Bundeskanzler
Friedrich Merz hat eine Lektion gelernt, eine weitere steht noch aus
Kanzler Friedrich Merz muss in der Debatte über den Sozialstaat zwei Dinge beachten, kommentiert Tobias Peter.

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Wie hätte der Oppositionsführer Friedrich Merz den Kanzler Friedrich Merz gesehen?
Von Tobias Peter
Friedrich Merz war ein begabter Oppositionsführer. Er konnte zuspitzen, er konnte die Regierung vor sich hertreiben. Und er war sich selten zu schade dafür, auch dann schnelles Handeln zu verlangen, wenn dies aus nachvollziehbaren Gründen sehr schwierig war. Der Oppositionsführer Friedrich Merz hätte dem Kanzler Friedrich Merz also kräftig Druck gemacht, dass es mit dem versprochenen Herbst der Reformen nun rasch vorangehen müsse.
Im Kern ist ein solcher Wunsch nach Tempo, wie er von manchen Kritikern des Kanzlers geäußert wird, auch richtig. Der Anstieg der Sozialbeiträge muss wirkungsvoll gebremst werden. Sonst kommt Deutschland kurzfristig nicht aus der Krise und verliert langfristig weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Das darf nicht passieren. Erst recht nicht in Zeiten, in denen Deutschland seine notwendigerweise hohen Verteidigungsausgaben nur auf Pump finanzieren kann.
Es geht auch um Akzeptanz
Dennoch ist der Kanzler Friedrich Merz eben auch einer, der im Vergleich zum Oppositionsführer eine wichtige Lektion verinnerlicht hat. Notwendige, aber in Teilen schmerzhafte Reformen sind im deutschen Parteiensystem nur dann zu erreichen, wenn unterschiedliche Parteien zum Kompromiss bereit sind. Dafür braucht es auch die Zeit, Lösungen zu diskutieren und miteinander zu ringen. Das ist eine Grundvoraussetzung, damit hinterher auch gesellschaftliche Akzeptanz entstehen kann.
Richtig ist aber auch: Die Probleme in den Sozialversicherungen sind schon lange bekannt sind. Unterschiedliche Lösungsvorschläge liegen ebenso lang auf dem Tisch. Deshalb ist es ein Fehler, dass Schwarz-Rot zur Analyse der Probleme im Sozialstaat Kommissionen vorgeschaltet hat. Eine sorgfältige Debatte ist notwendig, aber sie sollte ohne Verzögerung zwischen den regierungstragenden Parteien stattfinden. Ewig auf Entscheidungen warten, kann Deutschland wirklich nicht.