt.
Es folgen unvergessene Streifen. Ein weiterer Erfolg wird das Morddrama „Die Wahrheit“ von 1960. In einer Szene, in der Bardot weinen sollte, beginnt sie beim Filmdreh allerdings zu lachen. Regisseur Henri-Georges Clouzot schreit sie an, schüttelt sie und tritt ihr auf den Fuß, um sie zum Weinen zu bringen. Bardot antwortet ohne falsche Scheu und auf ihre Art – mit einer Ohrfeige. Dann verlässt sie den Drehort, wobei sie das Chanson trällert: „Ich bin, wie ich bin, ich kann das auch nicht ändern.“
Tänzerin und Sängerin
Doch sie hadert mit der „grausamen“ Welt des Films, in der man „genommen und wieder weggeworfen wird“, unternimmt einen Selbstmordversuch mit 26 Jahren – und dreht weiter. Es folgt das Meisterwerk der Regielegende Jean-Luc Godard „Die Verachtung“ (1963) mit Michel Piccoli. Bardots Talent formt sich, sie wird eine ernst zunehmende Schauspielerin. Gleichzeitig weitet sie ihr Repertoire aus, fängt an zu singen. „Bubble Gum“ (1965) und „Harley Davidson“ (1967), beide aus der Feder Serge Gainsbourgs, werden zu Hits. In ihrer Karriere wird sie rund 80 Lieder aufnehmen.
Auch modisch wird Bardot zum Vorbild. Obwohl despektierlich als Sauerkrautfrisur bezeichnet, wird ihre Friseur weltweit kopiert. Ihr legerer St.-Tropez-Look – Bretonen-Shirt und Capri Hose – sind bis heute zeitlos. Von den Ballerina-Schuhen ganz zu schweigen: Ein Ballettschuhproduzent hatte das Modell exklusiv für sie designt, als sie „Und ewig lockt das Weib“ gedreht hatte. Es wird bis heute produziert.
Beruflich ist Bardot zwar erfolgreich, privat sieht es anders aus: Auf Ehen folgen Scheidungen, seelische Krisen – der Trubel um ihre Person ist ihr zu viel. Nach ihrem 49. und letzten Film „L’histoire très bonne et très joyeuse de Colinot Trouse-Chemise“, kauft sie einer Bäuerin die beiden „Filmziegen“ ab, beendet mit 38 Jahren ihre Karriere, zieht sich zurück. Ab sofort widmet sie ihre gesamte Energie und ihr Privatvermögen dem Tierschutz und nutzt dabei geschickt ihre Popularität. Bilder, wie Bardot Robbenbabys umarmt, gehen um die Welt.
Mit 38 Jahren kommt der radikalste Bruch
Neben ihrem unermüdlichen Einsatz für Tiere fällt die ehemalige Schauspielerin durch noch etwas auf: Bardot beginnt zu hetzen. Mit den Jahren werden ihre Beschimpfungen immer schärfer, sie wird nicht müde zu betonen, dass Tiere ihr näher stünden als Menschen. Wie wenig sie Menschen zu mögen scheint, zeigt sie dann in den kommenden Jahrzehnten immer wieder mit unverhohlener Deutlichkeit. Während sie herrenlose Tiere um sich versammelt, wirft sie gleichzeitig mit rassistischen Äußerungen um sich. 1996 beklagt sie in einem Artikel im „Le Figaro“ einen übermäßigen „Zustrom von Ausländern, insbesondere Moslems“. 2019 bezeichnet sie die Einwohner der Insel La Reunion als „degenerierte Bevölkerung mit barbarischen Traditionen“. Bardot beleidigt Arbeitslose, Schwule, Muslime, Jäger. Sie wird immer wieder verklagt und mehrfach zu Geldstrafen verurteilt, unter anderem wegen „Anstiftung zum Rassenhass“.
Bardots Äußerungen sorgen oft für Entsetzen. Jahrzehntelange Hasstiraden und rassistischen Anfeindungen haben das Bild von ihr aus den 50er und 60er Jahren schwer getrübt. Wie werden wir Brigitte Bardot nun in Erinnerung behalten? Als das Gesicht des französischen Nationalheiligtums Marianne, die von 1969 bis 1972 in 36 000 französischen Rathäusern stand oder als verbitterte Frau, die rechtsradikale Parolen skandiert hat? Womöglich werden es irgendwann zwei Bardots sein. Eine vor 1973 und eine danach.
Aber vielleicht ist sie in einigen Dingen gegen Ende ihres Lebens dann doch altersmilde geworden. 2023, mit 88 Jahren, gesteht sie in einem Interview mit dem französischen Sender Canal+, dass sie es bedauere, keinen Kontakt zu ihrem Sohn zu haben. Die bittere Ironie daran: Obwohl Bardot auch ein erzkonservatives Familienbild vertrat, war sie es, die die Erziehung ihres Kindes kurz nach der Geburt dem Vater überlassen hatte.
Nun ist Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren gestorben, gewürdigt nicht zuletzt vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron mit den Worten: „Wir weinen um eine Jahrhundert-Legende.“
