Gemischtes Zeug in der braunen Tonne

Abfallwirtschaft Rems-Murr will gegen Störstoffe im Biomüll angehen – Infokampagne mit Kontrollen in Vorbereitung

Kunststofftüten, Metallteile und Dosen, Steinplatten, ja sogar Stofftiere: Was da alles in der Vergärungsanlage in Neuschöntal ankommt, hat mit Biomüll nichts mehr zu tun. Die Störstoffe bereiten bei der Verarbeitung der Abfälle zunehmend Probleme. Für Abfallwirtschaftschef Gerald Balthasar steht deshalb fest: „Wir müssen drüber reden.“

Im Auftrag der Abfallwirtschaft Rems-Murr sammeln Mitarbeiter der Murrhardter Firma Schäf den Biomüll aus der braunen Tonne ein. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Im Auftrag der Abfallwirtschaft Rems-Murr sammeln Mitarbeiter der Murrhardter Firma Schäf den Biomüll aus der braunen Tonne ein. Foto: J. Fiedler

Von Armin Fechter

BACKNANG. Bis zu 5000 Tonnen pro Jahr sondert die AWRM an nicht verwertbaren Materialien aus dem Biomüll aus. Die Palette an unterschiedlichen störenden Stoffen ist riesig, machte der Vorstandsvorsitzende Balthasar dieser Tage im Verwaltungsrat deutlich und bemerkte, die Trenndisziplin der Bürger lasse hier zu wünschen übrig. Balthasar richtet dabei den Blick auf die Qualität der Produkte, die bei der Vergärung entstehen: Flüssigdünger und Kompost.

In der Neuschöntaler Anlage werden seit dem Jahr 2011 sämtliche im Rems-Murr-Kreis gesammelten Bioabfälle behandelt und verwertet. Aus den bis zu 37000 Tonnen Abfall in der braunen Tonne gewinnt die AWRM jährlich rund 10 Millionen Kilowattstunden Strom und 8000 Tonnen Kompost sowie 24000 Tonnen Flüssigdünger. Kompost und Flüssigdünger werden nach RAL-Gütekriterien zertifiziert und dem natürlichen Kreislauf wieder zugeführt.

Allerdings steigen die Qualitätsanforderungen, die bei der Erzeugung organischer Düngeprodukte aus Biomüll zugrunde gelegt werden. Daher sind, wie Balthasar ausführte, die in der braunen Tonne enthaltenen Störstoffe in letzter Zeit immer stärker in den Blick gerückt. Nimmt ihr Anteil zu, wächst auch der Aufwand in der Anlage, um die Qualität der Produkte zu sichern. Gleichzeitig wachsen die Mengen, die als sogenannte Siebüberläufe anfallen und getrennt entsorgt werden müssen. Dabei handelt es sich nicht nur um Stücke, die fälschlicherweise in der braunen Tonne gelandet sind, sondern zu einem guten Teil auch um Material, das stark mit Störstoffen durchsetzt ist und im Prozessablauf nicht mehr weiter sortiert werden kann. „Das ist gemischtes Zeug, das nicht mehr trennbar ist“, erläuterte Balthasar.

Ein Metalldetektor soll beim Leeren der Gefäße zum Einsatz kommen

Vor diesem Hintergrund will die AWRM eine Bioabfallkampagne starten. „Wir wollen aufklären und sensibilisieren“, ergänzte Landrat Richard Sigel als Verwaltungsratsvorsitzender. Öffentlichkeitsarbeit steht dabei im Vordergrund: Den Bürgern soll nahegebracht werden, wie eine Biotonne richtig gefüllt werden sollte. Die AWRM plant dafür einen multimedialen Ansatz, der auch schon andernorts mit Erfolg praktiziert wurde und, wie Vorstandsmitglied Anika Fritz erläuterte, beispielsweise im Rhein-Neckar-Kreis eine Reduzierung des Plastikanteils um 20 Prozent gebracht hat.

Teil der Kampagne sollen aber auch Kontrollen sein – zum einen eine einfache optische Kontrolle, also der Blick in die Tonne, zum anderen eine technische Kontrolle mithilfe eines Metalldetektors, der an der Schüttung des Fahrzeugs angebracht wird. So ein Gerät spürt zwar nur Metall auf, während Kunststoffe nicht direkt entdeckt werden können. Die Erfahrungen haben aber laut Balthasar gezeigt, dass in Tonnen, die Metallstücke enthalten, auch der Rest oft nicht ordentlich sortiert ist. Wird eine solche Tonne gefunden, gibt es die Gelbe Karte als Warnhinweis in Form eines Informationsanhängers. In einer darauf folgenden Rotphase werden detektierte Tonnen nicht mehr geleert, und es gibt dann einen roten Anhänger. Die Inhalte der betreffenden Tonne müssen dann nachsortiert werden. Alternativ können die Besitzer eine extra Banderole erwerben und die beanstandete Tonne dann als Restmüll leeren lassen.

Im Zusammenhang mit der Biomüllkampagne will die AWRM dem Thema biologisch abbaubare Abfallbeutel besondere Aufmerksamkeit widmen. Das Problem mit solchen Tüten ist, dass sie, wie Technikleiter Lutz Bühle erklärte, je nach Hersteller ganz unterschiedlich zusammengesetzt sind und sich folglich in der Anlage auch unterschiedlich verhalten. Zudem sei für den Müllwerker meist nicht erkennbar, um welche Art Tüte es sich handelt.

Der Abfallbetrieb empfiehlt, Biomüll in Papier zu packen

Versuche mit Abfallbeuteln hätten überdies ergeben, dass diese während des kurzen Zeitraums in der Anlage nicht verrotten können, wie Stefanie Baudy von der AWRM-Öffentlichkeitsarbeit erklärt – am Ende aber seien sie sichtbarer Bestandteil im Kompost. „Wir empfehlen Papierbeutel“, sagt der Experte Bühle deshalb unmissverständlich.

„Wir müssen ein Umdenken erreichen“, fasste Richard Sigel im Verwaltungsrat die Erfahrungen mit dem Biomüll zusammen. Zugleich räumte er aber auch ein: „Wir können nichts versprechen.“

Was in Neuschöntal ankommt, besteht nicht nur aus Biomüll: Kunststofftüten unterschiedlicher Art, manchmal auch Dosen und sogar Steinplatten landen in der Vergärungsanlage. Wegen der Störstoffe appelliert die Abfallwirtschaft Rems-Murr jetzt an die Trenndisziplin der Bürger. Foto: AWRM

© AWRM

Was in Neuschöntal ankommt, besteht nicht nur aus Biomüll: Kunststofftüten unterschiedlicher Art, manchmal auch Dosen und sogar Steinplatten landen in der Vergärungsanlage. Wegen der Störstoffe appelliert die Abfallwirtschaft Rems-Murr jetzt an die Trenndisziplin der Bürger. Foto: AWRM

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Erstellt:
9. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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