GPS kann das Gefühl nicht ersetzen

Jungwinzer Marco Holzwarth wagt sich mit Hightech in die (Teil-)Selbstständigkeit. Der Kleinaspacher Weinbauer betreibt eine von deutschlandweit etwa 40 Rebpflanzmaschinen, die satellitengesteuert ist.

Etwa 8000 Reben kann die Pflanzmaschine pro Tag setzen, das entspricht je nach Abstandsregelung etwa ein bis zwei Hektar Fläche. Fotos: privat

Etwa 8000 Reben kann die Pflanzmaschine pro Tag setzen, das entspricht je nach Abstandsregelung etwa ein bis zwei Hektar Fläche. Fotos: privat

Von Andreas Ziegele

ASPACH. Er ist gerade mal 20 Jahre alt und schon Unternehmer. Seit knapp einem halben Jahr besitzt Marco Holzwarth eine von deutschlandweit rund 40 Rebpflanzmaschinen. Über Aufträge in seiner ersten Pflanzsaison kann sich der Kleinaspacher nicht beklagen und hat seinen Schritt in die Lohndienstleistung nicht bereut.

Langsam bewegt sich der Schlepper den Hang hinab. Hoch oben im Führerhaus und umgeben von viel Technik sitzt Marco Holzwarth. Angebaut an den Traktor ist eine GPS-gesteuerte Pflanzmaschine. Darauf sitzen zwei Pflanzhelfer, die die Maschine mit Pflanzstab und den zirka 30 Zentimeter langen Rebstöcken „füttern“. Diese werden mittels Greifarmen in regelmäßigen Abständen rund 25 Zentimeter tief eingesetzt. Von den Pflanzhelfern ist hier vor allem Geschwindigkeit und Konzentration gefragt. Bei einem Arbeitstag, der nicht selten zwölf bis 13 Stunden dauert, benötigen sie eine gute Kondition.

„Die Idee zur Beschaffung einer solchen Maschine hatten wir schon länger“, erzählt Holzwarth. In die Tat umgesetzt wurde sie im vergangenen Jahr. Eine neue Maschine dieser Art kostet rund 180000 Euro, wie er weiter erzählt. „Wir haben uns dann auf die schwierige Suche nach einer gebrauchten Maschine gemacht.“ Schwierig deshalb, weil es von dieser Maschine, die im pfälzischen Friedelsheim hergestellt wird, bundesweit nur rund 40 Exemplare gibt. Fündig geworden ist der junge Mann im unterfränkischen Würzburg. Nachdem der Wirtschaftsplan erstellt und die Finanzierung gesichert war, wechselte die Rebpflanzmaschine für 90000 Euro den Besitzer.

Doch damit nicht genug. Ebenfalls angeschafft hat Holzwarth einen neuen, technisch besser ausgestatteten Traktor. „Wir haben den zwar sowieso gebraucht, haben uns dann aber für ein leistungsfähigeres Modell entschieden.“ Ohne genau zu sagen, was dieser gekostet hat, deutet er aber an: „So um die 130000 Euro muss man hier schon investieren.“

Die Maschine pflanzt bis zu8000 Rebstöcke am Tag.

Am 31. März dieses Jahres ging es dann los. Werbung war fast keine notwendig, da es sich in der Weinbau-Community schnell herumgesprochen hatte, dass nun in Kleinaspach eine solche Maschine steht. Sicher nicht geschadet hat es dem Jungunternehmer, dass Hermann Hohl, der Präsident des Weinbauverbands Baden-Württemberg, als einer der ersten Kunden die Dienste von Marco Holzwarth gebucht hat. „Ihn hat vor allem beeindruckt, dass ein junger Mensch wie ich diesen Schritt gegangen ist.“ Hinzu kommt, dass Holzwarth auch die Klaviatur der sozialen Medien zu spielen weiß und damit Werbung für sein Lohnunternehmen macht.

Mittlerweile reicht der Aktionsradius für die Pflanzmaschine vom Heilbronner Raum über Stuttgart bis ins Remstal. Das bedarf einer genauen Tourenplanung, um nicht unnötige Fahrzeiten in Kauf zu nehmen. „Ein bis zwei Hektar und damit rund 8000 Stöcke kann ich an einem Tag pflanzen“, rechnet Holzwarth vor. Das sind ungefähr vier Fußballfelder. Zum Vergleich zieht Holzwarth den väterlichen Betrieb heran: „Unsere 30 Ar haben wir mit der Maschine und drei Mitarbeitern in rund drei Stunden bepflanzt. Dazu haben wir in der Vergangenheit sieben bis acht Mitarbeiter eingesetzt, die nur für das Pflanzen drei Tage mit großer körperlicher Belastung gebraucht haben.“ Zumal es schwierig bis unmöglich ist, für diese Tätigkeit überhaupt Personal zu finden.

