Nur ein Mensch hat sie

Forscher entdecken neue Blutgruppe „Gwada negativ“

Blut ist nicht gleich Blut. Es unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Jetzt ist bisher absolut einmalige Blutgruppe bekannt geworden: „Gwada negativ“. Eine medizinische Sensation.

Der Name „Gwada negativ“ für die neue Blutgruppe leitet sich von der Herkunft der Frau ab: Guadeloupe, im französischen Sprachgebrauch oft liebevoll „Gwada“ genannt.

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Der Name „Gwada negativ“ für die neue Blutgruppe leitet sich von der Herkunft der Frau ab: Guadeloupe, im französischen Sprachgebrauch oft liebevoll „Gwada“ genannt.

Von Markus Brauer/dpa

Im Jahr 2011 kommt eine 54-jährige Frau aus Guadeloupe, die in Paris lebt, zur ärztlichen Routineuntersuchung, um sich auf eine Operation vorzubereiten. Bei der üblichen Blutuntersuchung fällt dem behandelnden Mediziner ein ungewöhnlicher Antikörper auf.

Zunächst findet er keine Erklärung für den ungewöhnlichen Befund. So bleibt es für die folgenden Jahr. Erst acht Jahre später gelingt es durch ein spezielles Verfahren, die sogenannte Hochdurchsatz-DNA-Sequenzierung, die zugrunde liegende genetische Mutation der Patientin zu identifizieren. Die Frau hat demnach das veränderte Gen von beiden Elternteilen geerbt.

„Gwada negativ“: 48. Blutgruppe der Welt

Weitere sechs Jahre später, Mitte Juni 2025, bestätigt der französische Blutspendedienst EFS: Die Patientin trägt eine bislang unbekannte Blutgruppe, die nun als „Gwada negativ“ geführt wird. Die Internationale Gesellschaft für Bluttransfusion (ISBT) hat das neue Blutgruppensystem bereits Anfang Juni offiziell anerkannt. Damit steigt die Zahl der weltweit registrierten Blutgruppensysteme auf 48.

„Diese Frau ist zweifellos der einzige bekannte Fall weltweit“, erklärt Thierry Peyrard, Biologe beim EFS. Das Besondere: Sie ist die einzige Person auf der Welt, die nur mit ihrem eigenen Blut kompatibel ist – sie kann weder spenden noch empfangen, außer von sich selbst. Das macht fremde Bluttransfusionen quasi unmöglich.

Die seltene Mutation wurde bei einer Frau in Frankreich entdeckt. Sie kann weder Blut empfangen noch spenden – nur mit sich selbst ist sie kompatibel. https://t.co/7xQylOyrqX — L'essentiel DE (@lessentielde) June 24, 2025

Woher der Name „Gwada negativ“ stammt

Der Name „Gwada negativ“ leitet sich von der Herkunft der Frau ab: Guadeloupe, im französischen Sprachgebrauch oft liebevoll „Gwada“ genannt. Der Begriff sei unter den Forschern schnell beliebt gewesen, da er „in allen Sprachen gut klingt“, erklärt Peyrard.

Die Wissenschaftler hoffen nun, dass sie mit dem jetzt bekannten Wissen weltweit nach weiteren Trägern dieser Blutgruppe suchen können. Denn jede neue Blutgruppe trage dazu bei, trage dazu bei, die Versorgung von Patienten mit seltenen Bluttypen zu verbessern, heißt es seitens des Blutspendedienst.

Von Blutgruppen und Antigenen

Jeder Mensch hat seine eigene Blutgruppe. Am bekanntesten sind A, B, AB und 0. In Deutschland gibt es am häufigsten die Blutgruppen A und 0. „Außer AB0 gibt es aber noch andere Merkmale auf unserem Blut, zum Beispiel Rhesusfaktoren“, erklärt die Ärztin Christiane Hübler vom Institut für Transfusionsmedizin in Berlin. Für die Rhesusfaktoren steht das Plus- oder Minuszeichen nach der Gruppe. Das Blut der allermeisten Menschen in Deutschland hat Rhesus positive Merkmale.

Von 100 Menschen haben nur rund 15 Rhesus negativ. Menschen mit der Blutgruppe 0- haben „nackige“ rote Blutkörperchen. Die vertragen fast alle Patienten, weil keine Antikörper A und B andocken können.

„Bei Menschen mit anderen Blutgruppen befinden sich an den Blutkörperchen jedoch Ketten aus Proteinen und Zucker, sogenannte Antigene“, erklärt die Expertin. Sie heißen A und B und so heißt dann auch die Blutgruppe.

Blutgruppe wird im Mutterleib ausgebildet

Welche Blutgruppe jemand hat und ob er Rhesus-positiv oder Rhesus-negativ ist, wird im Mutterleib ausgebildet. Schon als Embryo bilden wir Antikörper gegen die Merkmale A und B, wenn die im eigenen Blut nicht vorkommen.

Es ist wichtig, nur passendes Blut zu übertragen. Sonst würde es im Körper verklumpen und das kann gefährlich werden, so die Fachärztin für Transfusionsmedizin. „Kommen etwa Blutzellen mit Antigen B in einen Körper, der B nicht hat, befinden sich im Körper dagegen Antikörper. Die würden an die roten Blutkörperchen andocken und der Körperpolizei den Hinweis geben: Da stimmt etwas nicht, ein B ist hereingekommen und wir wollen nur 0.“ Im Endeffekt zerstört dann das Anti-B die fremden Blutkörperchen.

Blutprobe im Labor getestet

Bei jeder Blutspende geht eine Probe des Blutes ins Labor. Hier untersuchen Fachleute, ob das Blut gesund ist. Und sie kontrollieren die Blutgruppe. Weil manche Bestandteile im Blut länger haltbar sind als andere, wird die Blutspende aufgetrennt. In einem Beutel sind dann etwa rote Blutkörperchen, mit denen unser Körper Sauerstoff transportiert.

Jeder Beutel bekommt ein Etikett, auf dem auch die Blutgruppe steht. Am Ende werden aus jeder Blutspende drei verschiedene lebensrettende Präparate gewonnen: rote Blutkörperchen, Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren.

Kreuzprobe bis nichts mehr verklumpt

Braucht ein Patient eine Transfusion, wird ihm zuerst Blut abgenommen. Dann testen Fachleute im Labor, ob sich die Blutgruppen von Spender und Patient miteinander vertragen.

Das Spenderblut wird mit dem Blut des Patienten „gemischt“. Gibt es keine Klumpen, passt die Spende. Ein Blutstropfen des Patienten wird auf ein Testblättchen getropft. So geht man noch mal sicher, dass es die richtige Blutgruppe ist.

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Erstellt:
24. Juni 2025, 13:46 Uhr
Aktualisiert:
24. Juni 2025, 17:38 Uhr

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