Beschwerde-Brief an Danyal Bayaz
Finanzministerium zieht Konsequenzen nach Polizeieinsatz bei Rentner
Nach einem Beschwerde-Brief an Finanzminister Bayaz standen plötzlich Kripo-Beamte vor der Tür des Verfassers. Jetzt will das Ministerium den sogenannten „Reichsbürger“-Erlass ändern.

© dpa/Bernd Weißbrod
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) bekam Post von einem Rentner aus dem Rhein-Neckar-Kreis.
Von Florian Dürr
Sechs Tage zu spät hatte Karlheinz Falkenstein seine Steuererklärung abgegeben – und sollte deshalb eine Gebühr in Höhe von 9,50 Euro bezahlen. Doch der 72-Jährige wollte die Strafzahlung nicht einfach so hinnehmen, also verfasste er einen Beschwerde-Brief – jedoch nicht an das zuständige Finanzamt Weinheim, sondern direkt an Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). Zwei Monate später standen plötzlich Kripo-Beamte vor der Tür des Rentners aus Heddesheim im Rhein-Neckar-Kreis.
Finanzministerium will „Reichsbürger“-Erlass überarbeiten
Ausschlaggebend für den Polizeieinsatz war eine der Zeichnungen, die dem Schreiben an Bayaz beilag: Auf einer war laut Finanzministerium „eine Art Duellszene“, bei der eine Person erschossen wird, abgebildet. Die Karikatur zeigt eine schwarz-weiße historische Szene, auf der ein Mann mit Dreispitz-Hut und langem Mantel eine Pistole auf einen anderen Mann richtet, der von zwei weiteren festgehalten wird. Das Finanzamt Weinheim hatte den Brief des Rentners sowie die beiliegenden Zeichnungen wegen des Verdachts auf eine Verbindung zur „Reichsbürger“-Szene an die Polizei weitergeleitet.
Jetzt will das Finanzministerium laut einem „SWR“-Bericht Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen. Ein Sprecher hatte die Weiterleitung des Briefs an die Polizei selbst als „überzogen“ beschrieben – und das Missverständnis bereits in einem Gespräch mit dem Rentner geklärt. Doch damit es nicht erneut zu einem ähnlichen Vorfall kommt, will das Haus von Finanzminister Bayaz den sogenannten „Reichsbürger“-Erlass überarbeiten. Dieser dient für Finanzbeamte als Handlungsanleitung im Umgang mit mutmaßlichen „Reichsbürgern“.
Rentner wollte sich mit den Zeichnungen nur einen Scherz erlauben
Wie der „SWR“ unter Berufung auf einen Sprecher berichtet, will das Finanzministerium im „Reichsbürger“-Erlass die sogenannte Verdachtspassage ändern. „Wir müssen da mehr Fingerspitzengefühl und Sensibilität entwickeln“, wird der Ministeriumssprecher in dem Bericht zitiert. Gleichzeitig sollte aber bei echten Verdachtsfällen weiterhin konsequent gehandelt werden können.
Zu Polizeieinsätzen wie in Fällen bei Karlheinz Falkenstein, der sich mit den Zeichnungen nur einen Scherz erlauben wollte, soll es künftig nicht mehr kommen.