Gericht zu „StreamOn“: Telekom-Verstoß gegen Netzneutralität

dpa Bonn. Unterwegs Videos oder Musik streamen, ohne dass das monatliche Datenvolumen schrumpft - mit diesem Versprechen locken die Telekom und Vodafone Kunden mit ihren Streaming-Tarifen. Die Telekom muss hierzu nun aber einen Rückschlag vor Gericht hinnehmen.

Die Deutsche Telekom muss ihre „StreamOn“-Tarife nach einer Gerichtsentscheidung ändern oder vom Markt nehmen. Foto: Oliver Berg

Die Deutsche Telekom muss ihre „StreamOn“-Tarife nach einer Gerichtsentscheidung ändern oder vom Markt nehmen. Foto: Oliver Berg

Die Deutsche Telekom muss ihre „StreamOn“-Tarife nach einer Gerichtsentscheidung ändern.

Der Datenverkehr werde nicht wie vorgeschrieben gleichbehandelt - dies sei ein Verstoß gegen die Netzneutralität, teilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster mit (Aktzenzeichen 13 B 1734/18) und gab in dem sogenannten Eilverfahren der Bundesnetzagentur recht. Zudem würden EU-Roamingregeln nicht eingehalten. Die Bonner Behörde hatte bereits Ende 2017 eine Änderung verfügt, woraufhin die Telekom vor Gericht zog.

Ganz Schiffbruch erlitten hat das Unternehmen noch nicht, da ein separates Hauptsacheverfahren am Kölner Verwaltungsgericht noch läuft - dieses hat nun aber keine aufschiebende Wirkung. Die Chancen auf Erfolg sehen in dem Hauptsacheverfahren allerdings nicht allzu rosig aus - es soll von derselben Kammer entschieden werden, die in erster Instanz des Eilverfahrens pro Netzagentur entschieden hatte.

Bei „StreamOn“ wird der Datenverbrauch bei bestimmten Apps nicht auf das Monatsvolumen angerechnet, wenn man zum Beispiel Videos über Netflix oder die ARD Mediathek streamt. Allerdings drosselt die Telekom die Übertragungsrate, und man kann den Film unterwegs nur in der recht niedrigen SD-Auflösung ansehen. Würde das Video außerhalb des „StreamOn“-Tarifs geguckt und auf das monatliche Datenvolumen angerechnet, so könnte man auf HD-Qualität kommen. Diese „Videodrossel“ stört die Netzagentur und das OVG, da hierbei Datenströme eben nicht gleichbehandelt würden.

Zweiter kritischer Punkt in dem jahrelangen Streit sind Reisen ins EU-Ausland. Werden dort Videos oder Songs gestreamt, wird der Datenverbrauch auf das Monatsvolumen angerechnet - trotz „StreamOn“. Die Münsteraner Richter werteten dies als zusätzliches Entgelt gegenüber dem inländischen Endkundenpreis - so ein „ungünstigerer Entgeltmechanismus“ sei nach europäischen Roaming-Regeln aber verboten. Der Beschluss der Münsteraner Richter ist die zweite und höchste Instanz des Eilverfahrens. Er ist unanfechtbar.

Ein Sprecher der Netzagentur zeigte sich nach der Entscheidung erfreut, dass das Gericht die Rechtsauffassung seiner Behörde bestätigt habe. „Wir werden die Anpassung des Produkts nun zügig gegenüber der Telekom durchsetzen.“

Die Telekom will die Gerichtsentscheidung prüfen. Man erwarte von der Bundesnetzagentur, dass sie „durch eine angemessene Umsetzungsfrist“ die erforderlichen Anpassungen ermögliche, sagte ein Telekom-Sprecher. „Von der Rechtmäßigkeit von StreamOn sind wir weiterhin überzeugt und werden auch zukünftig alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.“

Konkurrent Vodafone hat mit dem „Vodafone Pass“ ein ähnliches Produkt. Nach Beanstandungen der Bonner Regulierungsbehörde sicherte Vodafone 2018 aber zu, den Videoverkehr nicht zu drosseln. Im EU-Ausland wird das Streaming hingegen - wie bei der Telekom - auf das Monatsvolumen angerechnet, unbegrenztes Streamen bei schneller Datenübertragung ist im Rahmen des Tarifs also auch hier nicht möglich. Die Netzagentur ordnete eine Änderung an, gegen die Vodafone vor Gericht zog - eine Entscheidung hierzu gibt es noch nicht.

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Erstellt:
15. Juli 2019, 15:06 Uhr

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