Freizeitwünsche bringen Firmen in Bedrängnis

In der baden-württembergischen Metallindustrie wollen mehr als 50 000 Beschäftigte lieber zusätzliche freie Tage als mehr Geld

Stuttagrt Acht freie Tage statt mehr Geld: Diese Option ist für Zehntausende Beschäftigte der deutschen Metall- und Elektroindustrie offenbar attraktiv – doch die Freizeitwünsche bringen Unternehmen in Nöte. Nach Angaben der IG Metall haben im Südwesten bereits mehr als 50 000 Arbeitnehmer, vor allem im Schichtbetrieb, in ihren Betrieben für 2019 eine entsprechende Freistellung beantragt, die beim jüngsten Tarifabschluss der deutschen Schlüsselindustrie für bestimmte Personengruppen verabredet worden ist.

„Teilweise wurde der Notwendigkeit, einen Ersatz für die entfallenden Arbeitstage zu schaffen, mit völligem Unverständnis begegnet“, kritisiert Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, manche Betriebsräte. Roman Zitzelsberger, Chef der IG Metall Baden-Württemberg kann Klagen der Arbeitgeber bei der Umsetzung nicht nachvollziehen. Die Beschäftigten seien flexibel wie nie zuvor, Mehrarbeit und Sonderschichten seien für sie eine Selbstverständlichkeit. Er forderte die Arbeitgeber auf, genauso selbstverständlich sollten sie jetzt Entgegenkommen zeigen.

Beim Autozulieferer ZF sind allein am Standort Friedrichshafen mehr als 2000 Anträge von Beschäftigten eingegangen, die sich für die Option zusätzlicher freier Tage entschieden haben. Es sei durchaus „herausfordernd“, das entfallende Arbeitsvolumen auszugleichen, sagte ein Firmensprecher. Der Autozulieferer Marquardt in Reitheim/Weilheim hat seinen Mitarbeitern den Wunsch nach mehr Freizeit zunächst verwehrt, ehe ein Kompromiss gefunden wurde.

Daimler-Personalchef Wilfried Porth sagte: „Das nimmt uns Kapazitäten weg, die durch Mehrarbeit und Zusatzschichten von anderen Kolleginen und Kollegen ausgeglichen werden müssen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht von der Leistungs- zur Freizeitgesellschaft werden.“

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Erstellt:
22. Februar 2019, 03:04 Uhr

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