„Grausam und gefühllos“: Prozess um Mord mit Sektflasche
dpa/lsw Mannheim. Aus Sektflaschen können tödliche Waffen werden. Bei einer unbegreiflichen Tat in Mannheim hat ein Mann laut Anklage aus nichtigem Anlass einen Bekannten damit erschlagen.

Der Angeklagte (M) steht im Verhandlungssaal des Landgerichts neben seinem Anwalt Steffen Kling (r) und dem am Tisch sitzenden Übersetzer. Foto: Uwe Anspach/dpa/Aktuell
Er soll den Kopf seines Opfers völlig zertrümmert haben - als „gefühllos“ und „grausam“ beschreibt die Staatsanwaltschaft die mutmaßliche Tat eines 34-Jährigen, der sich seit Donnerstag wegen Mordes vor dem Mannheimer Landgericht verantworten muss. Der geständige wohnsitzlose Iraker soll im Sommer vergangenen Jahres einen Bekannten mit einer Sektflasche erschlagen und ihn dabei bewusst gequält haben. Der Grund: Der Bekannte habe ihn anders als versprochen nicht bei sich übernachten lassen wollen. Zur Tat äußerte sich der Mann vor der Schwurgerichtskammer nur, insoweit er betonte: „Ich bin ein ruhiger Mensch. Bis zur Tat hatte ich nie Probleme mit jemandem.“
Zugleich schilderte er, wie er als Flüchtling über die Türkei nach Deutschland gekommen, hier nach der Trennung von seiner Freundin Alkohol und Drogen verfallen sei und seine Wohnung verlor. In Mannheim war er bei einer Leiharbeitsfirma tätig. Durch massiven Alkoholkonsum habe er gute Freunde verloren.
Was Oberstaatsanwältin Jeannette Zipperer dem Gericht vortrug, ist eine Aneinanderreihung von Brutalitäten: Aus Verärgerung darüber, dass er die Nacht woanders verbringen musste, hat der Angeklagte dem 35-Jährigen in dessen Mannheimer Wohnung die ungeöffnete Sektflasche mit voller Wucht gegen die linke Kopfseite geschlagen und ihn dabei schwer verletzt. Als er die Schwere der Verletzung erkannte, habe er sich entschlossen, den stark blutenden Mann zu töten, um seine Tat zu verdecken und ihn abzustrafen. Nach dem Tod des Deutschen, der an der Universität Heidelberg studierte, soll der Angeklagte Wertgegenstände wie Laptop und Handy mitgenommen haben.
Ermittler kamen dem mutmaßlichen Täter bei der Überprüfung der Kontakte des Opfers auf die Schliche. Sie fanden bei ihm das auffällige Muster des Profils eines Turnschuhs, dessen Abdruck sie zuvor am Tatort aufgenommen hatten. Er wurde im hessischen Homburg (Efze) gestellt.
Die Anklage sieht die Mordmerkmale Grausamkeit und Verdeckungsabsicht in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Dafür droht dem Beschuldigten lebenslange Haft.
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