Schwarz-rote Koalition
Friedrich Merz und die vier Wege aus der Rentenfalle
Friedrich Merz ist in der Bredouille, weil junge Unionsabgeordnete das Rentenpaket blockieren wollen. Welche Auswege gibt es?
© dpa/Philipp von Ditfurth
In der Rentenfrage unter Druck: Friedrich Merz.
Von Ellen Hasenkamp und Tobias Peter
Koalitionsbruch, Regierungs-Aus, Minderheitsregierung – von all dem, was im herbstlichen Berlin derzeit so geraunt wird, will Friedrich Merz (CDU) nichts wissen. „Ausgeschlossen“, sagt der Kanzler dazu, der vielmehr „alles tun“ will, um die Koalition zum Erfolg zu führen. Dafür muss er allerdings unter anderem erst mal das Rentenproblem lösen. Schwarz-Rot hat vereinbart, bis zum Jahr 2031 das Rentenniveau bei 48 Prozent zu stabilisieren. Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis der Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren zum mittleren Lohn. Der Knackpunkt des Streits ist, wie es nach 2031 weitergeht.
Die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten will, dass die Rente dann berechnet wird, als hätte es die Stabilisierung des Rentenniveaus nie gegeben. Das vom Kabinett beschlossene Rentenpaket sieht dagegen vor, dass die Maßnahme nachwirkt – wie bei einem Arbeitnehmer, der dauerhaft von einer einmal erfolgten Lohnerhöhung profitiert. Das kostet rund 115 Milliarden Euro bis 2040 – zu teuer, meinen die jungen Unionsabgeordneten.
Welche Möglichkeiten hat Merz jetzt, einen Ausweg zu finden?
Entschließungsantrag Es handelt sich um die auf den ersten Blick einfachste Lösung. Merz hat angeboten, das Rentengesetz mit einem „Begleittext“, etwa einem Entschließungsantrag, zu versehen, in dem „Schrittfolgen“ weiterer Reformen festgeschrieben würden. Entschließungen des Bundestags haben allerdings keine verbindliche Wirkung, weswegen sich die Kritiker damit kaum zufriedengeben werden.
Tauschgeschäft Das wäre der übliche politische Kuhhandel: Die jungen Unionsabgeordneten stimmen zu – und Merz kommt ihnen dafür an anderer Stelle entgegen. Das Problem: Es gibt nichts, was den Kritikern des Rentenpakets vergleichbar wichtig wäre. Dazu kommt, dass eine professionelle Führung solche Deals üblicherweise früh einfädelt. Jetzt kann der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, kaum noch in ein Tauschgeschäft einschlagen, ohne sein Gesicht zu verlieren.
Verschieben Eine kurzfristige Verschiebung des Rentenpakets brächte etwas Zeit – damit ist das Problem aber nicht gelöst. Denkbar wäre: Die Koalition lässt das Paket liegen, bis im kommenden Jahr die Rentenkommission ein Ergebnis vorgelegt hat – und dann machen sich Union und SPD an einen großen Wurf. Für Merz ist das aber keine gute Option. Er will, dass die Aktivrente bald startet, die ältere Menschen zum Arbeiten anreizen soll. CSU-Chef Markus Söder dringt auf den Start der Ausweitung der Mütterrente. Der SPD könnte nicht recht sein, dass Ende 2025 die Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau ausläuft – auch wenn dies vorerst wohl keinen Einfluss auf die Rentenhöhe hätte.
Vertrauensfrage Dabei handelt es sich um das stärkste Mittel des Kanzlers, über das zumindest bislang allerdings niemand öffentlich redet. Merz könnte demnach die Abstimmung über das Rentenpaket mit der Frage nach dem Fortbestand der Regierung verknüpfen. Wer dann wegen der Rente nicht gleich die Regierung in die Luft sprengen will, müsste zustimmen. Das Vertrauen innerhalb der Union wäre aber hinterher dennoch erheblich gestört. Zudem wäre ein Scheitern nicht ausgeschlossen, schließlich fehlten schon im ersten Anlauf der Kanzlerwahl einige Stimmen.
Eine Sachfrage mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen, hatte zuletzt SPD-Kanzler Gerhard Schröder getan, als er 2001 die Beteiligung der Bundeswehr am Afghanistan-Einsatz durchsetzte. Merz‘ Vorgänger Olaf Scholz griff einmal zumindest auf eine indirekte Drohung, die Vertrauensfrage zu stellen, zurück: Bei einem umstrittenen Sicherheitsgesetz sprach er in der Fraktion davon, notfalls von seinen „Möglichkeiten“ Gebrauch zu machen.
