Julian Kamps gegen 9 to 5
Gen Z wehrt sich: Influencer trifft mit Kritik am Arbeitsleben einen Nerv
Mit seinem viralen Video zur 40-Stunden-Woche löst Influencer Julian Kamps eine hitzige Debatte über Work-Life-Balance und die Generation Z aus. Was steckt hinter seiner Kritik?
 
          © IMAGO/Westend61
In dem viralen Video wird unter anderem hinterfragt, ob eine 40-Stunden-Woche gut für die mentale Gesundheit ist. (Symbolbild)
Von Jenny Hilger
“Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass das das Leben ist.“ Mit diesen Worten hat Influencer Julian Kamps das Internet gespalten. Während seine Kritik an der 40-Stunden-Woche und dem 9-to-5-Arbeiten bei den einen auf Verständnis stößt, hagelt es auch mächtig an Beleidigungen gegen den 24-Jährigen.
Durch das Instagram-Video vom 22. Oktober mit mittlerweile 5,4 Millionen Aufrufen sind Fernsehen und Zeitungen auf Julian Kamps aufmerksam geworden. WDR, RTL, Bild und Frühstücksfernsehen – der Influencer geht aktuell mit dem Thema durch die Medien.
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Schwächling, Versager, Weichei – so wird der 24-Jährige in der Kommentarspalte seines viralen Videos beleidigt. „Vielleicht solltest du weniger Zeit damit vertrödeln, dämliche Videos zu drehen“, schreibt ein Instagram-Nutzer. Doch auch Kritik an seiner Rechnung im Video, er habe nach der Arbeit nur noch dreieinhalb Stunden Zeit zum Leben, ist dabei.
Clash zwischen den Generationen
Andererseits werden gute Argumente angesprochen von Leuten, die dem Influencer zustimmen. „Die 40 Stunden Woche stammt aus einer Zeit, in der nur der Mann arbeiten ging“, schreibt ein User. Oft wird die mentale Gesundheit angesprochen und der Umstand, dass es immer teurer wird, seinen Lebensunterhalt zu gestalten.
„Ich höre nur noch Mimimi von der jüngeren Generation“, schreibt ein Instagram-User und trifft damit einen zentralen Punkt der Debatte: ein Generationenstreit. Kamps Kritik wird von vielen als ein Beweis aufgenommen, dass die jungen Leute der Generation Z – ein Sammelbegriff für die Jahrgänge 1996 bis 2010 – nichts mehr aushalten und sich nur beschweren würden. „Hört sich jetzt vielleicht auch mega Gen Z an, aber was soll das?“, sagt er selbst in dem viralen Video.
58 Prozent der 60-Jährigen wollen weniger arbeiten
Dabei ist Kamps Wunsch, eine gesunde Work-Life-Balance zu haben, überhaupt kein neuer. Und es ist nicht zwingend eine Frage des Alters. Laut einer Umfrage des Karriereportals XING zieht sich das Verlangen, einen kürzeren Arbeitstag zu haben, durch die gesamte Bevölkerung.
Zwar ist der Anteil bei den 25- bis 34-Jährigen mit 74 Prozent am höchsten, auch Kamps spricht in seinem Video davon, seine Stunden reduzieren zu wollen. Doch auch bei der ältesten Gruppe, den 55- bis 65-Jährigen, wollen mehr als die Hälfte der Befragten weniger arbeiten.
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Auch mit einer weiteren Aussage in einem Folgevideo zu seinem viralen Hit trifft der Influencer auf einen wahren Kern: „Ihr könnt mir zwar sagen, ihr geht gerne zur Arbeit – ich gehe auch gerne zu meiner Arbeit – aber nichtsdestotrotz bleibt am Ende des Tages total wenig Zeit für Family and Friends.“
Beziehungen als Glücksfaktor Nummer Eins
Genau diese Beziehungen sind jedoch entscheidend für ein ausgeglichenes und glückliches Leben. Die Harvard-Universität macht seit mehr als 80 Jahren eine Langzeitstudie zum Thema Glück und fand dabei heraus: Gute soziale Beziehungen sind auf Platz Eins der Faktoren, die ein glückliches und langes Leben ausmachen.
Was bei dem Video von Julian Kamps oft missverstanden wird: Der 24-Jährige hat sich nicht nach nur drei Wochen im Berufsleben dafür entschieden, dass ihm das Arbeiten zu anstrengend ist. In einem weiteren Instagram-Video stellt er klar: Er arbeitet seit sieben Jahren. Vor seinem jetzigen Job hat er bei einer Bank gearbeitet.
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Er beschreibt seine Kollegen dort, die „wie im Trott und Hamsterrad“ gearbeitet haben. „Die laufen einfach durch diese Bank und man sieht: diese ganze Lebensenergie ist weg“, erzählt er. „Das ist meine Horror-Vorstellung und nicht das Leben, das ich haben möchte.“
Junge Menschen wollen arbeiten
Der Influencer glaubt nicht daran, dass seine Generation faul wäre und nicht arbeiten wolle. „Ich glaube, ich spreche für alle aus meiner Generation, wenn ich sage, dass wir Lust haben zu arbeiten. Wir wollen arbeiten“, sagt er in einem weiteren Reel zur Thematik.
Im Februar veröffentlichte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine Studie, die sogar das Gegenteil der gängigen Vorurteile aussagt: Junge Menschen arbeiten so viel, wie seit den 1990er-Jahren nicht mehr. Seitdem wurde die viel behauptete Faulheit der Generation Z in den Medien immer wieder neu aufgegriffen und diskutiert.
Beitrag zu einem gesamtgesellschaftlichen Dialog
Julian Kamps viraler Hit ist also sein Beitrag zu der großen Debatte rund um die Zukunft des Arbeitsmarktes. Und eine seiner Bitten wurde auf jeden Fall durch die ausführlichen Reaktionen und das Interesse von der Presse und Talk-Shows erfüllt: „Sagt mir bitte, dass ich nicht der Einzige bin, der so fühlt.“
Wer ist eigentlich Julian Kamps?
Zur PersonJulian Kamps stammt ursprünglich aus Wesel. Bekannt wurde der 24-Jährige durch Germany’s Next Topmodel. In der 19. Staffel überzeugte er im Casting, schaffte es in die Endrunde – und entschied sich dann gegen die Dreharbeiten auf Teneriffa, weil er die Casting-Show zu dem Zeitpunkt nicht in sein Leben integrieren konnte. Er arbeitet nebenberuflich als Model, hauptberuflich bei einer Marketing-Firma in Düsseldorf. Seit ein paar Jahren ist er auf Instagram aktiv, wo er aktuell rund 13 200 Follower hat.

 
             
            