Frauen bewerben sich wieder häufiger

Der Polizeiberuf stößt nach wie vor auf großes Interesse – Keine Nachwuchssorgen im Rems-Murr-Kreis

Die bundesweite Schlagzeile, die Polizei habe Nachwuchssorgen, kann Renate Rösch nicht unterstreichen: „Das kann man nicht pauschal sagen.“ Die 56-jährige Kriminalhauptkommissarin ist Einstellungsberaterin bei der Polizei, und ist mit den jungen Polizeianwärtern beziehungsweise mit denen, die es werden wollen, immer im regen Austausch.

Renate Rösch wirbt bei jungen Interessierten für den Polizeiberuf. Archivfoto: E. Layher

© Edgar Layher

Renate Rösch wirbt bei jungen Interessierten für den Polizeiberuf. Archivfoto: E. Layher

Von Yvonne Weirauch

WAIBLINGEN/BACKNANG. Hohe Belastungen, keine fürstliche Bezahlung, Schichtdienst und bisweilen auch Gefahr für das eigene Leben: Trotz vieler offenkundiger Herausforderungen kann sich die Polizei offenbar nicht über fehlenden Nachwuchs beklagen.

Polizei ist beliebtester Arbeitgeber – mit Rekordergebnis: Das ist das Ergebnis des Trendence-Schülerbarometers 2018 mit Rankings der Toparbeitgeber. Die Polizei bleibt demnach der Wunscharbeitgeber der Schüler und überzeugt so viele junge Menschen von einer Ausbildung oder einem Job wie noch nie. Mehr als 16 Prozent der Schüler wollen sich laut des Barometers bei der Polizei bewerben. Mit der Bundeswehr auf Rang drei und dem Zoll auf Rang neun befinden sich erstmals seit mehr als zehn Jahren drei Organisationen des Öffentlichen Sektors unter den Top Zehn der beliebtesten Arbeitgeber.

Polizei hat die Anzahl der Ausbildungsstellen auf 1800

pro Jahr erhöht

Einen weiteren Grund zum Feiern gab es für die Polizei Baden-Württemberg: Sie wurde vom Marktforschungsunternehmen Trendence mit dem ersten Platz in der Kategorie „Employer Branding – Schüler“ ausgezeichnet.

„Wir machen ganz viel möglich, um Nachwuchs zu gewinnen“, sagt Einstellungsberaterin Renate Rösch. Auf Messen sei man vertreten, veranstalte Tage der offenen Tür und starte hier und da eine Aktion, die speziell darauf ausgerichtet sei, die Jugend für den Polizeiberuf zu begeistern. „Meiner Ansicht nach hat aber das Interesse an diesem Beruf nie nachgelassen“, so die Kriminalhauptkommissarin.

Nicht zuletzt fällt auch der Begriff Einstellungsoffensive: Die Polizei hat die Anzahl der Ausbildungsstellen auf 1800 pro Jahr erhöht. Das habe es eigentlich in den Jahren zuvor noch nie gegeben. Aber für diese Stellen brauche es natürlich auch Bewerber. Der am häufigsten genannte Grund der Interessierten: die Abwechslung. Man merke deutlich, so Rösch, dass die Jugendlichen keinen Bürojob möchten.

Auch Frauen würden sich wieder häufiger bewerben: „Eine Zeit lang ging der Frauenanteil zurück, jetzt verändert sich das wieder – warum auch immer.“ Schlagzeilen, dass Polizisten angegriffen werden, sich immer mehr mit aggressiven Bürgern auseinandersetzen und eventuell Verletzungen einstecken müssen, schrecken Berufsinteressierte derzeit nicht wirklich ab. Auch an dem Einstellungs- und Bewerbungsverfahren habe sich nichts geändert. Ein Punkt fällt Renate Rösch dennoch ein, bei dem man etwas „lockerer“ geworden sei: sichtbare Tätowierungen bei Beamten. „Da kommt es auf den Einzelfall an.“

Die Polizei ist auf Facebook und Twitter präsent – vielleicht werden auch gerade deshalb so viele Jugendliche im Internet auf den Polizeiberuf aufmerksam. „Es ist mir aufgefallen, dass sich viele im Internet informieren und sich dann da auch die Bewerbungsunterlagen runterladen“, sagt Rösch. Sicher sei dann und wann noch ein Telefongespräch mit der Einstellungsberaterin nötig, aber das Grundlegende werde schon eigenständig in Erfahrung gebracht.

Interesse am

gehobenen Dienst

Wie es sich die 56-Jährige erklärt, dass manche Bundesländer über den fehlenden Polizeinachwuchs klagt? „In den Städten beziehungsweise Bundesländern, in denen es Polizeischulen gibt, gibt es bekanntlich auch mehr Bewerber.“ Zudem nennt Rösch das Stichwort sinkende Schülerzahlen. Vielleicht hänge dies auch damit zusammen, spekuliert die 56-Jährige. Beobachten kann sie in ihrem Tätigkeitsfeld nach wie vor, dass sich junge Erwachsene gleich für den gehobeneren Dienst bewerben wollen.

„Das ist ein eindeutiger Trend, obwohl man für den gehobeneren Dienst alle Bereiche, wie beispielsweise Streifendienst, durchlaufen muss.“ Die Vielfalt von Abteilungen sei im gehobeneren Dienst größer. Wenn man sich für den Beruf entschieden habe, bleibe man auch dabei, merkt Rösch an. Ausbildungsabbrecher könne man an einer Hand abzählen. „Manche stellen dann doch fest, dass die Polizei nicht das Richtige für sie ist. Oder sie finden beispielsweise einen Studienplatz und orientieren sich dann in eine andere Richtung. Aber das ist selten.“ Dennoch dürfe man nicht nachlassen, auch weiter für den Beruf Werbung zu machen: „Es ist ein spannender Beruf, und wir werden weiter versuchen, die Interessierten noch mehr dafür zu begeistern.“

Renate Rösch Zur Person

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Erstellt:
23. August 2018, 06:00 Uhr

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