Frühzeitiger Abbau bleibt unbestraft

Gerade bei schlechtem Wetter gehen Marktbeschicker in Backnang oft vor dem offiziellen Ende – Sie haben keinen leichten Stand

Die Marktsatzung der Stadt Backnang regelt, wann die Stände spätestens aufgebaut sein müssen und wann sie frühestens wieder abgebaut werden dürfen. Nicht alle Marktbeschicker halten sich daran, das wurde auch kürzlich in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses zur Sprache gebracht. Sanktionen will die Stadt deswegen aber nicht aussprechen – die Beschicker haben es nämlich nicht leicht.

Die Kinder suchen nach den bunten Eiern im Sortiment, die Erwachsenen können solange einkaufen: Mit diesem Prinzip lockte der Ostermarkt in Backnang neue Kundschaft an. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Kinder suchen nach den bunten Eiern im Sortiment, die Erwachsenen können solange einkaufen: Mit diesem Prinzip lockte der Ostermarkt in Backnang neue Kundschaft an. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Natürlich hätte sie es gerne, wenn alle Marktbeschicker bis zum offiziellen Ende des Wochenmarkts um 13.30 Uhr ihre Waren verkauften, sagt Gisela Blumer. Die Rechts- und Ordnungsamtsleiterin der Stadt Backnang ist aber auch realistisch: „Wir können sie nicht zwingen, so lange zu bleiben.“ Spätestens um 7.30 Uhr beginnt der Markt, frühestens um 13 Uhr dürfen die Beschicker mit dem Abbau beginnen – so steht es in der Marktsatzung der Stadt Backnang. Nicht jeder hält sich auch daran. Zwar gäbe es die Möglichkeit, Sanktionen auszusprechen, doch „die Folge wäre dann wahrscheinlich, dass die Marktbeschicker gar nicht mehr kommen“. Gisela Blumer setzt deshalb auf Gespräche mit den Händlern und versucht, ein Einvernehmen zu erzielen.

Denn dass es die Marktbeschicker zunehmend schwer haben, ist auch der Stadtverwaltung nicht entgangen. „Der Markt ist kleiner geworden“, hat Blumer beobachtet. Einige langjährige Händler hätten altersbedingt aufhören müssen, vielen von ihnen sei es nicht gelungen, Nachfolger zu finden. Zwar sei man bemüht, neue Beschicker zu akquirieren, doch „oft ist ihnen der Wochenmarkt nicht lukrativ genug“, weiß die Ordnungsamtsleiterin. „Die Konkurrenz durch Supermärkte ist hart.“ Inzwischen finden sich nämlich auch in Discountern wie selbstverständlich Bioprodukte.

Händler haben mit Personalknappheit zu kämpfen

Sich von den Supermärkten abzuheben ist die Strategie, die der Stand „Käse und mehr“ verfolgt. „Die Leute schätzen es, wenn es auch anderes als die Standardprodukte gibt“, erklärt Annette Weller. Ausgefallene Varianten von Ziegenkäse etwa. Das klappe so gut, dass der Stand seit drei Jahren nicht mehr nur mittwochs, sondern auch samstags seine Waren feilbietet. Doch unproblematisch ist das Ganze nicht: „Wie die meisten anderen auch, haben wir Personalprobleme“, erzählt Weller. So früh aufzustehen, um auch bei schlechtem Wetter auf dem Markt zu stehen – das sei nicht besonders beliebt. „Man findet immer weniger Verkäufer, beispielsweise auch für den Erdbeerstand“, sagt auch Melanie Kirsten vom Obstbau Schaaf. Sie verkauft auf vier Märkten Obst und Gemüse, einen Markt in Stuttgart habe man hingegen aufgeben müssen – „weil nebenan ein Supermarkt gebaut wurde“.

Entscheidend für den Erfolg eines Markts ist das Kundenverhalten und das hat sich mit den Jahren verändert. „Zum Glück haben wir unsere Stammkunden, die kommen eigentlich immer“, erzählt Sylvia Werwinska. Sie verkauft seit etwa 18 Jahren Obst und Gemüse am Stand der Familie Adrion und kennt ihre Kunden inzwischen gut. Viele von ihnen sind Senioren, zudem kommen auch Familien mit Kindern auf den Markt. Die jüngeren Erwachsenen, das hat Melanie Kirsten bemerkt, kommen weniger – sie wollen ihre Einkäufe auf einen Schlag erledigen, daher gehen sie eher in Supermärkte. „Das ist bequemer, vor allem wenn man wenig Freizeit hat“, weiß sie.

Besondere Aktionen locken neue Kundschaft auf den Markt

Etwas anders sei das bei richtig gutem Wetter, da kämen allgemein mehr Kunden. Bei Regen und Kälte flache das Geschäft hingegen schon ab 12.30 Uhr merklich ab. „Dann machen einige auch früher zu.“ Gerade im Winter könne sie den Beschickern daraus keinen Vorwurf machen, sagt auch Gisela Blumer. „Die Händler sind oft schon in der Nacht auf den Beinen, um ihre Ware aufzuladen.“ Gerade für jene, die sowieso mit der Personalknappheit kämpfen, sei es schwierig auszuharren, wenn kaum noch Kunden kommen. „Es gehört viel Engagement dazu und Herzblut. Wir sind froh um jeden, der das auf sich nimmt.“

Um mehr Kunden auf den Wochenmarkt zu locken, lässt sich auch die Stadtverwaltung immer wieder etwas Neues einfallen. „Wir gestalten regelmäßig Events und Aktionen in Zusammenhang mit dem Markt“, sagt Blumer. Beispielsweise hat der Stadtmarketingverein an Ostern bunte Eier im Sortiment der Händler versteckt. Während also die Kinder sich auf die Suche machten, konnten die Erwachsenen einen Blick auf die Waren werfen, so die Idee dahinter. Das Prinzip geht auf: „Wenn es besondere Aktionen gibt, wird es auf einmal richtig voll“, hat auch Melanie Kirsten erlebt.

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Erstellt:
23. Mai 2019, 06:00 Uhr

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