Finanzielle Hilfe für die Tafelläden im Rems-Murr-Kreis

AWRM und Rems-Murr-Stiftung wollen den Einrichtungen unter die Arme greifen. Ein Entlastungsprogramm wird hingegen abgelehnt.

 Hilfsangebote wie etwa die Backnanger Tafel werden derzeit stark nachgefragt. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Hilfsangebote wie etwa die Backnanger Tafel werden derzeit stark nachgefragt. Foto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Durch den Krieg in der Ukraine und die dadurch bedingte Energiekrise und Inflation sind gerade die Tafeln stark belastet. Immer mehr Menschen sind auf ihre Hilfe angewiesen – auch durch den neuen Flüchtlingsstrom –, zugleich bekommen die Einrichtungen von den Supermärkten weniger Waren und, als wäre das nicht genug, die Kosten für Energie und Kraftstoffe steigen enorm (wir berichteten). Mehrere Fraktionen im Kreistag hatten deshalb beantragt, den Tafelläden im Rems-Murr-Kreis unter die Arme zu greifen. CDU und Grüne wollten dies durch einen Erlass der Abfallgebühren erreichen. Diese belaufen sich nach Angaben der Kreisverwaltung auf etwa 7900 Euro in diesem Jahr. Die Tafeln spielten eine Schlüsselrolle in der Versorgung und Begleitung der Bevölkerung und der Flüchtlinge, so die CDU in ihrem Antrag. „Zudem sind sie wichtige soziale Anlaufstellen und Versorgungszentren für Teile der Bevölkerung, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.“ Auch die Grünen äußerten Anerkennung: „Die Tafelläden haben für unsere Gesellschaft und vor allem für Menschen mit geringem finanziellem Spielraum eine wichtige Versorgungsfunktion.“

Die ÖDP/Linke-Gruppe regte gar ein Entlastungs- und Förderprogramm mit einem Volumen von 80000 Euro im Jahr an. „Die Tafeln sollten sich in diesen schwierigen Zeiten nicht auch noch Sorgen über die gestiegenen Energiepreise machen müssen“, hieß es in der Begründung. Wichtig sei, dass ihnen schnell und unbürokratisch geholfen werde. In der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses wurde über die Anträge beschieden.

Rechtliche Gründe sprechen gegen einen Gebührenerlass

Ein Erlass der Abfallgebühren durch die AWRM scheide aus rechtlichen Gründen aus, erklärte Landrat Richard Sigel in der Sitzung. Hier schreibe das kommunale Abgabengesetz die Einhaltung des Äquivalenzprinzips vor. Dieses würde durch einen einseitigen Gebührenerlass dahingehend verletzt, dass die übrigen Gebührenzahler den Gebührenausfall mitfinanzieren müssen, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Ein Aus der Idee bedeute dies aber noch nicht.

Es bestehe die Möglichkeit einer Spende der AWRM aus dem Betrieb gewerblicher Art außerhalb des Abfallgebührenhaushaltes. Außerdem werden die acht Tafeln des Rems-Murr-Kreises in Backnang, Fellbach, Murrhardt, Schorndorf, Waiblingen, Weinstadt, Welzheim und Winnenden im laufenden Jahr von der Rems-Murr-Stiftung mit je 500 Euro unterstützt. Dies wurde angesichts der aktuellen Lage vom Stiftungsbeirat in seiner letzten Sitzung initiiert und einstimmig beschlossen. Dem Landkreis entstehen also keine Kosten, wie Sigel auf Nachfrage noch einmal klarstellte.

Andere Einrichtungen haben womöglich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen

Katja Müller (Freie Wähler) stellte im Gremium die Frage nach der Gleichbehandlung, wenn nun die Tafeln unterstützt würden. Schließlich, führte sie an, gebe es noch andere Einrichtungen, die womöglich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, etwa die Sozialkaufhäuser oder die Kleiderkammern des DRK. „Wir können nur über Antrage abstimmen, die gestellt wurden“, wandte der Landrat ein. Es stehe anderen Einrichtungen im Kreis frei, auf ihre womöglich missliche Lage aufmerksam zu machen. Zudem stünden noch andere Instrumente zur Hilfe zur Verfügung – etwa der Bürgerpreis, welcher erst diese Woche verliehen wurde. Allerdings, fügte Sigel hinzu, habe die Kreisverwaltung das Thema Sozialkaufhäuser auf dem Radar. Das Gremium beschied die Anträge der CDU und der Grünen in der Folge einstimmig positiv.

Deutlich weniger begeistert zeigte sich der Landrat in Bezug auf den Vorschlag der ÖDP/Linke-Gruppe. „Mit Blick auf das Volumen dieses Förderprogramms und angesichts dessen, was wir nun sowieso schon geplant haben, würden wir die Ablehnung des Antrags empfehlen.“ Philip Köngeter nahm stellvertretend für die Antragsteller Stellung. Er merkte an, dass aufgesetzte Förderprogramme die tatsächlichen Mehrkosten der Tafeln nicht auffangen würden. „Die Tafeln verbrauchen mehr Strom als ein Durchschnittshaushalt“, führte er als Beispiel an. Anstatt den Antrag abzulehnen, sei es auch denkbar, das Volumen zu verringern, regte er an. Die Mehrheit der Kreisrätinnen und Kreisräte war jedoch nicht von einem Entlastungs- und Förderprogramm überzeugt. Nur vier Personen sprachen sich in der Abstimmung dafür aus; bei zwei Enthaltungen wurde der Antrag somit abgelehnt.

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Erstellt:
24. November 2022, 11:30 Uhr

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