Rätsel des Universums

Forscher entdecken schwerstes bekanntes Schwarzes Loch

Astronomen haben das bisher schwerste Schwarze Loch entdeckt. Mit rund 36 Milliarden Sonnenmassen liegt es nahe der Obergrenze für supermassereiche Schwarze Löcher.

Im Zentrum dieses seltenen Einsteinrings liegt die extrem massereiche Galaxie LRG 3-757. In ihrem Zentrum haben Astronomen jetzt das massereichste je entdeckte Schwarze Loch nachgewiesen.

© © Nasa/Esa

Im Zentrum dieses seltenen Einsteinrings liegt die extrem massereiche Galaxie LRG 3-757. In ihrem Zentrum haben Astronomen jetzt das massereichste je entdeckte Schwarze Loch nachgewiesen.

Von Markus Brauer

Supermassereiche Schwarze Löcher sind die verborgenen Giganten des Kosmos. Sie liegen im Zentrum von Galaxien und prägen durch ihre Schwerkraft deren Entwicklung und Verhalten. Doch auch unter diesen Riesen gibt es Unterschiede.

So ist das zentrale Schwarze Loch unserer Milchstraße, Sagittarius A*, mit rund vier Millionen Sonnenmassen eher schmächtig. Der größte bisher bekannte Vertreter seiner Zunft bringt dagegen 33 Milliarden Sonnenmassen auf die Waage.

Zufallsfund im „kosmischen Hufeisen“

Jetzt haben Astronomen einen neuen Rekordhalter unter den Schwerkraftgiganten entdeckt – durch Zufall. Denn das Team um Carlos Melo-Carneiro von der University of Portsmouth wollte eigentlich die Dunkle Materie erkunden, die sich in der gut fünf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie LRG 3-757 verbirgt.

Diese ist hundertmal massereicher als unsere Milchstraße und wirkt als Gravitationslinse: Sie verzerrt das Hintergrundlicht zu einem fast geschlossenen Einsteinring, was ihr den Spitznamen „Cosmic Horseshoe“ eintrug.

Für ihre Studie, die im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ erschienen ist, nahmen die Astronomen dieses kosmische Hufeisen mit dem Hubble-Weltraumteleskop und dem MUSE-Instrument am Very Large Teleskope der Europäischen Südsternwarte in Chile ins Visier. Ziel war es, anhand der Sternbewegungen und der Stärke der Lichtverzerrung die Masse und Massenverteilung der Galaxie zu ermitteln.

#A black hole with 36 billion #SolarMasses has been detected in the Cosmic Horseshoe galaxy, approaching the theoretical upper mass limit and offering new insights into galaxy evolution. @RoyalAstroSochttps://t.co/n7rnfP4rRZhttps://t.co/Oc8hF1XLPG — Phys.org (@physorg_com) August 7, 2025

Verborgener Gigant mit Rekordmasse

Dabei gelang den Astronomen jedoch Unerwartetes: Sie konnten erstmals das zentrale Schwarze Loch der Horseshoe-Galaxie ausfindig machen und seine Masse bestimmen.

Und diese ist gewaltig: Den Berechnungen der Astronomen zufolge ist das Schwarze Loch von LRG 3-757 rund 36 Milliarden Sonnenmassen schwer. Es hat demnach die rund zehntausendfache Masse von Sagittarius A* in unserer Milchstraße.

Das Schwarze Loch im Zentrum des kosmischen Hufeisens stellt damit einen neuen Rekord auf. Es liegt nahe an der theoretischen Massenobergrenze solcher Objekte im Kosmos. „Das jetzt entdeckte Schwarze Loch gehört zu den massereichsten jemals detektierten – höchstwahrscheinlich ist es das massereichste“, sagt Melos Kollege Thomas Collett.

Wie das Loch, so seine Galaxie?

Dazu passt, dass auch das kosmische Hufeisen – die Heimatgalaxie dieses Giganten – zu den größten ihrer Art gehört. „Wir glauben, dass die Größe beider eng verbunden ist“, erklärt Collett. „Denn wenn Galaxien wachsen, liefern sie ihrem zentralen Schwarze Loch auch mehr Material.“

Durch dieses „Futter“ kann das Schwarze Loch entsprechend schneller wachsen. Umgekehrt fördern die Ausströme solcher wachsenden, aktiv Materie verschlingenden Schwarzen Löcher die Sternbildung in ihrer Umgebung.

Verschmelzung mehrerer Vorgängergalaxien

Allerdings ist das zentrale Schwarze Loch des kosmischen Hufeisens selbst für diese riesige Galaxie zu massereich, wie die Astronomen erklären. Ein möglicher Grund dafür könnte in der Geschichte von LRG 3-757 liegen. Denn diese gewaltige Sternansammlung entstand durch die Verschmelzung mehrerer Vorgängergalaxien. Dabei könnten dann auch deren zentrale Schwarze Löcher verschmolzen sein.

„Durch diese Vereinigung entstand dann das ultramassereiche Schwarze Loch, das wir jetzt nachgewiesen haben“, erklärt Collett. „Wir sehen hier also das Endstadium sowohl der Galaxien- als auch der Schwarzen-Loch-Entwicklung.“

Die Astronomen vermuten jedoch, dass der von ihnen entdeckte Rekordhalter unter den Schwarzen Löcher kein Einzelfall ist. Es könnte im Universum sogar noch massereichere Giganten geben.

