Coronaschutz: GEW erhöht Druck auf Kultusministerium

dpa/lsw Stuttgart. GEW-Chefin Doro Moritz hört auf. Noch einmal geht sie mit dem Kultusministerium hart ins Gericht. Sie fordert einen konsequenteren Schutz der Lehrer und Schüler vor Corona.

Eine Lehrerin schreibt in einer Schule an die Tafel. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Eine Lehrerin schreibt in einer Schule an die Tafel. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Die scheidende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, hat das Kultusministerium aufgefordert, konsequenter auf die steigenden Corona-Infektionen zu reagieren. „Wir brauchen endlich einen Plan B und Maßnahmen, die Schulschließungen vermeiden“, sagte Moritz am Mittwoch in Stuttgart. Jetzt müsse ein Plan für die Zeit nach den Herbstferien entwickelt werden. Die Gewerkschafterin sprach sich erneut für die Teilung des Unterrichts ab Klasse 7 aus. Während ein Teil der Schüler tageweise in Präsenz unterrichtet werde, erhalte der andere Teil Aufgaben für zuhause.

Der Vorsitzende des Philologenverbands, Ralf Scholl, sagte der „Schwäbischen Zeitung“ (Donnerstag): „Ziel darf nicht sein, alles so lange wie möglich offen zu lassen und erst dann zu reagieren, wenn es zu spät ist.“ Um Präsenzunterricht dauerhaft über den Winter ermöglichen zu können, müsse auf ein rollierendes System umgestellt werden. Nach den Schulschließungen vom Frühjahr gab es ein solches System an den Schulen. Auch Thomas Speck, Vorsitzender des Berufschullehrerverbands, sieht darin Vorteile: „Das kann funktionieren und weiterhelfen.“

Gemeindetagspräsident Roger Kehle sagte hingegen: „Unser Eindruck ist, dass das neue Schuljahr unter den vorherrschenden insgesamt gut läuft.“ Zugleich forderte Moritz eine Verlängerung des Angebots für kostenlose Corona-Tests für Lehrer und Erzieherinnen. Solche Tests würden den Lehrern Sicherheit geben. „Ich verstehe nicht, warum hier so geknickert wird.“ Maximal ein Fünftel der Lehrer hätte das Angebot des Sozialministeriums angenommen. Der Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sagte: „Es ist nicht sehr schlüssig, dass bei steigenden Infektionszahlen die Testmöglichkeiten für Lehrkräfte und Erzieher auslaufen sollen - es sollte genau andersrum sein.“ Das Angebot soll Ende des Monats auslaufen. Ein Sprecher des Sozialministeriums verwies auf die Maskenpflicht im Unterricht und darauf, dass Schulen kein Hauptverbreitungsort von Corona seien.

Das Kultusministerium kritisierte die Entscheidung des Sozialministeriums. Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU) sagte: „Wir erwarten, dass der Sozialminister seine ablehnende Haltung fundiert begründet. Leider hat er noch keine Zahlen vorgelegt, wie viele Beschäftigte an Schulen, an Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sich in den vergangenen Wochen freiwillig haben testen lassen.“ Das Angebot sollte bis Ende November verlängert und auf insgesamt drei Tests erhöht werden. Zunächst hatten „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ darüber berichtet.

Die Gewerkschafterin warf dem Kultusministerium ferner mangelnde Corona-Schutzmaßnahmen für Lehrer und Schüler vor. Moritz sagte, seit Juni habe man darauf gedrängt, dass die Schulen zusätzliches Personal erhielten und viele Maßnahmen wie CO2-Messgeräte, FFP2-Masken für Risikogruppen oder Unterricht in kleineren Gruppen vorgeschlagen. „Warum erhalten Unternehmen in wenigen Wochen Rettungspakete und in Kitas und Schulen warten die Kinder, Jugendlichen und die pädagogischen Profis bis heute auf wirklich wirksame Maßnahmen?“, fragte die Gewerkschafterin, die nach zwölf Jahren im Amt aufhört. Nachfolgerin soll Monika Stein aus Freiburg werden.

Der Landesschülerbeirat warnte vor einer langfristigen Maskenpflicht im Unterricht. Sie könne nicht das Mittel der Wahl sein, sagte dessen Vorsitzender David Jung. Falls sie trotzdem beibehalten werde, müsse muss eine Aufklärung über den korrekten Gebrauch von Masken erfolgen. „Es müssen genaue Zeiten angegeben werden, in denen man den Mund-Nasen-Schutz durch einen unbenutzten ersetzt, damit die Wirkung bestehen bleibt.“

Zugleich sprach sich der Schülervertreter für die Installation von Raumfiltern in den Klassenzimmern aus. „Dies hätte auch zur Folge, dass man nicht bei Minusgraden alle zwanzig Minuten lüften muss.“

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei, sagte: „Das Kultusministerium ist nicht auf die zweite Corona-Welle vorbereitet.“ Eisenmann habe die Monate zwischen den Infektionswellen nicht genutzt, um Ordnung in ihre chaotische Corona-Schulpolitik zu bringen. „Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten, eindeutige Konzepte zur Belüftung und Maskenpflicht und das Aufholen der Lernrückstände fiel offensichtlich der Wahlkampfplanung der CDU-Spitzenkandidatin zum Opfer.“ Im März 2021 ist im Südwesten Landtagswahl.

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Erstellt:
21. Oktober 2020, 12:09 Uhr

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