Drei Fraktionen, ein Thema

dpa/lsw Stuttgart. Die Landtagsfraktionen wollen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten in die Landtagswahl marschieren. Doch eins ist allen gemein: Corona überlagert alle anderen Themen.

Abgeordnete sitzen im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Abgeordnete sitzen im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Es sollte das gleiche Prozedere werden wie jedes Jahr. Die Fraktionen des baden-württembergischen Landtags gehen stets zum Jahresauftakt in Klausur, um sich zu sammeln, um politische Standpunkte festzuzimmern, manchmal auch, um den politischen Gegner eine mitzugeben. Dafür treffen sich die Abgeordneten an schönen Orten und laden prominente Gäste ein. Dieses Jahr ist dabei sowieso ein besonderes, nicht mal neun Wochen sind es noch bis zur Landtagswahl.

Aber vor allem die Corona-Pandemie katapultiert die Abgeordneten in den Ausnahmezustand. Sie kommen - wenn überhaupt - nur unter strengen Auflagen zusammen, die wichtigen Gäste werden auf Videoleinwand zugeschaltet. Auch inhaltlich überlagert die Pandemie derzeit alles andere. So ging es bei den Klausuren zwar auch um die Affäre rund um den Expo-Pavillon in Dubai oder das geplante Lobbyregister für den Landtag. Aber bei den Pressekonferenzen von SPD, FDP und CDU am Donnerstag spielt fast nur das eine Thema eine Rolle.

SPD und FDP nutzen die Bühne erneut für Kritik am Krisenmanagement der grün-schwarzen Koalition, sie fordern eine langfristige Strategie, beklagen Anlaufpannen beim Impfen. Man habe sich nicht mit ambitionierten Programmen für die nächsten 15 Jahre beschäftigt, sondern sehr konkret mit der Bewältigung der Herausforderungen durch Corona, bilanziert SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch.

Er wirft der grün-schwarzen Regierung exekutives Versagen vor, etwa bei der Auszahlung der Hilfen. Von den vom Parlament seit März 2020 bewilligten Hilfen sei bisher nicht mal die Hälfte abgeflossen. Vom Impfchaos wolle er zwar nicht sprechen, aber man dürfe die Menschen nicht durch das Verfahren noch weiter verunsichern. Stoch erhofft sich im Wahlkampf Auftrieb für die SPD, weil der starke Staat und der Zusammenhalt wieder in den Mittelpunkt gerückt seien.

Die FDP wiederum setzt vor allem auf FFP2-Masken als Waffe gegen die Pandemie. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke spricht sich am Donnerstag für eine FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr aus. Er wünscht sich auch mehr FFP2-Masken für den Handel, um Läden ab Februar wieder zu öffnen. Von einer Pflicht für den Handel will er aber nicht sprechen. Ab Montag (18. Januar) gilt in Bayern die FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen.

Die CDU-Fraktion rückt die Lage der heimischen Wirtschaft und die Sorge um Arbeitsplätze in den Mittelpunkt. Handwerk und Industrie dürften nicht in den Lockdown geschickt werden, sagt Fraktionschef Wolfgang Reinhart und beruft sich auf eine Schalte mit dem Präsidenten des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Maschinen und Fahrzeuge ließen sich zudem nicht im Home Office fertigen. In einem Positionspapier fordert die CDU-Fraktion eine Stärkung des Mittelstands, etwa durch den Abbau von Bürokratie.

Während die Fraktionschefs nacheinander vor die Presse treten, platzt die Nachricht in den Raum, dass die Grundschulen und Kitas im Land nun doch bis Ende des Monats geschlossen bleiben sollen. Baden-Württemberg verzichtet damit auf den angedachten Sonderweg, für den Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) plädiert hatte.

„Es hat sich offensichtlich die Vernunft durchgesetzt in dieser Landesregierung“, kommentiert Stoch die Entscheidung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Das Virus breite sich in Schulen aus und werde weiter in die Familien getragen, auch der Schutz von Lehrern und Erziehern spiele eine Rolle. Deshalb begrüße die SPD, dass Eisenmann „ihre unverantwortliche Forderung“ innerhalb der Regierung nicht habe durchsetzen können.

Auch wenn die die CDU-Kultusministerin immer wieder auf die Öffnung von Grundschulen und Kitas gepocht hatte, trägt auch die CDU-Landtagsfraktion die Entscheidung mit, wenn auch zähneknirschend. „Wenn das so entschieden wurde, tragen wir das mit“, sagt Reinhart. Er betont aber, dass die Kleinsten eine Perspektive bräuchten und auch das beste Homeschooling nicht das gemeinsame Lernen im Klassenzimmer ersetzen könne. Aber wenn die Entscheidung so im Raum stehe, gelte es für alle, das nun umsetzen und „das Beste daraus zu machen“. Man stehe natürlich bei dem Tauziehen um den Zeitpunkt von Schulöffnungen hinter Eisenmann, betont ein Sprecher Reinharts im Anschluss.

Reinhart sieht Eisenmann auch nicht als beschädigt an. Es gehe lediglich um zwölf Tage. „Das ist jetzt kein Thema, wo jetzt eine Beschädigung im Raum steht.“ Grundsätzlich lobt er die Arbeit der grün-schwarzen Koalition. Gerade in der Corona-Pandemie hätten Grüne und CDU gemeinsam viel beschlossen, etwa Überbrückungshilfen. „Wir haben in häufiger rascher Abfolge ein exzellentes Krisenmanagement vorgelegt.“

Am Freitag stellen die Grünen die Ergebnisse ihrer Fraktionsklausur vor.

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Erstellt:
14. Januar 2021, 01:34 Uhr

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