Giffey: Mehr häusliche Gewalt vor allem in Städten

dpa Berlin. Die Menschen in Deutschland sind angehalten, zuhause zu bleiben. Viele befürchten: Die häusliche Gewalt wird zunehmen. Familienministerin Franziska Giffey sieht vor allem in den Städten ein Problem - was auch erste Zahlen zeigen.

In Berlin gibt es nach Angaben der Bundesfamilienministerin einen Anstieg der Anzeigen wegen häuslicher Gewalt. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

In Berlin gibt es nach Angaben der Bundesfamilienministerin einen Anstieg der Anzeigen wegen häuslicher Gewalt. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht vor allem in den Städten die Gefahr einer Zunahme häuslicher Gewalt im Zuge der Corona-Krise.

„Aus den Ländern bekommen wir unterschiedliche Rückmeldungen. Es gibt offensichtlich ein Stadt-Land-Gefälle“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Aus ländlichen Regionen, wo es mehr Möglichkeiten gebe, raus zu gehen und wo Menschen nicht so sehr auf engem Raum lebten, sei das Konfliktpotenzial nicht so hoch. „Dort hören wir noch nicht von zusätzlichen Fallzahlen“, sagte Giffey. Bereits in der vergangenen Woche habe sie aber aus Berlin die Rückmeldung bekommen, dass die Anzeigen wegen häuslicher Gewalt um zehn Prozent gestiegen seien.

Um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verlangsamen, sind in den meisten Bundesländern seit nunmehr drei Wochen die Schulen und Kitas geschlossen. Zudem gibt es weitreichende Ausgangsbeschränkungen. Wegen der Situation wird mit einer Zunahme häuslicher Gewalt gerechnet.

Beim Hilfetelefon „Nummer gegen Kummer“ gebe es einen Anstieg der Anrufe um mehr als 20 Prozent, sagte die Ministerin „Zeit Online“. „Es rufen sowohl mehr Kinder als auch mehr Eltern an.“ Ein Teil des Zuwachses könne auch dadurch begründet sein, dass man massiv für die Nummer geworben habe. Kinder- und Jugendliche, die Hilfe suchen, können sich an die deutschlandweite kostenfreie Nummer 116 111 wenden. Für Mütter, Väter oder Großeltern gibt es die 0800 111 0550. Die Beraterinnen und Berater verstehen sich als „erster Ansprechpartner“ und vermitteln bei Bedarf Kontakt zu weiteren Hilfsangeboten vor Ort.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Kinderschutzbund warnten vor einer Zunahme unentdeckter Gewalt gegen Kinder angesichts von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. „Problematisch ist, dass persönliche Kontakte zwischen Jugendämtern und Familien derzeit die Ausnahme sind“, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstagausgabe). Auch andere Frühwarnsysteme seien eingeschränkt: „Die Kinder besuchen auch nicht mehr die Kitas, die Schule oder die Sportvereine, Orte, an denen ein möglicher Missbrauch entdeckt werden könnte.“

Nach Landsbergs Ansicht sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter zu den systemrelevanten Berufen zählen und mit Schutzkleidung ausgestattet werden. Dann könnten auch Hausbesuche stattfinden.

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, forderte eine finanzielle Soforthilfe für arme Familien. „Viele Eltern haben eigentlich Anspruch auf kostenlose Mittagsversorgung ihrer Kinder in der Schule und Kita, auch das fällt jetzt weg“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Die Politik solle den betroffenen Eltern deshalb unbürokratisch 90 Euro pro Kind und Monat als Ausgleich zahlen.

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Erstellt:
4. April 2020, 08:48 Uhr

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