Frischer Wind im Klassenzimmer

Schon vor der Coronapandemie haben sich am Max-Born-Gymnasium Backnang Melanie Ruf und Julia Senz Gedanken um digitale Möglichkeiten im Unterricht gemacht. Mit ihrem Konzept haben sie an einem Wettbewerb teilgenommen.

Die Lehrerinnen Julia Senz (links) und Melanie Ruf. Gemeinsam haben sie ein Digitalkonzept für den Unterricht erarbeitet. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Lehrerinnen Julia Senz (links) und Melanie Ruf. Gemeinsam haben sie ein Digitalkonzept für den Unterricht erarbeitet. Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Die Digitalisierung an den Schulen ist seit Jahren ein Thema. Vor allem seit den ersten coronabedingten Schulschließungen wurde gezeigt, dass Erstellung und Umsetzung digitaler Konzepte zwingend notwendig sind. Schon vor sechs Jahren hatte die Bertelsmann-Stiftung drei Studien in Auftrag gegeben, um anhand von Konzepten und Praxisbeispielen sowohl Möglichkeiten als auch Herausforderungen im Bereich Digitalisierung in der Schule auszuloten. So zeigte sich beispielsweise, dass die Digitalisierung sowohl Chancen als auch Risiken für den einzelnen Schüler im Unterricht birgt, weshalb „der Umgang mit digitalen Medien als gemeinsame, integrale Aufgabe der Unterrichts- und Schulentwicklung adressiert werden“ muss.

Schon lange vor Corona haben sich am Max-Born-Gymnasium Backnang die Lehrerinnen Melanie Ruf und Julia Senz überlegt, wie digitale Elemente für den Unterricht genutzt werden können. Da ihrer Ansicht nach in der Öffentlichkeit eher das Bild des ziemlich medienscheuen Lehrkörpers vorherrschte, der den digitalen Möglichkeiten im Klassenzimmer hinterherhechelt, hatten sie sich zum Ziel gesetzt, dieses Bild zu ändern.

Das Konzept zeigt digitale Helfer für verschiedene Unterrichtselemente

Im vergangenen Schuljahr war Senz noch Referendarin und lernte während der Ausbildung einige digitale Anwendungen kennen. „Corona hat das Ganze dann verstärkt und man durfte es dann auch gleich anwenden“, erinnert sie sich. Wichtig war den beiden, einerseits zu zeigen, was Lehrer in diesem Bereich schon können, und zudem ihr Wissen an die Kollegen weiterzugeben. Besonders wichtig – die Nutzung der digitalen Möglichkeiten im Unterricht ist nicht schwierig. „Wir wollten zeigen, dass man auch mit wenig Handgriffen schon tolle Sachen machen kann“, erläutert Julia Senz. Um die Hemmschwelle zu senken und die Angst vor den Neuen Medien zu nehmen. „Es gibt sehr viele Anwendungen, für die man einen kostenlosen Account erstellen und dann nutzen kann“, erklärt Ruf.

Herausgekommen ist ein durchdachtes Konzept, das verschiedene Anwendungen für unterschiedliche Unterrichtselemente zu einem Ganzen zusammensetzt: für den Einstieg in ein Thema, die Erarbeitungsphase, zur Übung und Wiederholung. Theoretisch wäre es sogar möglich, eine komplette Unterrichtsstunde nur über diese Anwendungen zu erstellen, doch dies halten beide nicht für sinnvoll. „Das Maß macht’s“, finden beide. Die verwendeten Anwendungen innerhalb des Konzepts sind dabei leicht zu bedienen und somit auch für „digitale Anfänger“ geeignet. Die verschiedenen Programme zu einem schlüssigen Konzept zusammenzubringen dauerte dann nur wenige Tage. Anlass war der Wettbewerb „Bildungsinitiative Digitalheroes@Klassenzimmer“ (siehe Infokasten).

Die Lern-Apps können dabei nicht nur im Unterricht genutzt werden. Auf den zugehörigen Arbeitsblättern findet sich ein QR-Code, der direkt zur entsprechenden Plattform verweist. So kann beispielsweise zu Hause nochmals nachgelesen und geübt werden, was im Unterricht behandelt worden ist. Durch die direkte Bearbeitung am Bildschirm werden zudem Papier und dadurch Ressourcen geschont.

Nicht der gesamte Unterricht sollte digital gemacht werden

Den Schülern gefällt es, dass die Neuen Medien so in den Unterricht integriert werden. Von Vorteil ist dabei sicher auch die gute digitale Ausstattung der Schule mit WLAN und iPads, die zur Verfügung gestellt werden. Die Praxis hat zudem gezeigt, dass gar kein Bedarf besteht, alles nur digital zu machen. So habe die Kursstufe beispielsweise geäußert, dass auch das ganz klassische Schreiben mit Stift und Papier definitiv zum Arbeiten dazugehört.

Auch wenn Julia Senz mittlerweile nicht mehr am Max-Born-Gymnasium ist und sie bei dem Wettbewerb nicht unter die ersten drei kamen, arbeiten die beiden Kolleginnen weiterhin zusammen am Digitalkonzept. Das funktioniert schulübergreifend ausgezeichnet. Zudem ist es beiden wichtig, dass der gesamte Lehrkörper auf ihre Vorarbeit zurückgreifen kann. Sie haben extra eine „Digitalschulstunde“ erstellt, um die verschiedenen Anwendungen leicht verständlich vorzustellen, um so auch Kollegen mit wenig Erfahrung im digitalen Bereich die Berührungsängste zu nehmen.

Digital Heroes im Klassenzimmer

Wettbewerb Um Lehrkräfte, die bereits erfolgreich digitale Medien im Unterricht einbinden, zu unterstützen und technische Innovationen an den Schulen voranzubringen, wurde der Wettbewerb „digitalheroes@Klassenzimmer“, dotiert mit 10000 Euro, ins Leben gerufen. „digitalheroes@Klassenzimmer“ zeichnet Teams oder einzelne Lehrkräfte in Baden-Württemberg aus, die digitale Medien und Werkzeuge beziehungsweise digitale Unterstützungssysteme zukunftsweisend nutzen und neue Unterrichtsformen erproben, sagt Mathias Wagner, Vorstandsvorsitzender von Chg-Meridian, zum Start des Wettbewerbs.

Initiatoren Die von der Mossakowski-Stiftung aus Ravensburg initiierte Bildungsinitiative wird von Chg-Meridian unterstützt und vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (ZSL) beraten. Experten haben die eingereichten Projekte bewertet.

Praxisbeispiele Ausgezeichnet wurden die drei besten Praxisbeispiele aus baden-württembergischen Schulen. Insgesamt 34 Initiativen wurden nominiert.

Digitalkonzept Das Digitalkonzept von Melanie Ruf und Julia Senz ist abrufbar unter: https://youtu.be/o7iA43rqr3s

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Erstellt:
8. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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