Gewappnet gegen den Blackout

Die Rems-Murr-Kreispolitiker machen sich in ihren Anträgen Gedanken um den Katastrophenschutz und malen mitunter düstere Szenarien an die Wand. Im Landratsamt macht man sich bereits Gedanken, wie die kommunale Familie künftig im Krisenfall agieren kann.

Einsatz des DRK bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz. Symbolfoto: P. Köhler

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Einsatz des DRK bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz. Symbolfoto: P. Köhler

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. Die Bilder der Zerstörung wirken offenkundig nach, auch wenn das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr so präsent ist: Die Hochwasserkatastrophe, die sich im Sommer im Westen Deutschlands ereignete, beschäftigt auch die politischen Fraktionen des Rems-Murr-Kreistags weiterhin. Das belegen einige der jüngsten Haushaltsanträge im Verwaltungsausschuss, mit denen sich die Kreisverwaltung unter der Leitung von Landrat Richard Sigel befasst hat.

Sind Katastrophenpläne im Landkreis und seinen Kommunen vorhanden? Gibt es klare Absprachen und Zuständigkeiten? Wie sind die Hilfsorganisationen dabei eingebunden? Wie wird die Grundversorgung von Wasser, Strom und Gas sichergestellt? Wie die Nahrungsversorgung und die Unterbringung der betroffenen Menschen? Fragen wie diese stellen sich beispielsweise die Mitglieder der Grünen-Fraktion. Sie formulierten den Antrag, die Kreisverwaltung möge fortan jährlich einen ausführlichen Bericht zum Katastrophenschutz im Rems-Murr-Kreis liefern und und erläutern, wie Landkreis und Kommunen im Katastrophenfall gemeinsam agieren wollen.

„Das Thema Katastrophenschutz genießt in der Landkreisverwaltung einen sehr hohen Stellenwert“, so die Antwort des Landratsamts. Demnach finden regelmäßig Übungen in verschiedenen Bereichen statt, um die Verwaltung bestmöglich für den Ernstfall zu rüsten. Noch im September sei im zuständigen Ausschuss darüber berichtet worden. „Zuletzt fand im November eine halbtägige Übung zu einem Massenanfall mit Verletzten mit allen Rettungsorganisationen, den Rems-Murr-Kliniken, der Polizei und der Feuerwehr in Waiblingen statt“, berichtet die Kreisverwaltung weiter.

Die jüngsten Ereignisse im Ahrtal wurden zum Anlass genommen, um mit den Städten und Gemeinden im Rahmen einer Klausur im September dieses Jahres wichtige Themen rund um den Hochwasser- und Katastrophenschutz abzustimmen. Die Klausur fand unter anderem im neuen Lage- und Einsatzzentrum des Polizeipräsidiums Aalen statt, zu dessen Einzugsbereich der Rems-Murr-Kreis gehört.

In diesem Monat noch wird die Verwaltung eine bereits seit Langem geplante, mehrtägige Übung mit Ausbildern der Akademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung aus Bad Neuenahr/Ahrweiler absolvieren. Dazu heißt es aus dem Kreishaus: „Leider musste diese Übung im Jahr 2020 wegen Corona und im Frühjahr 2021 wegen den Hochwasserereignissen verschoben werden.“ Von dieser umfangreichen Übung verspricht sich die Verwaltung weitere Erkenntnisse, über die im ersten Halbjahr 2022 berichtet werde.

Die CDU-Fraktion plädiert in ihrem Antrag genau für eine solche Übung. „Unsere Blaulichtorganisationen sind im Kreis sehr gut aufgestellt und leisten großartige Arbeit. In Kooperation mit den Blaulichtorganisationen, dem Landratsamt und den Städten und Gemeinden soll eine gemeinsame Katastrophenschutzübung stattfinden, um ein vergleichbares Ereignis wie im Ahrtal (Starkregen/Hochwasser) abzubilden und sich der Abläufe und Aufgaben der unterschiedlichen Ebenen zu vergegenwärtigen“, so der Wortlaut ihres Anliegens.

Innerhalb der Landkreisverwaltung werden regelmäßig Szenarien des Katastrophenschutzes geübt, so die Antwort aus dem Landratsamt. In Fortsetzung der jüngsten Klausur zu dem Thema soll im Herbst 2022 im Sinne des Antrags eine Katastrophenschutzübung als realitätsnahe Segmentübung durchgeführt werden. „Unter Beteiligung von ausgewählten Gemeinden und mehreren Blaulichtorganisationen soll die Zusammenarbeit im Fall eines Starkregen- beziehungsweise Hochwasserereignisses geübt werden“, verkündet die Kreisverwaltung.

Angst vor einem Blackout treibt offenbar die Gruppe Wilhelm/Klinghoffer um. Gemeint ist damit ein Ausfall des Stromnetzes. Fotovoltaik und Windkraft alleine seien nicht in der Lage, dessen Aufrechterhaltung zu 100 Prozent zu bewerkstelligen, so heißt es in deren Antrag. Da 2026 die Abschaltung der Kernkraft- und Kohlekraftwerke in Baden-Württemberg bevorstehe und Alternativen in Form von Wasserkraftwerken oder Biomasseanlagen nicht ausreichen dürften, stünden dann womöglich nur Gaskraftwerke zur Verfügung, um die notwendige sogenannte Grundlast für das Stromnetz zu gewährleisten. Ein CO2-Ausstoß bliebe damit gegeben.

Außerdem müsse Erdgas importiert werden und könne bis dahin knapp werden. Brauchbare Energiespeicher seien vorerst nicht in Sicht, so das düstere Szenario des Antrags. „Daher ist zu erwarten, dass sich ab 2026, vor allem bei Dunkelflauten ausgerechnet in den Wintermonaten, das Risiko von Blackouts und dadurch längerem Stromausfall im Rems-Murr-Kreis massiv erhöht.“

Deshalb bitten Wilhelm/Klinghoffer um Auskunft darüber, welche Maßnahmen zum Schutz vor einem drohenden Blackout und dessen Folgen im Rems-Murr-Kreis geplant sind. „Zudem bitten wir um Auskunft über öffentliche Zufluchtsstätten und Lichtinseln, die den Bürgern im Rems-Murr-Kreis im Falle eines Blackouts zur Verfügung stehen, sowie Auskunft über die Anzahl der zur Verfügung stehenden Notstromaggregate zur Weitergabe an versorgungsrelevante Produzenten wie zum Beispiel Landwirte, Tankstellen.“ Zudem schlägt die Gruppe vor, diese Informationen hernach auch den Bürgern zugänglich zu machen.

Das Thema Stromausfall sei bereits Gegenstand einer Risikoanalyse, so die Antwort der Kreisverwaltung. Seit einigen Monaten schon seien Kreisbrandmeister René Wauro und sein Team von der Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz im Landratsamt mit der Sache befasst, wie Kreischef Richard Sigel im Verwaltungsausschuss mitteilte.

Die Analyse erfolge in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung mit dem Szenario eines lang anhaltenden und flächendeckenden Stromausfalls im Rems-Murr-Kreis. Ziel sei die Sicherstellung oder schnelle Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit in solch einem Fall. „Ein Bericht zu den Ergebnissen der Risikoanalyse ist im ersten Halbjahr 2022 geplant“, so die Kreisverwaltung.

Gruppe Wilhelm/Klinghoffer,
in ihrem Antrag zum Katastrophenschutz „Daher ist zu erwarten, dass sich ab 2026 das Risiko von Blackouts und längerem Stromausfall im Rems-Murr-Kreis massiv erhöht.“

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Erstellt:
10. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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