Grenze
US-Präsident Donald Trump ist ganz versessen auf seine Grenzmauer zu Mexiko. Haushaltsstreit mit den Demokraten hin oder her: „Wir bauen die Mauer so oder so“, sagt Trump über sein Lieblingsprojekt, für das der Kongress 5,7 Milliarden Dollar (fünf Milliarden Euro) lockermachen soll. Grenze. Das Wort erinnert an längst überwunden geglaubte Epochen, die plötzlich mit aller Macht wieder gegenwärtig werden. Grenze stammt vom altslawischen „granica“. Im Zuge der deutschen Kolonisation Osteuropas im Mittelalter wurde es als Lehnwort ins Deutsche übernommen. Grenzen markieren geografische Räume. Sie trennen Staaten, Kulturen, Ethnien und Nachbarn voneinander. Dabei sind sie nichts weiter als symbolische Markierungen, die Menschen ziehen, um sich abzugrenzen. Ein sichtbares Manifest, das ausdrücken soll: bis hierher und nicht weiter.
Der Soziologe Georg Simmel hat es so formuliert: „Die Grenze ist nicht eine räumliche Tatsache mit soziologischen Wirkungen, sondern eine soziologische Tatsache, die sich räumlich formt.“ Wo ein Territorium endet oder beginnt, entscheidet allein der Mensch. Dasselbe gilt für die Regeln des Zusammenlebens. Grenzen sind auch soziale Markierungen, schriftlich verfasst oder als ideelle Regeln geltend – wie unsichtbare Trennmauern zwischen den Individuen. So werden den Rechten des Einzelnen und der Gemeinschaft Grenzen gesetzt. Ohne Unterscheidung zwischen mein und dein, richtig und falsch, erlaubt und verboten gibt es keine freie Entfaltung der Persönlichkeit, keine verfassungsmäßige Ordnung, kein Sittengesetz – jene Güter also, die das Grundgesetz in Artikel 2 für einen funktionierenden Staat voraussetzt.