Orte der Extreme

Schwarze Löcher sind Orte kosmischer Extreme. Die Materie ist in ihnen so stark zusammengepresst, dass nichts ihrer enorm hohen Anziehungskraft entkommt. Die Fluchtgeschwindigkeit liegt im Inneren eines Schwarzen Lochs über der Lichtgeschwindigkeit, daher dringt nicht einmal das Licht selbst nach außen. Schwarze Löcher sind also quasi unsichtbar – wie ihr Name schon sagt.

Schwarze Löcher entstehen, wenn große Sterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne am Ende ihrer Existenz als Supernova explodieren und der übrig gebliebene Sternenrest kollabiert.

Neben stellaren Schwarzen Löchern gibt es supermassereiche Exemplare, die in den Zentren der meisten Galaxien vermutet werden. Diese Schwarzen Löcher können die milliardenfache Masse unserer Sonne besitzen. Das massereichste ist Sagittarius A* im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier Millionen Mal so viel Masse hat wie die Sonne und 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Enorme Gravitation

Sagittarius A* ist jedoch nur über die um seine Ereignishorizont kreisenden Gase und seine Wirkung auf nahe Sterne nachweisbar. Seine enorme Gravitation beschleunigt die Sterne auf Rekordgeschwindigkeit und verzerrt ihr Licht. Auch neue Sterne dürften unter diesen Extrembedingungen eigentlich nicht entstehen, weil die dafür nötigen Gaswolken sofort zerrissen werden.

Als Ereignishorizont (englisch: event horizon) bezeichnen Wissenschaftler die Grenze um ein Schwarzes Loch, hinter die sich nicht blicken lässt, weil aus dem Bereich dahinter nichts, nicht einmal Licht, entkommen kann. Die Daten der Teleskope werden mit speziellen Supercomputern kombiniert, so dass sich ein gigantisches virtuelles Teleskop vom Durchmesser der Erde ergibt.

Info: Wichtige Begriffe erklärt

Schwarzes LochSchwarze Löcher sind eine der Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die Physik-Nobelpreisträger Albert Einstein (1879-1955) vor mehr als einem Jahrhundert aufgestellt hat. In ihnen ist die Masse von einigen bis mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt komprimiert. Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen, daher der Name. Schwarze Löcher können beispielsweise entstehen, wenn ausgebrannte Riesensterne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenstürzen.

Radiowellen Diese Wellen sind genau wie sichtbares Licht elektromagnetische Wellen, sie haben nur eine sehr viel größere Wellenlänge. Ihr Vorteil ist, dass sie von Gas und Staub nicht so stark geschluckt werden. Die Schwarzen Löcher sind in der Regel von großen Mengen Gas und Staub umgeben, so dass sich der Ereignishorizont nur mit Radiowellen erspähen lässt.

Ereignishorizont Als Ereignishorizont (englisch: Event horizon) bezeichnen Wissenschaftler die Grenze um ein Schwarzes Loch, hinter die sich nicht blicken lässt, weil aus dem Bereich dahinter nichts, nicht einmal Licht, entkommen kann. Die Daten der Teleskope werden mit speziellen Supercomputern kombiniert, so dass sich ein gigantisches virtuelles Teleskop vom Durchmesser der Erde ergibt.

Schatten Bei Schwarzen Löchern wie Sagittarius A* oder M87 zeigt sich ein leuchtender Ring um einen dunklen Kern. Diesen dunklen Bereich bezeichnen die Forscher als Schatten des Schwarzen Lochs. Er ist etwa doppelt so groß wie der eigentliche Ereignishorizont, weil das Licht durch die starke Gravitation um das Schwarze Loch herum gelenkt wird und somit sowohl Vorder- als auch Rückseite des Objekts zu sehen sind.

Akkretionsscheibe Bei dem leuchtenden Ring handelt es sich um aufgeheiztes Gas, das um das Schwarze Loch herumwirbelt, die sogenannte Akkretionsscheibe. Die Gravitation zwingt auch die von diesem Gas ausgehende Strahlung auf gekrümmte Bahnen und sorgt so für einen verzerrten Blick auf die Umgebung des Schwarzen Lochs.

Masse Viele Schwarze Löcher verleiben sich neue Materie ein. Diese Materie fällt aber nicht auf direktem Weg ins Schwarze Loch. Stattdessen sammelt sie sich auf einer immer schneller rotierenden Scheibe – ähnlich wie Wasser in einem Strudel aus der Badewanne fließt. In dieser sogenannten Akkretionsscheibe wird die Materie durch gegenseitige Reibung Millionen Grad heiß und leuchtet dadurch hell auf, bevor sie im Schlund des Schwerkraftmonsters für immer verschwindet. Schwarze Löcher besitzen zwar unvorstellbar viel Masse, sind dabei aber sehr klein. Ein Schwarzes Loch mit der Masse unserer Erde wäre beispielsweise nur so groß wie eine Kirsche.

Zum Artikel

Erstellt:
8. August 2025, 13:08 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen