Geflügelhalter in Habachtstellung

Nachdem in einem Betrieb in Auenwald die Geflügelpest nachgewiesen wurde, machen sich die Landwirte im Umfeld auf strengere Haltungsbedingungen gefasst. Wie genau diese aussehen werden und für wen sie gelten, ist noch nicht bekannt.

Anna Sommer hält auf dem Heslachhof in Auenwald auch Hühner – fast alle im Stall. Noch weiß sie nicht, ob ihr Hof in das geplante Sperrgebiet fällt und wie genau die Sicherheitsvorkehrungen dann aussehen werden. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Anna Sommer hält auf dem Heslachhof in Auenwald auch Hühner – fast alle im Stall. Noch weiß sie nicht, ob ihr Hof in das geplante Sperrgebiet fällt und wie genau die Sicherheitsvorkehrungen dann aussehen werden. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

AUENWALD. In einem Legehennenbetrieb in Auenwald ist die Geflügelpest nachgewiesen worden. „Das Untersuchungsamt Stuttgart hat die im Kontaktbetrieb entnommenen Proben positiv auf das Geflügelpestvirus getestet“, teilt das Landratsamt Rems-Murr-Kreis mit. Doch wie geht es nun weiter? Erst einmal sei abwarten angesagt, denn eine abschließende Bewertung durch das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) in Riems stehe noch aus und sei für die nächsten Tage zu erwarten. „Sofern das FLI das Untersuchungsergebnis bestätigt, wird der Ausbruch der Geflügelpest im Rems-Murr-Kreis amtlich festgestellt und es werden die weiteren Maßnahmen ergriffen.“ Wie genau diese aussehen, ist noch nicht bekannt. Alle Tiere in dem betroffenen Betrieb mussten getötet werden. Angekündigt ist zudem, dass in einem Radius von drei Kilometern um den Ausbruchsbestand ein Sperrgebiet, in einem Radius von insgesamt zehn Kilometern ein Beobachtungsgebiet festgelegt werde. Dort gelten dann Aufstallungs- und Meldepflicht sowie Handelsbeschränkungen.

Anna Sommer musste aus der Zeitung vom Geflügelpestvorfall in Auenwald erfahren. „Ich habe noch gar nichts vom Veterinäramt gehört“, sagt die Betreiberin des Heslachhofs in Auenwald gestern Nachmittag. Sie kenne den betroffenen Betrieb nicht, insofern wusste sie zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, ob ihr Hof womöglich im Drei-Kilometer-Umkreis davon und somit im Sperrgebiet liegt. Erleichterung verspüre sie angesichts der Tatsache, dass sie in letzter Zeit keine neuen Hühner bekommen hat. So war das Virus nämlich nach Auenwald gekommen – über eine Lieferung aus einem Betrieb in Nordrhein-Westfalen. „Ich kann also sicher sagen, dass ich von dieser Lieferung nicht auch etwas abbekommen habe.“ Dennoch gelten für sie womöglich bald strengere Sicherheitsvorkehrungen. Wie genau die dann aussehen, müsse sie erst noch abwarten, da habe sie keine Vorstellungen. Die Stallhaltung stellt Anna Sommer nicht vor große Herausforderungen. Der Großteil ihrer mehr als 200 Hühner sei sowieso schon im Stall – „wir haben hier in der Nähe des Waldes Probleme mit Greifvögeln, Füchsen und Mardern“, erklärt sie.

Geflügelhalter sind schon jetzt aktiv, was Prävention angeht.

Für die Vorkehrungen des Veterinäramts hat Bernd Reber, Betreiber des gleichnamigen Geflügelhofs in Murrhardt, Verständnis. Er macht allerdings auch deutlich, dass er sich im Vorfeld mehr präventive Maßnahmen erhofft hatte. „Für mich ist das völlig unverständlich, dass man zugelassen hat, dass jemand aus einem bekannten Risikogebiet Junghennen einkauft.“ Denn, das sagt Reber ganz klar, dass der nördliche Teil Deutschlands massive Probleme mit der Geflügelpest habe, sei schon lange bekannt. Ihn habe insofern weniger überrascht, dass das Virus in der Region ankommt, sondern vielmehr, dass man nicht längst auf die Entwicklungen im Norden reagiert habe. „Wir waren immer auf Alarm geschaltet“, sagt er. Auf seinem Hof seien längst Vorkehrungsmaßnahmen getroffen worden. Da er eigene Junghennen habe, müsse er nicht zukaufen. „Zukauf bedeutet immer ein Risiko“, erklärt der Landwirt. Das habe er bewusst minimiert.

Ähnlich geht es auch Micha Baumgärtner, der in Aspach Puten hält. Über den Verband werde er seit Monaten zu aktuellen Geflügelpestvorfällen informiert. Dass es auch in der Region irgendwann ankomme, sei nur eine Frage der Zeit gewesen, das Wie finde aber auch er fragwürdig. Bezüglich des weiteren Vorgehens sei er gestern schon in Kontakt mit dem Veterinäramt gewesen. „Puten sind für die Geflügelpest anfällig“, weiß er, „aber wir sorgen schon längst vor.“ Seine Tiere würden nur im Stall gehalten und dieser sei außen mit Klappen versehen, sodass Wildvögel nicht rankommen. Zudem dürften keine Fremden – abgesehen vom Tierarzt – den Stall betreten, er selbst desinfiziere die Schuhe, trage betriebseigene Bekleidung, betreibe Schadnagerbekämpfung und ergreife viele weitere Vorsichtsmaßnahmen. Insofern könne er sagen: „Die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus den Weg hierher findet, ist sehr gering.“ Er rechnet damit, dass die tierärztliche Untersuchung, die vor der Schlachtung stattfindet, nun womöglich enger getaktet wird. Da er aber erst in ein paar Monaten wieder schlachte, sei das für ihn nicht weiter schlimm.

Bernd Reber beobachtet das Geschehen in der Region genau und tauscht sich mit Kollegen aus. Die Geflügelpest sei eine wiederkehrende Geschichte, nur vor lauter Coronavirus sei das Problem in den Hintergrund gerückt. „Das ist ein sehr ernst zu nehmendes Problem“, sagt der Murrhardter. Und die Sicherheit von Lebensmitteln müsse schließlich auch oberste Priorität haben.

Ansteckungsgefahr für Menschen besteht aktuell nicht

Die Geflügelpest oder aviäre Influenza ist eine Infektionskrankheit der Vögel, die durch Influenzaviren hervorgerufen wird. Als „klassische Geflügelpest“ wird eine besonders schwere Verlaufsform der Krankheit mit aviären Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 bei Geflügel und sonstigen Vögeln bezeichnet.

Verschiedene Serotypen des Geflügelpestvirus können durch Luftübertragung auch zu Erkrankungen bei Menschen führen. Nach derzeitigem Kenntnisstand des Landratsamts besteht aktuell keine Ansteckungsgefahr für Menschen. Die Eier des Kontaktbetriebs dürfen zur Vermeidung einer Weiterverbreitung der Tierseuche an andere Vögel aber nicht in den Verkehr gelangen und müssen unschädlich beseitigt werden.

Bisher wurde in Baden-Württemberg die Freilandhaltung nicht landesweit oder regional untersagt. Daher besteht die Möglichkeit, dass sich im Freiland gehaltene Vögel und Wildvögel gegenseitig anstecken und erkranken. Der Rems-Murr-Kreis hat bereits vor mehreren Wochen dringend empfohlen, das Geflügel freiwillig aufzustallen und die erforderlichen Biosicherheitsmaßnahmen zu beachten.

Die Bekämpfung der Geflügelpest ist in der Europäischen Union einheitlich geregelt. Im Falle der amtlichen Feststellung der Geflügelpest werden unter anderem Restriktionszonen festgelegt, in denen auch das Verbringen von Tieren und Waren streng reglementiert wird. Dies dient der Vermeidung der Weiterverbreitung der Tierseuche. Zu den genauen Abläufen der Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen liegen dem Veterinäramt Rems-Murr-Kreis keine Erkenntnisse vor.

Eine Impfung gegen die Geflügelpest ist in der EU nicht zulässig.

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Erstellt:
26. März 2021, 06:00 Uhr

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