„Frieden beginnt im eigenen Haus“
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine haben Stiftskirchengemeinde und Bandhaus-Theater ein bewegendes Benefizkonzert organisiert, welches durch bewegende Musik- und Wortbeiträge beeindruckte und einmal mehr zum Zusammenhalt aufrief.

© Tobias Sellmaier
Barbara Gräsle und Biggi Binder stimmten gemeinsam mit ihren Schülerinnen Letizia und Livia Graciosa Udo Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?“ an. Fotos: T. Sellmaier
Von Carmen Warstat
BACKNANG. In einer Kooperation der evangelischen Stiftskirchengemeinde und des Bandhaus-Theaters fand das Konzert für die Diakonie Katastrophenhilfe „Ukraine“ überwältigende Resonanz. Trotz zusätzlicher Bestuhlung des Chorraums reichten die Sitzplätze nicht aus, und auch die Spendenbereitschaft der Besucher war beachtlich. In kürzester Zeit war es den Organisatorinnen gelungen, eine tief berührende und würdige Veranstaltung mit Liedern und Texten, mit gemeinsamem Gesang und mit einer Ansprache, mit Gebeten und Stille zu gestalten. Das Duo Hearts and Bones (Biggi Binder und Barbara Gräsle) eröffnete den Abend mit dem Bill-Withers-Song „Lean on me“, zum „Zusammenrücken“ einladend, pandemiebedingt wenigstens auf geistig-emotionaler Ebene.
Friedenskonzert in der Stiftskirche
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine haben Stiftskirchengemeinde und Bandhaus-Theater ein bewegendes Benefizkonzert organisiert
Unter dem Arbeitstitel „Friedenskonzert“ habe man vor etwa zwei Wochen mit der Planung begonnen, um vielleicht Trost und Hoffnung zu geben, berichteten die Theaterleiterinnen Jasmin Meindl und Juliane Putzmann und zitierten Karl Jaspers mit dem Satz: „Frieden beginnt im eigenen Haus.“ Von einem Gefühl der Ohnmacht, das jeder kennt, sprach Biggi Binder, als sie den Song „No Frontiers“ des Iren Jimmy MacCarthy ankündigte. „Der Himmel hat keine Grenzen, und ich habe den Himmel in deinen Augen gesehen“, heißt es da herzergreifend. Pfarrerin Sabine Goller-Braun knüpfte hier an und sprach über die Bergpredigt, mit der Helmut Schmidt zufolge ein Land nicht zu regieren sei, bevor ihre Viertklässler die Seligpreisungen vortrugen und der Stuttgarter Schauspieler Dirk Waanders Ingeborg Bachmanns Gedicht „Alle Tage“ rezitierte. Der 1952 erstmals veröffentlichte Text spricht von Befehlsverweigerung und Fahnenflucht durch wirkliche Helden des Kriegs.
Lindenbergs Lied bestichtdurch seine traurige Aktualität
Paul McCartneys „Black Bird“ wurde vom Duo Hearts and Bones „in Gedanken an die Menschen in der Ukraine“ angestimmt und machte einmal mehr die Allgemeingültigkeit und oft andauernde Aktualität von Kunst deutlich. Als emotionalen Höhepunkt des Abends erlebten viele Besucher Udo Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?“. An der Gitarre begleitet von Barbara Gräsle trug Biggi Binder das Lied zusammen mit ihren Schülerinnen Letizia und Livia Graciosa vor – eindringlich und atemberaubend die Schönheit der Stimmen, die einen Text von trauriger Aktualität intonierten.

© Tobias Sellmaier
Pfarrerin Sabine Goller-Braun bezog sich in ihrem Wortbeitrag auf die Bergpredigt, in der unter anderem zur Friedensstiftung aufgerufen wurde.
Nicht zuletzt hiervon beeindruckt zeigte sich auch Robert Antretter, der gekommen war, um „nur ein paar Sätze“ zu sagen und in seiner gefühlsbetonten Ansprache nicht davor zurückschreckte, den Finger in die Wunden zu legen und etwa an die Osterweiterung zu erinnern. Als leidenschaftlicher Kriegsgegner verurteilte er Putins Krieg als brutalen Angriffskrieg und bezeichnete zugleich jeden Krieg als Verbrechen. „Lasst uns auf die Polarisierungen endlich verzichten“, appellierte er und: „Wir müssen die Angst der anderen verstehen.“ Er wolle „nicht den Pfarrer geben“, versicherte Antretter mit Blick auf die Bergpredigt. Und in Richtung der Skeptiker, wie Helmut Schmidt einer war: „Versucht es doch wenigstens mal! Wir werden aus der Erde keinen Himmel machen, aber wir werden getan haben, was man von uns erwarten durfte.“ Wie eine Antwort auf Antretters engagierte Rede klang die darauffolgende Musik von Hearts and Bones. Das Duo interpretierte Carol Kings „You’ve got a Friend“, bevor Sabine Goller-Braun bestätigte: „Träume vom Frieden sind alt“ und den Propheten Micha zu Wort kommen ließ: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln.“ In der Gemeinschaft wurde nun der Kanon „Shalom Cheverim“ gesungen. Fürbitten und gemeinsames Schweigen, das von Sabine Goller-Braun gesprochene wegweisende und unter die Haut gehende Friedensgebet sowie John Lennons „Imagine“ schlossen den Kreis.
Erlös Die Besucher des Friedenskonzerts spendeten mehr als 3800 Euro. Auch weiterhin sind Spenden möglich und kommen über die Diakonie Katastrophenhilfe den Menschen in der Ukraine zugute.