Geständnis: Mann hat Freundin getötet
31-jähriger Mann aus Weinstadt verliert im Streit die Nerven – Beziehungen zu zwei Frauen parallel – Prozessauftakt in Stuttgart
Ein 31-jähriger Mann aus Weinstadt hatzugegeben, seine frühere Freundin getötet zu haben. Die Verhandlung vor dem Stuttgarter Landgericht hat am Mittwoch begonnen. Jens Rabe, der Anwalt des Angeklagten, verlas eine Erklärung, wonach sich der Mann bis heute nur sehr schwer erklären könne, wie die Situation am frühen Morgen des4. Juli derart eskalieren konnte.

© ALEXANDRA PALMIZI
Am Fundort der Leiche entschieden sich die Kriminalbeamten, eine Rechtsmedizinerin dorthin zu rufen. Foto: A. Palmizi
Von Andrea Wüstholz
WEINSTADT/STUTTGART. Es war zum Streit mit der 40-jährigen Frau aus Remshalden, einer slowakischen Staatsangehörigen, gekommen. Der Mann würgte die Frau so heftig, dass sie starb. Ihr Leichnam wurde erst sechs Tage später in einem Gebüsch an der Rems bei Endersbach gefunden.
Der Erklärung zufolge hatte der Mann Beziehungen zu zwei Frauen parallel geführt. Sein Interesse an der 40-Jährigen, einer früheren Arbeitskollegin, war sexueller Natur. Er verliebte sich in eine andere Frau, auch eine Arbeitskollegin. Mit ihr entwickelte sich eine ernsthafte Beziehung; seit einigen Tagen ist ein gemeinsames Kind der beiden auf der Welt.
Die 40-Jährige wollte den jetzt Angeklagten für sich haben; es kam offenbar immer wieder zu Anschuldigungen und Wutausbrüchen seitens der Frau. Der Beschuldigte log ihr vor, so hieß es vor Gericht, die andere Frau sei nicht von ihm schwanger, er werde sich von ihr trennen und mit der Slowakin zusammenziehen. In Wirklichkeit sei das nie seine Absicht gewesen.
Der Mann hatte viel Geld von seiner Freundin aus der Slowakei geliehen
Es ging in der gut anderthalb Jahre dauernden Beziehung zu der Slowakin auch um Schulden. Der Mann hatte sich von ihr Geld geliehen. Man traf sich gegen 4 Uhr morgens am 4. Juli auf einem Parkplatz im Endersbacher Kalkofen. Wieder hatte der Mann gelogen. Er hatte behauptet, seine Mutter sei gestorben, er wolle zusammen mit der 40-Jährigen zur Beerdigung fahren.
Schnell wurde der Frau beim Treffen klar, dass sie Lügen aufgesessen war. Was dann geschah, wird das Gericht nun versuchen zu rekonstruieren. In der vom Anwalt verlesenen Erklärung des Angeklagten heißt es, die Frau habe gedroht, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Sie beleidigte ihn, schubste ihn, schlug auf ihn ein, wollte mit einem Stock auf ihn los, er stürzte. Es kam in einem Feld zwischen Rems und B29 zu einem heftigen Gerangel. Der Mann schlug mit der Faust zu und traf die Frau am Auge. Bei der Obduktion wurden später Frakturen an der Augenhöhle festgestellt.
Selbst darüber erschrocken, wie schnell und heftig das Auge der Frau anschwoll, wollte der Mann sie laut seiner Darstellung noch überzeugen, zum Arzt zu gehen, und er wollte weggehen. Doch die Frau hörte nicht auf zu schreien und zu schlagen. Daraufhin habe er die Nerven verloren und ihr die Kehle zugedrückt.
Der Mann schleifte den leblosen Körper in ein Gebüsch an der Rems und bedeckte ihn mit Gras. In den Tagen danach zog es ihn noch öfter an die Stelle.
Zu welchem Zeitpunkt genau die Frau gestorben ist, blieb am ersten Verhandlungstag noch unklar. Die Rechtsmedizinerin wird erst später aussagen.
Unterdessen hat das Landeskriminalamt eine Sport-Pulsuhr ausgewertet, die das Opfer am Handgelenk getragen hatte. Eine Kriminalbeamtin, die am Mittwoch als Zeugin aussagte, stellte die Ergebnisse der Auswertung vor: Von 4.10 Uhr an am 4. Juli ging der Puls deutlich nach oben, fast eine Stunde lang. Danach sackte der Puls deutlich ab. Erst von 13.15 Uhr an speicherte die Uhr keine Pulsaufzeichnungen mehr. Inwieweit diese Aufzeichnungen eine Rolle im Verfahren spielen werden, wird man sehen; es war vor Gericht auch von einem Softwarefehler bei diesem Sportuhrenmodell die Rede.
Frau hat ohne Wissen des Mannes intimes Video aufgenommen und Gespräche mitgeschnitten
Vor Gericht war auch die Rede davon, dass die Frau ohne Wissen des Mannes ein Video angefertigt hatte, als die beiden intim waren. Ferner hat die 40-Jährige offenbar Handytelefonate aufgezeichnet, ohne dass ihr damaliger Freund das wusste.
Bevor mehrere Kriminalbeamte als Zeugen aussagten, berichtete der Angeklagte am Mittwoch, wie sein Leben bisher verlaufen war. Als Kleinkind kam er direkt nach der Wende aus der damaligen DDR mit seinen Eltern in die Region Heilbronn/Franken. Sein Vater war in Stasi-Haft gewesen und wurde später wegen psychischer Probleme frühverrentet. Der Angeklagte lernte Einzelhandelskaufmann, war bei verschiedenen Arbeitgebern tätig, lange Zeit in der Gastronomie. Von einer Spielsucht und Therapien erzählte der Angeklagte – und Krankheiten sowie tiefen psychischen Krisen, die ihn immer wieder heimsuchten. Finanzielle Probleme begleiten ihn seit vielen Jahren. Zuletzt war der Mann als Schichtleiter bei einem Unternehmen im Rems-Murr-Kreis tätig. Seit 11. Juli sitzt er in Untersuchungshaft. Die Beziehung zur Mutter seines Kindes besteht offenbar noch.
Es geht in diesem Verfahren um Totschlag, nicht um Mord. Es sei ihm „schleierhaft“, warum er sich an jenem frühen Morgen im Juli hinreißen ließ, sich gegen die Attacken der Frau zu wehren, hieß es in der Erklärung, die Jens Rabe vortrug. Mehrfach hieß es darin, der Angeklagte entschuldige sich für seine Tat bei den Angehörigen der Frau – wohl wissend, dass er deren Leid dadurch nicht lindern könne. Der Prozess wird am 8. Januar fortgesetzt.