Die Vorteile des GPS (Global Positioning System) erläutert Holzwarth und man merkt ihm dabei die Technikbegeisterung an: „Das GPS sorgt erstens dafür, dass meine Reihe gerade ist und der Stockabstand exakt 1,20 Meter hat.“ Dabei arbeitet das GPS zusammen mit dem Verschiebrahmen und korrigiert gegebenenfalls die Fehler des Fahrers. „Ein Pflanzfeld ist nie 100 Prozent eben und mein Traktor würde aufgrund der Schräge nach links weichen, dann hätte ich zum Ende immer eine krumme Reihe“, erklärt der 20-Jährige mit großem Sachverstand. Dabei definiert der Kunde, wo der erste Stock gesetzt werden soll, welchen Abstand die Reben zueinander und zur nächsten Reihe haben sollen. Wie wichtig der exakte Abstand ist, erläutert dann Matthias Holzwarth, Vater von Marco und Geschäftsführer des gleichnamigen Weinbaubetriebs: „Es geht hier auch um staatliche Zuschüsse bei der Anlage von Weinbergen. Wenn hier die Abstände nicht genau eingehalten werden und das Regierungspräsidium nachmisst, dann gibt es kein Geld.“ Für Holzwarth hat das auch den Vorteil, dass er exakt kalkulieren kann. Denn seine Bezahlung erfolgt unter anderem auch auf Basis der gesetzten Rebstöcke.

Aber nicht alles kann die Maschine. „Man braucht schon ein Wengerter-Auge, um zu erkennen, wie die Rebstöcke gesetzt werden müssen.“ Als ganz entscheidend bezeichnet Vater Holzwarth auch das, wie er es nennt, „Bodengefühl“. Damit gemeint ist das Gefühl, wie die Maschine aufgrund der Bodenbeschaffenheit zu positionieren ist. Die Saison der Rebpflanzung, die Ende März begonnen hatte, endete Anfang Juni. Aber Marco Holzwarth hat schon neue Ideen, wie er sein Wissen und seine Maschine weiter einsetzen kann. „Ab November werde ich beginnen, die Felder, die im kommenden Jahr bepflanzt werden sollen, zu vermessen“, sagt er. Das geschieht mit einem Smartphone und einer entsprechenden App und gibt den Kunden Planungssicherheit. „Dann weiß mein Kunde exakt, wie viele Stöcke er am Anfang des Jahres bei den Rebveredlern bestellen muss.“

Die Pflanzmaschine bleibt aber weiterhin im Einsatz. Denn sie kann mehr als nur Rebstöcke setzen. Im Oktober beginnt die Pflanzung von Johannisbeeren und anderem Beerenobst. „Und im Februar und März beginne ich mit der Pflanzung von Christbäumen“, erzählt Marco Holzwarth. Auch Obstbäume stehen auf dem Plan des jungen Mannes. Dazu muss zwar die Maschine umgebaut werden, aber auch das traut er sich selbst zu. Die Arbeit und die Ideen gehen Marco Holzwarth auf jeden Fall nicht aus. „Die Maschine hat sich bereits in der ersten Rebpflanzsaison amortisiert“, fasst er nicht ohne Stolz zusammen.

GPS kann das Gefühl nicht ersetzen
Marco Holzwarth

Marco Holzwarth ist 20 Jahre alt. Das Weinbauhandwerk wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt. Im väterlichen Betrieb hatte er schon früh die Möglichkeit, sich mit dem Metier zu beschäftigen. Nach einer dualen Ausbildung zum Winzer bei der Schlosskellerei Affaltrach in Obersulm, die zwei Jahre dauerte, und einem weiteren Jahr beim Staatsweingut Weinsberg und dem parallelen Besuch der Winzerschule arbeitet er heute noch an drei Tagen in der Woche bei der Schlosskellerei.

Eigentlich wollte er im November mit der Meisterausbildung starten. Zu seinem Bedauern ist der Kurs mangels Interessenten aber nicht zustande gekommen. Nun hofft er auf das nächste Jahr.

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Erstellt:
22. Juni 2021, 11:30 Uhr

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